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Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804.

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Zur Härte seine Strenge wächst, -- sieh, Tochter! --
Vertheid'gen möcht' ich ihn; -- ich kann es nicht.
Volumnia.
Was er von Andern fordert, leget er
Sich doppelt auf; stets gegen sich am strengsten.
Und bleibt er im Entschluß unbeugsam, fest --
Er steht für das, was er als Recht erkennt.
Veturia.
Oft ist es bloß das kalte trockne Wort,
Wenn Leidenschaft den tiefern Grund des Recht's
Vor seinem Aug' in dichte Nebel hüllt.
Er will den heil'gen Bau der Republik,
Aus dem der Ahnherrn Geist sich uns verkündet,
Mit starker Hand den Enkeln noch erhalten;
Und Ehre, Dank gebühret ihm dafür.
Jedoch zum Besten Aller ward der Bau
Vollführt. -- Das hat er nicht bedacht, als er
-- Mich schaudert -- jüngst den schwarzen Vor-
schlag that:
"Es sollte der Senat durch Hungersnoth
"Den starren Sinn des wilden Volks bezähmen."
O damahls wich der Ahnen Geist von ihm;
Da kannt' ich meinen Sohn nicht mehr!
Volumnia.
Es war
Ein schnelles Wort, in Leidenschaft gesprochen.
Vielleicht bereut es schon sein edles Herz;
Zur Härte ſeine Strenge wächſt, — ſieh, Tochter! —
Vertheid’gen möcht’ ich ihn; — ich kann es nicht.
Volumnia.
Was er von Andern fordert, leget er
Sich doppelt auf; ſtets gegen ſich am ſtrengſten.
Und bleibt er im Entſchluß unbeugſam, feſt —
Er ſteht für das, was er als Recht erkennt.
Veturia.
Oft iſt es bloß das kalte trockne Wort,
Wenn Leidenſchaft den tiefern Grund des Recht’s
Vor ſeinem Aug’ in dichte Nebel hüllt.
Er will den heil’gen Bau der Republik,
Aus dem der Ahnherrn Geiſt ſich uns verkündet,
Mit ſtarker Hand den Enkeln noch erhalten;
Und Ehre, Dank gebühret ihm dafür.
Jedoch zum Beſten Aller ward der Bau
Vollführt. — Das hat er nicht bedacht, als er
— Mich ſchaudert — jüngſt den ſchwarzen Vor-
ſchlag that:
»Es ſollte der Senat durch Hungersnoth
»Den ſtarren Sinn des wilden Volks bezähmen.«
O damahls wich der Ahnen Geiſt von ihm;
Da kannt’ ich meinen Sohn nicht mehr!
Volumnia.
Es war
Ein ſchnelles Wort, in Leidenſchaft geſprochen.
Vielleicht bereut es ſchon ſein edles Herz;
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[11/0019] Zur Härte ſeine Strenge wächſt, — ſieh, Tochter! — Vertheid’gen möcht’ ich ihn; — ich kann es nicht. Volumnia. Was er von Andern fordert, leget er Sich doppelt auf; ſtets gegen ſich am ſtrengſten. Und bleibt er im Entſchluß unbeugſam, feſt — Er ſteht für das, was er als Recht erkennt. Veturia. Oft iſt es bloß das kalte trockne Wort, Wenn Leidenſchaft den tiefern Grund des Recht’s Vor ſeinem Aug’ in dichte Nebel hüllt. Er will den heil’gen Bau der Republik, Aus dem der Ahnherrn Geiſt ſich uns verkündet, Mit ſtarker Hand den Enkeln noch erhalten; Und Ehre, Dank gebühret ihm dafür. Jedoch zum Beſten Aller ward der Bau Vollführt. — Das hat er nicht bedacht, als er — Mich ſchaudert — jüngſt den ſchwarzen Vor- ſchlag that: »Es ſollte der Senat durch Hungersnoth »Den ſtarren Sinn des wilden Volks bezähmen.« O damahls wich der Ahnen Geiſt von ihm; Da kannt’ ich meinen Sohn nicht mehr! Volumnia. Es war Ein ſchnelles Wort, in Leidenſchaft geſprochen. Vielleicht bereut es ſchon ſein edles Herz;

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Zitationshilfe: Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/19>, abgerufen am 19.04.2024.