ihren Weg in entgegengesetzter Richtung fortsetzen. Nur die letzten begegnen sich wie wahre Gegensätze, können nicht an einander vorbei, schließen also einander aus. Dies allein schon zeigt wie unendlich verschieden die Wirkungen des Sieges sein können, je nachdem sie den Gegner be- täuben oder zu größerer Kraftanstrengung drängen.
Wir wollen jeden der einzelnen Punkte mit ein Paar Bemerkungen zu charakterisiren versuchen.
1. Der Verlust der feindlichen Streitkraft nach einer Niederlage kann im ersten Augenblick am stärksten sein und dann täglich geringer werden, bis er auf einen Punkt kommt wo er mit dem unsrigen ins Gleichgewicht tritt, er kann aber auch mit jedem Tage in steigender Progression wachsen. Die Verschiedenheit der Lagen und Verhältnisse entscheidet. Allgemein kann man bloß sagen daß bei einem guten Heere das Erstere, bei einem schlech- ten das Andere gewöhnlicher sein wird; nächst dem Geist des Heeres ist der Geist der Regierung das Wichtigste dabei. Es ist im Kriege sehr wichtig beide Fälle zu un- terscheiden, um nicht aufzuhören wo man erst recht anfan- gen sollte und umgekehrt.
2. Eben so kann der Verlust des Feindes in todten Streitkräften ab- oder zunehmen, und dies hängt von der zufälligen Lage und Beschaffenheit seiner Vorrathsörter ab. Dieser Gegenstand kann sich übrigens seiner Wich- tigkeit nach heutiges Tages nicht mehr mit den andern messen.
3. Der dritte Vortheil muß nothwendig mit dem Vor- schreiten im Steigen bleiben, ja man kann sagen daß er über- haupt erst in Betrachtung kommt wenn man schon tief in den feindlichen Staat vorgedrungen ist, d. h. ein Viertel bis
ihren Weg in entgegengeſetzter Richtung fortſetzen. Nur die letzten begegnen ſich wie wahre Gegenſaͤtze, koͤnnen nicht an einander vorbei, ſchließen alſo einander aus. Dies allein ſchon zeigt wie unendlich verſchieden die Wirkungen des Sieges ſein koͤnnen, je nachdem ſie den Gegner be- taͤuben oder zu groͤßerer Kraftanſtrengung draͤngen.
Wir wollen jeden der einzelnen Punkte mit ein Paar Bemerkungen zu charakteriſiren verſuchen.
1. Der Verluſt der feindlichen Streitkraft nach einer Niederlage kann im erſten Augenblick am ſtaͤrkſten ſein und dann taͤglich geringer werden, bis er auf einen Punkt kommt wo er mit dem unſrigen ins Gleichgewicht tritt, er kann aber auch mit jedem Tage in ſteigender Progreſſion wachſen. Die Verſchiedenheit der Lagen und Verhaͤltniſſe entſcheidet. Allgemein kann man bloß ſagen daß bei einem guten Heere das Erſtere, bei einem ſchlech- ten das Andere gewoͤhnlicher ſein wird; naͤchſt dem Geiſt des Heeres iſt der Geiſt der Regierung das Wichtigſte dabei. Es iſt im Kriege ſehr wichtig beide Faͤlle zu un- terſcheiden, um nicht aufzuhoͤren wo man erſt recht anfan- gen ſollte und umgekehrt.
2. Eben ſo kann der Verluſt des Feindes in todten Streitkraͤften ab- oder zunehmen, und dies haͤngt von der zufaͤlligen Lage und Beſchaffenheit ſeiner Vorrathsoͤrter ab. Dieſer Gegenſtand kann ſich uͤbrigens ſeiner Wich- tigkeit nach heutiges Tages nicht mehr mit den andern meſſen.
3. Der dritte Vortheil muß nothwendig mit dem Vor- ſchreiten im Steigen bleiben, ja man kann ſagen daß er uͤber- haupt erſt in Betrachtung kommt wenn man ſchon tief in den feindlichen Staat vorgedrungen iſt, d. h. ein Viertel bis
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ihren Weg in entgegengeſetzter Richtung fortſetzen. Nur
die letzten begegnen ſich wie wahre Gegenſaͤtze, koͤnnen nicht
an einander vorbei, ſchließen alſo einander aus. Dies
allein ſchon zeigt wie unendlich verſchieden die Wirkungen
des Sieges ſein koͤnnen, je nachdem ſie den Gegner be-
taͤuben oder zu groͤßerer Kraftanſtrengung draͤngen.
Wir wollen jeden der einzelnen Punkte mit ein Paar
Bemerkungen zu charakteriſiren verſuchen.
1. Der Verluſt der feindlichen Streitkraft nach
einer Niederlage kann im erſten Augenblick am ſtaͤrkſten
ſein und dann taͤglich geringer werden, bis er auf einen
Punkt kommt wo er mit dem unſrigen ins Gleichgewicht
tritt, er kann aber auch mit jedem Tage in ſteigender
Progreſſion wachſen. Die Verſchiedenheit der Lagen und
Verhaͤltniſſe entſcheidet. Allgemein kann man bloß ſagen
daß bei einem guten Heere das Erſtere, bei einem ſchlech-
ten das Andere gewoͤhnlicher ſein wird; naͤchſt dem Geiſt
des Heeres iſt der Geiſt der Regierung das Wichtigſte
dabei. Es iſt im Kriege ſehr wichtig beide Faͤlle zu un-
terſcheiden, um nicht aufzuhoͤren wo man erſt recht anfan-
gen ſollte und umgekehrt.
2. Eben ſo kann der Verluſt des Feindes in todten
Streitkraͤften ab- oder zunehmen, und dies haͤngt von der
zufaͤlligen Lage und Beſchaffenheit ſeiner Vorrathsoͤrter
ab. Dieſer Gegenſtand kann ſich uͤbrigens ſeiner Wich-
tigkeit nach heutiges Tages nicht mehr mit den andern
meſſen.
3. Der dritte Vortheil muß nothwendig mit dem Vor-
ſchreiten im Steigen bleiben, ja man kann ſagen daß er uͤber-
haupt erſt in Betrachtung kommt wenn man ſchon tief in den
feindlichen Staat vorgedrungen iſt, d. h. ein Viertel bis
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/88>, abgerufen am 19.04.2024.
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