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[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.

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7.
Sein Wort sey deiner Augen Zweck;
Geh immer den geraden Weg/
Und scheint das Glück dir nicht gewogen/
So ist der beste Rath: schweig still/
Denn wer nicht willig folgen wil/
Wird mit den Haaren fortgezogen.
8.
Noch keiner hat durch Menschen-Gunst/
Vielweniger durch eigne Kunst/
Ihm einen Wohlstand aufgebauet/
GOtt hat die Hand in jedem Spiel/
Bald giebt Er wenig und bald viel/
Doch dem genug/ der Ihm vertrauet.
9.
Wer sich gewehnt auff GOtt zu sehn/
Und wo die Welt ihr Wohlergehn
Drauff setzt/ als eitel zu betrachten/
Der ist an dem Gemüthe reich/
Sein Vorrath Crösus Schätzen gleich/
Er aber höher noch zu achten.
10.
O Mensch du bist ein fremder Gast/
Und weil du hier nichts eignes hast/
So must du auf den Himmel dencken.
Drum laß dich nicht in etwas ein/
Das dir verhinderlich mag seyn/
Und auch wol deinen Nechsten kräncken.
11.
Zwar weiß dein
wildes
schwaches
Fleisch und Blut

Nicht was der Zwang ihm gutes thut/
Doch must du dich entgegen setzen.
Und wenn dich böse Lust anficht/
So sprich: O GOtt hilf daß ich nicht
Mir mein Gewissen mag verletzen.
12. Ge-
A 5
7.
Sein Wort ſey deiner Augen Zweck;
Geh immer den geraden Weg/
Und ſcheint das Gluͤck dir nicht gewogen/
So iſt der beſte Rath: ſchweig ſtill/
Denn wer nicht willig folgen wil/
Wird mit den Haaren fortgezogen.
8.
Noch keiner hat durch Menſchen-Gunſt/
Vielweniger durch eigne Kunſt/
Ihm einen Wohlſtand aufgebauet/
GOtt hat die Hand in jedem Spiel/
Bald giebt Er wenig und bald viel/
Doch dem genug/ der Ihm vertrauet.
9.
Wer ſich gewehnt auff GOtt zu ſehn/
Und wo die Welt ihr Wohlergehn
Drauff ſetzt/ als eitel zu betrachten/
Der iſt an dem Gemuͤthe reich/
Sein Vorrath Croͤſus Schaͤtzen gleich/
Er aber hoͤher noch zu achten.
10.
O Menſch du biſt ein fremder Gaſt/
Und weil du hier nichts eignes haſt/
So muſt du auf den Himmel dencken.
Drum laß dich nicht in etwas ein/
Das dir verhinderlich mag ſeyn/
Und auch wol deinen Nechſten kraͤncken.
11.
Zwar weiß dein
wildes
ſchwaches
Fleiſch und Blut

Nicht was der Zwang ihm gutes thut/
Doch muſt du dich entgegen ſetzen.
Und wenn dich boͤſe Luſt anficht/
So ſprich: O GOtt hilf daß ich nicht
Mir mein Gewiſſen mag verletzen.
12. Ge-
A 5
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[9/0022] 7. Sein Wort ſey deiner Augen Zweck; Geh immer den geraden Weg/ Und ſcheint das Gluͤck dir nicht gewogen/ So iſt der beſte Rath: ſchweig ſtill/ Denn wer nicht willig folgen wil/ Wird mit den Haaren fortgezogen. 8. Noch keiner hat durch Menſchen-Gunſt/ Vielweniger durch eigne Kunſt/ Ihm einen Wohlſtand aufgebauet/ GOtt hat die Hand in jedem Spiel/ Bald giebt Er wenig und bald viel/ Doch dem genug/ der Ihm vertrauet. 9. Wer ſich gewehnt auff GOtt zu ſehn/ Und wo die Welt ihr Wohlergehn Drauff ſetzt/ als eitel zu betrachten/ Der iſt an dem Gemuͤthe reich/ Sein Vorrath Croͤſus Schaͤtzen gleich/ Er aber hoͤher noch zu achten. 10. O Menſch du biſt ein fremder Gaſt/ Und weil du hier nichts eignes haſt/ So muſt du auf den Himmel dencken. Drum laß dich nicht in etwas ein/ Das dir verhinderlich mag ſeyn/ Und auch wol deinen Nechſten kraͤncken. 11. Zwar weiß dein wildes ſchwaches Fleiſch und Blut Nicht was der Zwang ihm gutes thut/ Doch muſt du dich entgegen ſetzen. Und wenn dich boͤſe Luſt anficht/ So ſprich: O GOtt hilf daß ich nicht Mir mein Gewiſſen mag verletzen. 12. Ge- A 5

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Zitationshilfe: [Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700/22>, abgerufen am 23.04.2024.