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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Predigt.
heiligen Engel des Liechts ihre heilige Füsse bedecken/ derowegen durch
diese/ nemlich die frembde/ welche unser eigen-anders nicht werden kan/ sie
werde uns dann zugerechnet.

3. Aus dem Gewissens-Frieden; Eine solche Gerechtfer-
tigkeit muß der Mensch haben für Gott/ aus welcher der Friede im Gewis-
sen mit Gott herquillet/ Rom. 5. da hingegen ein Schuldener sich nichtRom. 5, 1.
zu seinem Glaubiger machen darff/ er fliehet seinen Schuld-Glaubiger zu
Weg und Steg/ gehet eine andere Gassen/ in der Gassen da man schuldig
ist/ stirbt es. Solcher Friede und Gewissens-Ruh kan und vermag keine
habitual-gradual- und endliche Gerechtigkeit zuschaffen: wann der
Schuld-Gläubige sein Recht streng urgirt/ so contentirt er sich nicht
mit zehen gegen tausend/ hier gehet unendlich gegen unendlich: Wer
bezahlen sich und seinen Glaubiger befriedigen will/ der muß nicht
stümplen/ er muß biß auff den letzten Heller bezahlen/ und dem Ge-
setz den allerreinesten/ vollkommensten/ genauesten Gehorsam leisten/
und ob ers gleich also leistet/ so thut er doch erst/ was er für sich selbst
aus obligation der Schöpffung schuldig/ und mag damit ihm selbst nichts
verdienen.

4. Aus Abrahams/ des Vaters aller Glaubigen Exem-Rom. 4, 3.
pel; der Glaube ist ihm zur Gerechtigkeit zugerechnet/ das ist/
die Gerechtigkeit Christi/ die Er in seiner Glaubens-Hand als einen wer-
then Schatz ergriffen und gehalten/ die ist ihm dergestalt zugerechnet wor-
den/ als hätte er dem Gesetz ad speculum, gantz Spiegel-rein eine vollkom-
mene Gnüge gethan.

Dieses ist das Evangelium/ pases apodokhes axion! ist abermal
eine fröliche Bottschafft/ ein theures und werthes Wort mit Freuden an-
zunehmen/ und zwar 1. agnoscendum, zu erkennen und anzusehen
als das fundament, die Grundveste unsers Heils/ ohn dessen Erkänt-
nüß niemand iemal selig worden. Der Heilige Geist ist deßwegen gesendet
und geschencket/ daß er Christum verkläre/ seine Tugenden nicht im fin-
stern verligen/ sondern mit auffgedecktem Angesicht spiegeln lasse/ uns
zu erleuchten von einer Klarheit zur andern; Wahr ist es/ es gibet viel
Schul-Fragen/ die eben nicht iederman zu wissen von nöthen/ es gibt cu-
riosa quomodo?
unnütze/ unglaubige/ überwitzige Wie-Fragen/
Wie soll das zugehen? Aber eine solche ist diese nicht/ hier ist von nö-Ioh. 3, 9.
then/ daß man frage wie? Wie werden wir in Christo gerecht für

Gott?
Sechster Theil. V

Predigt.
heiligen Engel des Liechts ihre heilige Fuͤſſe bedecken/ derowegen durch
dieſe/ nemlich die frembde/ welche unſer eigen-anders nicht werden kan/ ſie
werde uns dann zugerechnet.

3. Aus dem Gewiſſens-Frieden; Eine ſolche Gerechtfer-
tigkeit muß der Menſch haben fuͤr Gott/ aus welcher der Friede im Gewiſ-
ſen mit Gott herquillet/ Rom. 5. da hingegen ein Schuldener ſich nichtRom. 5, 1.
zu ſeinem Glaubiger machen darff/ er fliehet ſeinen Schuld-Glaubiger zu
Weg und Steg/ gehet eine andere Gaſſen/ in der Gaſſen da man ſchuldig
iſt/ ſtirbt es. Solcher Friede und Gewiſſens-Ruh kan und vermag keine
habitual-gradual- und endliche Gerechtigkeit zuſchaffen: wann der
Schuld-Glaͤubige ſein Recht ſtreng urgirt/ ſo contentirt er ſich nicht
mit zehen gegen tauſend/ hier gehet unendlich gegen unendlich: Wer
bezahlen ſich und ſeinen Glaubiger befriedigen will/ der muß nicht
ſtuͤmplen/ er muß biß auff den letzten Heller bezahlen/ und dem Ge-
ſetz den allerreineſten/ vollkommenſten/ genaueſten Gehorſam leiſten/
und ob ers gleich alſo leiſtet/ ſo thut er doch erſt/ was er fuͤr ſich ſelbſt
aus obligation der Schoͤpffung ſchuldig/ und mag damit ihm ſelbſt nichts
verdienen.

4. Aus Abrahams/ des Vaters aller Glaubigen Exem-Rom. 4, 3.
pel; der Glaube iſt ihm zur Gerechtigkeit zugerechnet/ das iſt/
die Gerechtigkeit Chriſti/ die Er in ſeiner Glaubens-Hand als einen wer-
then Schatz ergriffen und gehalten/ die iſt ihm dergeſtalt zugerechnet wor-
den/ als haͤtte er dem Geſetz ad ſpeculum, gantz Spiegel-rein eine vollkom-
mene Gnuͤge gethan.

Dieſes iſt das Evangelium/ πάσης ἀποδοχῆς ἄξιον! iſt abermal
eine froͤliche Bottſchafft/ ein theures und werthes Wort mit Freuden an-
zunehmen/ und zwar 1. agnoſcendum, zu erkennen und anzuſehen
als das fundament, die Grundveſte unſers Heils/ ohn deſſen Erkaͤnt-
nuͤß niemand iemal ſelig worden. Der Heilige Geiſt iſt deßwegen geſendet
und geſchencket/ daß er Chriſtum verklaͤre/ ſeine Tugenden nicht im fin-
ſtern verligen/ ſondern mit auffgedecktem Angeſicht ſpiegeln laſſe/ uns
zu erleuchten von einer Klarheit zur andern; Wahr iſt es/ es gibet viel
Schul-Fragen/ die eben nicht iederman zu wiſſen von noͤthen/ es gibt cu-
rioſa quomodo?
unnuͤtze/ unglaubige/ uͤberwitzige Wie-Fragen/
Wie ſoll das zugehen? Aber eine ſolche iſt dieſe nicht/ hier iſt von noͤ-Ioh. 3, 9.
then/ daß man frage wie? Wie werden wir in Chriſto gerecht fuͤr

Gott?
Sechſter Theil. V
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[153/0185] Predigt. heiligen Engel des Liechts ihre heilige Fuͤſſe bedecken/ derowegen durch dieſe/ nemlich die frembde/ welche unſer eigen-anders nicht werden kan/ ſie werde uns dann zugerechnet. 3. Aus dem Gewiſſens-Frieden; Eine ſolche Gerechtfer- tigkeit muß der Menſch haben fuͤr Gott/ aus welcher der Friede im Gewiſ- ſen mit Gott herquillet/ Rom. 5. da hingegen ein Schuldener ſich nicht zu ſeinem Glaubiger machen darff/ er fliehet ſeinen Schuld-Glaubiger zu Weg und Steg/ gehet eine andere Gaſſen/ in der Gaſſen da man ſchuldig iſt/ ſtirbt es. Solcher Friede und Gewiſſens-Ruh kan und vermag keine habitual-gradual- und endliche Gerechtigkeit zuſchaffen: wann der Schuld-Glaͤubige ſein Recht ſtreng urgirt/ ſo contentirt er ſich nicht mit zehen gegen tauſend/ hier gehet unendlich gegen unendlich: Wer bezahlen ſich und ſeinen Glaubiger befriedigen will/ der muß nicht ſtuͤmplen/ er muß biß auff den letzten Heller bezahlen/ und dem Ge- ſetz den allerreineſten/ vollkommenſten/ genaueſten Gehorſam leiſten/ und ob ers gleich alſo leiſtet/ ſo thut er doch erſt/ was er fuͤr ſich ſelbſt aus obligation der Schoͤpffung ſchuldig/ und mag damit ihm ſelbſt nichts verdienen. Rom. 5, 1. 4. Aus Abrahams/ des Vaters aller Glaubigen Exem- pel; der Glaube iſt ihm zur Gerechtigkeit zugerechnet/ das iſt/ die Gerechtigkeit Chriſti/ die Er in ſeiner Glaubens-Hand als einen wer- then Schatz ergriffen und gehalten/ die iſt ihm dergeſtalt zugerechnet wor- den/ als haͤtte er dem Geſetz ad ſpeculum, gantz Spiegel-rein eine vollkom- mene Gnuͤge gethan. Rom. 4, 3. Dieſes iſt das Evangelium/ πάσης ἀποδοχῆς ἄξιον! iſt abermal eine froͤliche Bottſchafft/ ein theures und werthes Wort mit Freuden an- zunehmen/ und zwar 1. agnoſcendum, zu erkennen und anzuſehen als das fundament, die Grundveſte unſers Heils/ ohn deſſen Erkaͤnt- nuͤß niemand iemal ſelig worden. Der Heilige Geiſt iſt deßwegen geſendet und geſchencket/ daß er Chriſtum verklaͤre/ ſeine Tugenden nicht im fin- ſtern verligen/ ſondern mit auffgedecktem Angeſicht ſpiegeln laſſe/ uns zu erleuchten von einer Klarheit zur andern; Wahr iſt es/ es gibet viel Schul-Fragen/ die eben nicht iederman zu wiſſen von noͤthen/ es gibt cu- rioſa quomodo? unnuͤtze/ unglaubige/ uͤberwitzige Wie-Fragen/ Wie ſoll das zugehen? Aber eine ſolche iſt dieſe nicht/ hier iſt von noͤ- then/ daß man frage wie? Wie werden wir in Chriſto gerecht fuͤr Gott? Ioh. 3, 9. Sechſter Theil. V

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/185>, abgerufen am 25.04.2024.