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Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804.

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Lucumo.
O herrlich war's, zu sehn!
Dort stand er auf dem Tribunal, und hob
Die Brust -- recht schwer -- wohl drei Mal, eh'
er sprach,
Und seine Lippen zuckten fieberhaft.
Nicht vor- nicht rückwärts sah er -- nein, sein Auge,
Das sonst so frech hinausschaut in die Welt,
Das maß den Raum von diesen wen'gen Stufen,
Und als er mühsam endlich doch das Wort
Dem heisern Schlund entwürgte, bey'm Mercur!
Der Mann, der sonst so wie ein Löwe brüllt,
Der lispelte so leise, wie ein Knabe!
Volturio.
Was sprach er, was?
Lucumo.
Gesprochen hat er nichts,
Gemurmelt nur. Es sey mit Rom nun Stillstand!
Wir zögen uns zurück. Und dann vom Wohl
Der Volsker und vom süßen Frieden Manches!
Dann auch von seinem Wort, und seinem Dank!
Woran er damals dachte, weiß ich nicht.
Da saßen dann die Feldherrnbilder alle
Blutroth vor Scham, daß sie betrogen sind.
Ich hab's vorausgesagt -- mir glaubte Niemand!
Als er mit stolzem Trotz sich weigerte,
Das Bündniß zu beschwören, wußt' ich schon,
Er sinne nur Verrath. O der Verblendung!
Es lag so deutlich da! Mir glaubte Niemand!
Lucumo.
O herrlich war’s, zu ſehn!
Dort ſtand er auf dem Tribunal, und hob
Die Bruſt — recht ſchwer — wohl drei Mal, eh’
er ſprach,
Und ſeine Lippen zuckten fieberhaft.
Nicht vor- nicht rückwärts ſah er — nein, ſein Auge,
Das ſonſt ſo frech hinausſchaut in die Welt,
Das maß den Raum von dieſen wen’gen Stufen,
Und als er mühſam endlich doch das Wort
Dem heiſern Schlund entwürgte, bey’m Mercur!
Der Mann, der ſonſt ſo wie ein Löwe brüllt,
Der lispelte ſo leiſe, wie ein Knabe!
Volturio.
Was ſprach er, was?
Lucumo.
Geſprochen hat er nichts,
Gemurmelt nur. Es ſey mit Rom nun Stillſtand!
Wir zögen uns zurück. Und dann vom Wohl
Der Volsker und vom ſüßen Frieden Manches!
Dann auch von ſeinem Wort, und ſeinem Dank!
Woran er damals dachte, weiß ich nicht.
Da ſaßen dann die Feldherrnbilder alle
Blutroth vor Scham, daß ſie betrogen ſind.
Ich hab’s vorausgeſagt — mir glaubte Niemand!
Als er mit ſtolzem Trotz ſich weigerte,
Das Bündniß zu beſchwören, wußt’ ich ſchon,
Er ſinne nur Verrath. O der Verblendung!
Es lag ſo deutlich da! Mir glaubte Niemand!
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[124/0132] Lucumo. O herrlich war’s, zu ſehn! Dort ſtand er auf dem Tribunal, und hob Die Bruſt — recht ſchwer — wohl drei Mal, eh’ er ſprach, Und ſeine Lippen zuckten fieberhaft. Nicht vor- nicht rückwärts ſah er — nein, ſein Auge, Das ſonſt ſo frech hinausſchaut in die Welt, Das maß den Raum von dieſen wen’gen Stufen, Und als er mühſam endlich doch das Wort Dem heiſern Schlund entwürgte, bey’m Mercur! Der Mann, der ſonſt ſo wie ein Löwe brüllt, Der lispelte ſo leiſe, wie ein Knabe! Volturio. Was ſprach er, was? Lucumo. Geſprochen hat er nichts, Gemurmelt nur. Es ſey mit Rom nun Stillſtand! Wir zögen uns zurück. Und dann vom Wohl Der Volsker und vom ſüßen Frieden Manches! Dann auch von ſeinem Wort, und ſeinem Dank! Woran er damals dachte, weiß ich nicht. Da ſaßen dann die Feldherrnbilder alle Blutroth vor Scham, daß ſie betrogen ſind. Ich hab’s vorausgeſagt — mir glaubte Niemand! Als er mit ſtolzem Trotz ſich weigerte, Das Bündniß zu beſchwören, wußt’ ich ſchon, Er ſinne nur Verrath. O der Verblendung! Es lag ſo deutlich da! Mir glaubte Niemand!

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Zitationshilfe: Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/collin_coriolan_1804/132>, abgerufen am 19.04.2024.