Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

p2c_495.001
reinen Gegensatz mit der physischen sterblichen Welt, als p2c_495.002
selbst gesetzlich, des Anschauns, der absoluten Gesetzlichkeit p2c_495.003
Gottes gewürdigt und theilhaftig der göttlichen p2c_495.004
Natur.
(2. Epist. Petri Kap. 1. V. 4.) - 2) Diese p2c_495.005
ideale Weltgeschichte muß ferner die Entwicklung aller p2c_495.006
Wahrheiten der rationalen Psychologie in der Zeit, symbolisch p2c_495.007
unter heiligen Mysterien zeigen. Ob sie gleich p2c_495.008
über das sinnliche reale hypothetische Wissen der Erscheinungswelt p2c_495.009
hinausgeht, und nicht vor dessen Richterstuhl gezogen p2c_495.010
werden kann, so können die Wahrheiten, welche sie p2c_495.011
vorträgt, doch nicht von den Wahrheiten der rationalen p2c_495.012
Psychologie verschieden seyn, da die rationale Psychologie, p2c_495.013
wie oben bewiesen worden, auf dem religiösen p2c_495.014
Gewissen beruht, und ganz allein aus ihm herzuleiten ist. p2c_495.015
Gerade die rationale Psychologie ist es, die eine solche Offenbarung p2c_495.016
im engern Sinne postulirt, damit sie ihre Wahrheiten p2c_495.017
in der Erscheinungswelt a posteriori wiederfinde. p2c_495.018
Sie kann zwar die Erfahrungen der empirischen Seelenkunde p2c_495.019
mit dem Verstande nach ihren Grundsätzen ordnen. Allein p2c_495.020
diese Anwendung bleibt immer Hypothese. Sie bedarf also p2c_495.021
des religiösen Glaubens, als verbindendes Mittelglied p2c_495.022
zwischen ihrem absoluten Wissen und den Erfahrungen des p2c_495.023
innern Sinnes. Dieser religiöse Glaube kann nicht anders p2c_495.024
erlangt werden, als wenn die ganze Erscheinungswelt p2c_495.025
mittelst göttlicher Begeisterung zum Symbol der absoluten p2c_495.026
psychologischen Wahrheit wird. Die höchste Wahrheit der rationalen p2c_495.027
Psychologie ist die gesetzliche Freyheit, der Wille Gottes. p2c_495.028
Dieser kann nie ganz als Objekt erscheinen in der empirischen

p2c_495.001
reinen Gegensatz mit der physischen sterblichen Welt, als p2c_495.002
selbst gesetzlich, des Anschauns, der absoluten Gesetzlichkeit p2c_495.003
Gottes gewürdigt und theilhaftig der göttlichen p2c_495.004
Natur.
(2. Epist. Petri Kap. 1. V. 4.) ─ 2) Diese p2c_495.005
ideale Weltgeschichte muß ferner die Entwicklung aller p2c_495.006
Wahrheiten der rationalen Psychologie in der Zeit, symbolisch p2c_495.007
unter heiligen Mysterien zeigen. Ob sie gleich p2c_495.008
über das sinnliche reale hypothetische Wissen der Erscheinungswelt p2c_495.009
hinausgeht, und nicht vor dessen Richterstuhl gezogen p2c_495.010
werden kann, so können die Wahrheiten, welche sie p2c_495.011
vorträgt, doch nicht von den Wahrheiten der rationalen p2c_495.012
Psychologie verschieden seyn, da die rationale Psychologie, p2c_495.013
wie oben bewiesen worden, auf dem religiösen p2c_495.014
Gewissen beruht, und ganz allein aus ihm herzuleiten ist. p2c_495.015
Gerade die rationale Psychologie ist es, die eine solche Offenbarung p2c_495.016
im engern Sinne postulirt, damit sie ihre Wahrheiten p2c_495.017
in der Erscheinungswelt a posteriori wiederfinde. p2c_495.018
Sie kann zwar die Erfahrungen der empirischen Seelenkunde p2c_495.019
mit dem Verstande nach ihren Grundsätzen ordnen. Allein p2c_495.020
diese Anwendung bleibt immer Hypothese. Sie bedarf also p2c_495.021
des religiösen Glaubens, als verbindendes Mittelglied p2c_495.022
zwischen ihrem absoluten Wissen und den Erfahrungen des p2c_495.023
innern Sinnes. Dieser religiöse Glaube kann nicht anders p2c_495.024
erlangt werden, als wenn die ganze Erscheinungswelt p2c_495.025
mittelst göttlicher Begeisterung zum Symbol der absoluten p2c_495.026
psychologischen Wahrheit wird. Die höchste Wahrheit der rationalen p2c_495.027
Psychologie ist die gesetzliche Freyheit, der Wille Gottes. p2c_495.028
Dieser kann nie ganz als Objekt erscheinen in der empirischen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0019" n="495"/><lb n="p2c_495.001"/>
reinen Gegensatz mit der physischen sterblichen Welt, als <lb n="p2c_495.002"/>
selbst gesetzlich, des Anschauns, der absoluten Gesetzlichkeit <lb n="p2c_495.003"/>
Gottes gewürdigt und <hi rendition="#g">theilhaftig der göttlichen <lb n="p2c_495.004"/>
Natur.</hi> (2. Epist. Petri Kap. 1. V. 4.) &#x2500; 2) Diese <lb n="p2c_495.005"/> <hi rendition="#g">ideale</hi> Weltgeschichte muß ferner die Entwicklung aller <lb n="p2c_495.006"/>
Wahrheiten der rationalen Psychologie in der Zeit, <hi rendition="#g">symbolisch</hi> <lb n="p2c_495.007"/>
unter heiligen Mysterien zeigen. Ob sie gleich <lb n="p2c_495.008"/>
über das sinnliche <hi rendition="#g">reale</hi> hypothetische Wissen der Erscheinungswelt <lb n="p2c_495.009"/>
hinausgeht, und nicht vor dessen Richterstuhl gezogen <lb n="p2c_495.010"/>
werden kann, so können die Wahrheiten, welche sie <lb n="p2c_495.011"/>
vorträgt, doch nicht von den Wahrheiten der <hi rendition="#g">rationalen</hi> <lb n="p2c_495.012"/>
Psychologie verschieden seyn, da die <hi rendition="#g">rationale</hi> Psychologie, <lb n="p2c_495.013"/>
wie oben bewiesen worden, auf dem <hi rendition="#g">religiösen</hi> <lb n="p2c_495.014"/>
Gewissen beruht, und ganz allein aus ihm herzuleiten ist. <lb n="p2c_495.015"/>
Gerade die <hi rendition="#g">rationale</hi> Psychologie ist es, die eine solche Offenbarung <lb n="p2c_495.016"/>
im engern Sinne postulirt, damit sie ihre Wahrheiten <lb n="p2c_495.017"/>
in der Erscheinungswelt <hi rendition="#aq">a posteriori</hi> wiederfinde. <lb n="p2c_495.018"/>
Sie kann zwar die Erfahrungen der empirischen Seelenkunde <lb n="p2c_495.019"/>
mit dem Verstande nach ihren Grundsätzen ordnen. Allein <lb n="p2c_495.020"/>
diese Anwendung bleibt immer Hypothese. Sie bedarf also <lb n="p2c_495.021"/>
des <hi rendition="#g">religiösen</hi> Glaubens, als verbindendes Mittelglied <lb n="p2c_495.022"/>
zwischen ihrem absoluten Wissen und den Erfahrungen des <lb n="p2c_495.023"/>
innern Sinnes. Dieser <hi rendition="#g">religiöse</hi> Glaube kann nicht anders <lb n="p2c_495.024"/>
erlangt werden, als wenn die ganze Erscheinungswelt <lb n="p2c_495.025"/>
mittelst göttlicher Begeisterung zum <hi rendition="#g">Symbol</hi> der absoluten <lb n="p2c_495.026"/>
psychologischen Wahrheit wird. Die höchste Wahrheit der rationalen <lb n="p2c_495.027"/>
Psychologie ist die gesetzliche Freyheit, der Wille Gottes.     <lb n="p2c_495.028"/>
Dieser kann nie ganz als Objekt erscheinen in der empirischen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[495/0019] p2c_495.001 reinen Gegensatz mit der physischen sterblichen Welt, als p2c_495.002 selbst gesetzlich, des Anschauns, der absoluten Gesetzlichkeit p2c_495.003 Gottes gewürdigt und theilhaftig der göttlichen p2c_495.004 Natur. (2. Epist. Petri Kap. 1. V. 4.) ─ 2) Diese p2c_495.005 ideale Weltgeschichte muß ferner die Entwicklung aller p2c_495.006 Wahrheiten der rationalen Psychologie in der Zeit, symbolisch p2c_495.007 unter heiligen Mysterien zeigen. Ob sie gleich p2c_495.008 über das sinnliche reale hypothetische Wissen der Erscheinungswelt p2c_495.009 hinausgeht, und nicht vor dessen Richterstuhl gezogen p2c_495.010 werden kann, so können die Wahrheiten, welche sie p2c_495.011 vorträgt, doch nicht von den Wahrheiten der rationalen p2c_495.012 Psychologie verschieden seyn, da die rationale Psychologie, p2c_495.013 wie oben bewiesen worden, auf dem religiösen p2c_495.014 Gewissen beruht, und ganz allein aus ihm herzuleiten ist. p2c_495.015 Gerade die rationale Psychologie ist es, die eine solche Offenbarung p2c_495.016 im engern Sinne postulirt, damit sie ihre Wahrheiten p2c_495.017 in der Erscheinungswelt a posteriori wiederfinde. p2c_495.018 Sie kann zwar die Erfahrungen der empirischen Seelenkunde p2c_495.019 mit dem Verstande nach ihren Grundsätzen ordnen. Allein p2c_495.020 diese Anwendung bleibt immer Hypothese. Sie bedarf also p2c_495.021 des religiösen Glaubens, als verbindendes Mittelglied p2c_495.022 zwischen ihrem absoluten Wissen und den Erfahrungen des p2c_495.023 innern Sinnes. Dieser religiöse Glaube kann nicht anders p2c_495.024 erlangt werden, als wenn die ganze Erscheinungswelt p2c_495.025 mittelst göttlicher Begeisterung zum Symbol der absoluten p2c_495.026 psychologischen Wahrheit wird. Die höchste Wahrheit der rationalen p2c_495.027 Psychologie ist die gesetzliche Freyheit, der Wille Gottes. p2c_495.028 Dieser kann nie ganz als Objekt erscheinen in der empirischen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/19
Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/19>, abgerufen am 16.04.2024.