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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Die Eilffte

Cinna iterum do prius hosti, nunc parricidae, ex hodierno die inter nos
amicitia incipiet, Cinna
hiermit schenck ich dir als meinem Feind und
darzu Käyser-Mörder das Leben zum andern mal/ wiltu meine Gnade
annehmen/ so wollen wir ietzo und von stund an gute Freunde seyn.
Das thut auff gewisse Maß und Weise auch der liebe Gott/ und solchen
Proceß führet er mit einem armen Sünder in seiner Rechtfertigung:
Er vergibt/ lässet sich gutwillig versöhnen und sucht Freundschafft mit
demselben zu machen/ allein zu Ruhm und Ehr seiner grossen unverdien-
ten Gnad und Barmhertzigkeit.

Christus Jesus feyret nicht bey diesem Handel/ Er hält der unend-
lichen Gerechtigkeit für sein gehorsams Leiden/ und sagt würcklich: Dieser
Sünder hat zwar Höll und Tod verwircket/ er solte im Zorn Gottes unter-
gehen/ er solte verzweifeln und verzagen; Aber ich habe für ihn gebüsset/ ich
bin für ihn gestanden/ ich habe gekämpffet mit dem Tode/ daß der blutige
Schweiß mir außgegangen/ darumb missa esto, er soll loß seyn! da kommt
der Heilige Geist/ leget Hand an/ bringet den Löse-Schlüssel/ stellet ihn auff
freyen Fuß/ recht fertiget also den Menschen/ spricht ihn aller Sünden loß/
und sagt thätlich/ ja auch mündlich zu ihm durch das Predig-Ampt: Dir
sind deine Sünde vergeben! wie der Sonnen-Glantz die Wetter/ Wolcken
und Nebel dissipirt/ so ist auch die Sünde hinweg getrieben/ vertilget und
krafftloß gemacht/ und solche Gerechtigkeit versigelt mit den Sacramenten/
das ists/ das wir sagen: Jch glaube eine einige Tauffe zur Ver-
gebung der Sünden/
dabey wir uns aber anietzo nicht länger auffhal-
ten/ dieweil von der Tauffe/ wie auch vom Löse-Schlüssel im vierten und
sechsten Stück soll gehandelt werden.

Gnug ist für dieses mal/ daß wir die thesin verstehen/ das und was
die gratia justifica privativa, die gerechtmachende Straff-hin-
Gen. 3, 7.wegnehmende Gnade/ das ist/ der Ablaß der Sünden seye? nem-
lich nicht medicina palliativa, eine heillose Chur eines Quacksalbers/ der
zwar die Wunde eusserlichen verbindet/ aber die Wurtzel des Schadens
nicht hinweg nimmt: nicht ein Rock damit man den Grind eusserlich
verdecket/ oder ein getünchtes Grab/ wie Becanus, Costerus und andere
von unser Rechtfertigung lästern. Was der Mensch deckt/ das ist Heu-
cheley/ wie Adam und Eva Schürtze macheten von Feigen-Blättern/
ihre Scham und Schande zu bedecken; Was Gott deckt/ das ist und
Becanus tom. 1. p. 365. Costerus p. 228. contra Bellarminus agnoscit me-
dici nam quae vulnus regit & simul curat l. de grat. primi hom. c.
6.

heist
Die Eilffte

Cinna iterum do prius hoſti, nunc parricidæ, ex hodierno die inter nos
amicitia incipiet, Cinna
hiermit ſchenck ich dir als meinem Feind und
darzu Kaͤyſer-Moͤrder das Leben zum andern mal/ wiltu meine Gnade
annehmen/ ſo wollen wir ietzo und von ſtund an gute Freunde ſeyn.
Das thut auff gewiſſe Maß und Weiſe auch der liebe Gott/ und ſolchen
Proceß fuͤhret er mit einem armen Suͤnder in ſeiner Rechtfertigung:
Er vergibt/ laͤſſet ſich gutwillig verſoͤhnen und ſucht Freundſchafft mit
demſelben zu machen/ allein zu Ruhm und Ehr ſeiner groſſen unverdien-
ten Gnad und Barmhertzigkeit.

Chriſtus Jeſus feyret nicht bey dieſem Handel/ Er haͤlt der unend-
lichen Gerechtigkeit fuͤr ſein gehorſams Leiden/ und ſagt wuͤrcklich: Dieſer
Suͤnder hat zwar Hoͤll und Tod verwircket/ er ſolte im Zorn Gottes unter-
gehen/ er ſolte verzweifeln und verzagen; Aber ich habe fuͤr ihn gebuͤſſet/ ich
bin fuͤr ihn geſtanden/ ich habe gekaͤmpffet mit dem Tode/ daß der blutige
Schweiß mir außgegangen/ darumb miſſa eſto, er ſoll loß ſeyn! da kommt
der Heilige Geiſt/ leget Hand an/ bringet den Loͤſe-Schluͤſſel/ ſtellet ihn auff
freyen Fuß/ recht fertiget alſo den Menſchen/ ſpricht ihn aller Suͤnden loß/
und ſagt thaͤtlich/ ja auch muͤndlich zu ihm durch das Predig-Ampt: Dir
ſind deine Suͤnde vergeben! wie der Sonnen-Glantz die Wetter/ Wolcken
und Nebel diſſipirt/ ſo iſt auch die Suͤnde hinweg getrieben/ vertilget und
krafftloß gemacht/ und ſolche Gerechtigkeit verſigelt mit den Sacramenten/
das iſts/ das wir ſagen: Jch glaube eine einige Tauffe zur Ver-
gebung der Suͤnden/
dabey wir uns aber anietzo nicht laͤnger auffhal-
ten/ dieweil von der Tauffe/ wie auch vom Loͤſe-Schluͤſſel im vierten und
ſechſten Stuͤck ſoll gehandelt werden.

Gnug iſt fuͤr dieſes mal/ daß wir die theſin verſtehen/ das und was
die gratia juſtifica privativa, die gerechtmachende Straff-hin-
Gen. 3, 7.wegnehmende Gnade/ das iſt/ der Ablaß der Suͤnden ſeye? nem-
lich nicht medicina palliativa, eine heilloſe Chur eines Quackſalbers/ der
zwar die Wunde euſſerlichen verbindet/ aber die Wurtzel des Schadens
nicht hinweg nimmt: nicht ein Rock damit man den Grind euſſerlich
verdecket/ oder ein getuͤnchtes Grab/ wie Becanus, Coſterus und andere
von unſer Rechtfertigung laͤſtern. Was der Menſch deckt/ das iſt Heu-
cheley/ wie Adam und Eva Schuͤrtze macheten von Feigen-Blaͤttern/
ihre Scham und Schande zu bedecken; Was Gott deckt/ das iſt und
Becanus tom. 1. p. 365. Coſterus p. 228. contra Bellarminus agnoſcit me-
dici nam quæ vulnus regit & ſimul curat l. de grat. primi hom. c.
6.

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[140/0172] Die Eilffte Cinna iterum do prius hoſti, nunc parricidæ, ex hodierno die inter nos amicitia incipiet, Cinna hiermit ſchenck ich dir als meinem Feind und darzu Kaͤyſer-Moͤrder das Leben zum andern mal/ wiltu meine Gnade annehmen/ ſo wollen wir ietzo und von ſtund an gute Freunde ſeyn. Das thut auff gewiſſe Maß und Weiſe auch der liebe Gott/ und ſolchen Proceß fuͤhret er mit einem armen Suͤnder in ſeiner Rechtfertigung: Er vergibt/ laͤſſet ſich gutwillig verſoͤhnen und ſucht Freundſchafft mit demſelben zu machen/ allein zu Ruhm und Ehr ſeiner groſſen unverdien- ten Gnad und Barmhertzigkeit. Chriſtus Jeſus feyret nicht bey dieſem Handel/ Er haͤlt der unend- lichen Gerechtigkeit fuͤr ſein gehorſams Leiden/ und ſagt wuͤrcklich: Dieſer Suͤnder hat zwar Hoͤll und Tod verwircket/ er ſolte im Zorn Gottes unter- gehen/ er ſolte verzweifeln und verzagen; Aber ich habe fuͤr ihn gebuͤſſet/ ich bin fuͤr ihn geſtanden/ ich habe gekaͤmpffet mit dem Tode/ daß der blutige Schweiß mir außgegangen/ darumb miſſa eſto, er ſoll loß ſeyn! da kommt der Heilige Geiſt/ leget Hand an/ bringet den Loͤſe-Schluͤſſel/ ſtellet ihn auff freyen Fuß/ recht fertiget alſo den Menſchen/ ſpricht ihn aller Suͤnden loß/ und ſagt thaͤtlich/ ja auch muͤndlich zu ihm durch das Predig-Ampt: Dir ſind deine Suͤnde vergeben! wie der Sonnen-Glantz die Wetter/ Wolcken und Nebel diſſipirt/ ſo iſt auch die Suͤnde hinweg getrieben/ vertilget und krafftloß gemacht/ und ſolche Gerechtigkeit verſigelt mit den Sacramenten/ das iſts/ das wir ſagen: Jch glaube eine einige Tauffe zur Ver- gebung der Suͤnden/ dabey wir uns aber anietzo nicht laͤnger auffhal- ten/ dieweil von der Tauffe/ wie auch vom Loͤſe-Schluͤſſel im vierten und ſechſten Stuͤck ſoll gehandelt werden. Gnug iſt fuͤr dieſes mal/ daß wir die theſin verſtehen/ das und was die gratia juſtifica privativa, die gerechtmachende Straff-hin- wegnehmende Gnade/ das iſt/ der Ablaß der Suͤnden ſeye? nem- lich nicht medicina palliativa, eine heilloſe Chur eines Quackſalbers/ der zwar die Wunde euſſerlichen verbindet/ aber die Wurtzel des Schadens nicht hinweg nimmt: nicht ein Rock damit man den Grind euſſerlich verdecket/ oder ein getuͤnchtes Grab/ wie Becanus, Coſterus und andere von unſer Rechtfertigung laͤſtern. Was der Menſch deckt/ das iſt Heu- cheley/ wie Adam und Eva Schuͤrtze macheten von Feigen-Blaͤttern/ ihre Scham und Schande zu bedecken; Was Gott deckt/ das iſt und Becanus tom. 1. p. 365. Coſterus p. 228. contra Bellarminus agnoſcit me- dici nam quæ vulnus regit & ſimul curat l. de grat. primi hom. c. 6. heiſt Gen. 3, 7.

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/172>, abgerufen am 19.04.2024.