Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite
So reißest du sie ein. Du hast nur Dir
Gebaut, nur Dir!! Du bist ein kleiner Mensch!
Coriolan.
Schweig', Alter; wärst du jung, du hättest schon
Des kleinen Menschen Kraft an dir erfahren.
Sulpitius.
Wer spricht von Kraft? Ich sprach von Größe!
Wie?
Ist Ein's die rohe Kraft und Menschengröße?
O nein! Denn selbst die Kraft des Herkules,
Die hocherhabne, heilige! -- sie mußte
Sich läutern lassen in der Feuerfluth,
Eh sie zum Göttersitz' hinauf sich schwang!
Coriolan.
Genug, Sulpitius, der weisen Worte!
Du willst: ich soll die Waffen niederlegen,
Zum Dank die guten Volsker nun verlassen,
Und auch vertrieben noch ein Römer seyn. --
Gezogen ist das Schwerdt, und bleibt gezogen!
Ja, flösse Weisheit selbst aus deinem Munde,
Und könnte jedes deiner Worte mir
Mit Donnerhall das Innerste durchschüttern --
Es geht nicht an, es ist und bleibt unmöglich;
Ich gab mein Wort! Wortbrüchig werd' ich nicht!
Sulpitius.
Wer hieß dich denn, das Wort den Volskern geben?
Coriolan.
Ihr hießet's mich!
So reißeſt du ſie ein. Du haſt nur Dir
Gebaut, nur Dir!! Du biſt ein kleiner Menſch!
Coriolan.
Schweig’, Alter; wärſt du jung, du hätteſt ſchon
Des kleinen Menſchen Kraft an dir erfahren.
Sulpitius.
Wer ſpricht von Kraft? Ich ſprach von Größe!
Wie?
Iſt Ein’s die rohe Kraft und Menſchengröße?
O nein! Denn ſelbſt die Kraft des Herkules,
Die hocherhabne, heilige! — ſie mußte
Sich läutern laſſen in der Feuerfluth,
Eh ſie zum Götterſitz’ hinauf ſich ſchwang!
Coriolan.
Genug, Sulpitius, der weiſen Worte!
Du willſt: ich ſoll die Waffen niederlegen,
Zum Dank die guten Volsker nun verlaſſen,
Und auch vertrieben noch ein Römer ſeyn. —
Gezogen iſt das Schwerdt, und bleibt gezogen!
Ja, flöſſe Weisheit ſelbſt aus deinem Munde,
Und könnte jedes deiner Worte mir
Mit Donnerhall das Innerſte durchſchüttern —
Es geht nicht an, es iſt und bleibt unmöglich;
Ich gab mein Wort! Wortbrüchig werd’ ich nicht!
Sulpitius.
Wer hieß dich denn, das Wort den Volskern geben?
Coriolan.
Ihr hießet’s mich!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#SUL">
            <p><pb facs="#f0092" n="84"/>
So reiße&#x017F;t du &#x017F;ie ein. Du ha&#x017F;t nur <hi rendition="#g">Dir</hi><lb/>
Gebaut, nur <hi rendition="#g">Dir</hi>!! Du bi&#x017F;t ein kleiner Men&#x017F;ch!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#COR">
            <speaker><hi rendition="#g">Coriolan</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Schweig&#x2019;, Alter; wär&#x017F;t du jung, du hätte&#x017F;t &#x017F;chon<lb/>
Des kleinen Men&#x017F;chen Kraft an dir erfahren.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SUL">
            <speaker><hi rendition="#g">Sulpitius</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Wer &#x017F;pricht von <hi rendition="#g">Kraft</hi>? Ich &#x017F;prach von <hi rendition="#g">Größe</hi>!<lb/><hi rendition="#c">Wie?</hi><lb/>
I&#x017F;t Ein&#x2019;s die rohe Kraft und Men&#x017F;chengröße?<lb/>
O nein! Denn &#x017F;elb&#x017F;t die Kraft des Herkules,<lb/>
Die hocherhabne, heilige! &#x2014; &#x017F;ie mußte<lb/>
Sich läutern la&#x017F;&#x017F;en in der Feuerfluth,<lb/>
Eh &#x017F;ie zum Götter&#x017F;itz&#x2019; hinauf &#x017F;ich &#x017F;chwang!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#COR">
            <speaker><hi rendition="#g">Coriolan</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Genug, Sulpitius, der wei&#x017F;en Worte!<lb/>
Du will&#x017F;t: ich &#x017F;oll die Waffen niederlegen,<lb/>
Zum Dank die guten Volsker nun verla&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Und auch vertrieben noch ein Römer &#x017F;eyn. &#x2014;<lb/>
Gezogen i&#x017F;t das Schwerdt, und bleibt gezogen!<lb/>
Ja, flö&#x017F;&#x017F;e Weisheit &#x017F;elb&#x017F;t aus deinem Munde,<lb/>
Und könnte jedes deiner Worte mir<lb/>
Mit Donnerhall das Inner&#x017F;te durch&#x017F;chüttern &#x2014;<lb/>
Es geht nicht an, es i&#x017F;t und bleibt unmöglich;<lb/>
Ich gab mein Wort! Wortbrüchig werd&#x2019; ich nicht!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SUL">
            <speaker><hi rendition="#g">Sulpitius</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Wer hieß dich denn, das Wort den Volskern geben?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#COR">
            <speaker><hi rendition="#g">Coriolan</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Ihr hießet&#x2019;s mich!</p>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0092] So reißeſt du ſie ein. Du haſt nur Dir Gebaut, nur Dir!! Du biſt ein kleiner Menſch! Coriolan. Schweig’, Alter; wärſt du jung, du hätteſt ſchon Des kleinen Menſchen Kraft an dir erfahren. Sulpitius. Wer ſpricht von Kraft? Ich ſprach von Größe! Wie? Iſt Ein’s die rohe Kraft und Menſchengröße? O nein! Denn ſelbſt die Kraft des Herkules, Die hocherhabne, heilige! — ſie mußte Sich läutern laſſen in der Feuerfluth, Eh ſie zum Götterſitz’ hinauf ſich ſchwang! Coriolan. Genug, Sulpitius, der weiſen Worte! Du willſt: ich ſoll die Waffen niederlegen, Zum Dank die guten Volsker nun verlaſſen, Und auch vertrieben noch ein Römer ſeyn. — Gezogen iſt das Schwerdt, und bleibt gezogen! Ja, flöſſe Weisheit ſelbſt aus deinem Munde, Und könnte jedes deiner Worte mir Mit Donnerhall das Innerſte durchſchüttern — Es geht nicht an, es iſt und bleibt unmöglich; Ich gab mein Wort! Wortbrüchig werd’ ich nicht! Sulpitius. Wer hieß dich denn, das Wort den Volskern geben? Coriolan. Ihr hießet’s mich!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/92
Zitationshilfe: Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/92>, abgerufen am 20.04.2024.