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Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804.

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So haben sie den grausen Bund zerrissen!
Triumph! Nun athm' ich auf! Den Göttern Dank!
Marcus.
Was dankest du den Göttern? Eile, Feldherr,
Wenn du dein Leben liebst.
Coriolan.
Wie, Armer? Liebst
Du noch das Leben! Traue nicht! Bald kömmt
Die düstre Zeit, wo du's verwünschen wirst!
In goldnen Träumen wieget sich der Jüngling! --
Der Schein zerfließt -- die Wirklichkeit ist gräßlich!
O traue nicht!
Marcus.
Sieh, ich umfasse dir
Die Kniee flehend!
Coriolan.
Höre, Marcus, höre!
Was weinest du? Ist es so voll, dein Herz? --
Steh auf, mein Freund! mein guter, edler Marcus!
Unglücklicher! Auch dieses Herz war voll,
Für Römerglück und Römergröße schwoll's!
Es schloß auch selbst die späte Nachwelt ein,
Und glühte mir so heiß, und pochte laut -- --
Da haben sie's mit Grimm zertreten! -- Todt
Ist's nun, und fühlt nicht mehr -- ist todt! -- --
Für euch
Hatt' ich kein Herz; doch meynt' ich's redlich!
Allein, verbannt zu seyn, war stets mein Loos!
So haben ſie den grauſen Bund zerriſſen!
Triumph! Nun athm’ ich auf! Den Göttern Dank!
Marcus.
Was dankeſt du den Göttern? Eile, Feldherr,
Wenn du dein Leben liebſt.
Coriolan.
Wie, Armer? Liebſt
Du noch das Leben! Traue nicht! Bald kömmt
Die düſtre Zeit, wo du’s verwünſchen wirſt!
In goldnen Träumen wieget ſich der Jüngling! —
Der Schein zerfließt — die Wirklichkeit iſt gräßlich!
O traue nicht!
Marcus.
Sieh, ich umfaſſe dir
Die Kniee flehend!
Coriolan.
Höre, Marcus, höre!
Was weineſt du? Iſt es ſo voll, dein Herz? —
Steh auf, mein Freund! mein guter, edler Marcus!
Unglücklicher! Auch dieſes Herz war voll,
Für Römerglück und Römergröße ſchwoll’s!
Es ſchloß auch ſelbſt die ſpäte Nachwelt ein,
Und glühte mir ſo heiß, und pochte laut — —
Da haben ſie’s mit Grimm zertreten! — Todt
Iſt’s nun, und fühlt nicht mehr — iſt todt! — —
Für euch
Hatt’ ich kein Herz; doch meynt’ ich’s redlich!
Allein, verbannt zu ſeyn, war ſtets mein Loos!
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[142/0150] So haben ſie den grauſen Bund zerriſſen! Triumph! Nun athm’ ich auf! Den Göttern Dank! Marcus. Was dankeſt du den Göttern? Eile, Feldherr, Wenn du dein Leben liebſt. Coriolan. Wie, Armer? Liebſt Du noch das Leben! Traue nicht! Bald kömmt Die düſtre Zeit, wo du’s verwünſchen wirſt! In goldnen Träumen wieget ſich der Jüngling! — Der Schein zerfließt — die Wirklichkeit iſt gräßlich! O traue nicht! Marcus. Sieh, ich umfaſſe dir Die Kniee flehend! Coriolan. Höre, Marcus, höre! Was weineſt du? Iſt es ſo voll, dein Herz? — Steh auf, mein Freund! mein guter, edler Marcus! Unglücklicher! Auch dieſes Herz war voll, Für Römerglück und Römergröße ſchwoll’s! Es ſchloß auch ſelbſt die ſpäte Nachwelt ein, Und glühte mir ſo heiß, und pochte laut — — Da haben ſie’s mit Grimm zertreten! — Todt Iſt’s nun, und fühlt nicht mehr — iſt todt! — — Für euch Hatt’ ich kein Herz; doch meynt’ ich’s redlich! Allein, verbannt zu ſeyn, war ſtets mein Loos!

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Zitationshilfe: Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/150>, abgerufen am 19.04.2024.