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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

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Karakteren der gute Theil blos macht, daß man
den Bösen verzeiht, aber nicht billigt.)

(Ich wil hoffen und glauben, daß du keine
Laster an dir haben wirst. Soltest du aber zum
Unglükke einige an dir haben, so bitte ich dich
wenigstens, mit den deinigen zufrieden zu sein,
und nicht noch andrer Leute ihre dazu anzunehmen.
Ich bin überzeugt, die Annehmung fremder Laster
hat zehnmahl mehr junge Leute ins Verderben
gestürzt, als natürliche Neigungen.)

(Da ich kein Bedenken trage, meine begangnen
Fehler zu bekennen, wenn ich denke, daß dieses
Bekentniß dir Nuzen bringen kan; so wil ich
gestehen, daß ich bei meiner ersten Beziehung der
hohen Schule trank und rauchte, ungeachtet ich
eine Abneigung vor Wein und Tabak hatte, blos
weil ich glaubte, das ließe vornehm, und würde
machen, daß ich wie ein Mann aussähe.)

(Als ich auf Reisen ging, kam ich zuerst nach
dem Haag, wo das Spiel stark Mode war, und
wo ich viele Leute von großem Range und Ansehn
spielen sah. Ich war damahls jung und einfältig
genug, zu glauben, das Spielen wäre eine ihrer

Volkom-

Karakteren der gute Theil blos macht, daß man
den Boͤſen verzeiht, aber nicht billigt.)

(Ich wil hoffen und glauben, daß du keine
Laſter an dir haben wirſt. Solteſt du aber zum
Ungluͤkke einige an dir haben, ſo bitte ich dich
wenigſtens, mit den deinigen zufrieden zu ſein,
und nicht noch andrer Leute ihre dazu anzunehmen.
Ich bin uͤberzeugt, die Annehmung fremder Laſter
hat zehnmahl mehr junge Leute ins Verderben
geſtuͤrzt, als natuͤrliche Neigungen.)

(Da ich kein Bedenken trage, meine begangnen
Fehler zu bekennen, wenn ich denke, daß dieſes
Bekentniß dir Nuzen bringen kan; ſo wil ich
geſtehen, daß ich bei meiner erſten Beziehung der
hohen Schule trank und rauchte, ungeachtet ich
eine Abneigung vor Wein und Tabak hatte, blos
weil ich glaubte, das ließe vornehm, und wuͤrde
machen, daß ich wie ein Mann ausſaͤhe.)

(Als ich auf Reiſen ging, kam ich zuerſt nach
dem Haag, wo das Spiel ſtark Mode war, und
wo ich viele Leute von großem Range und Anſehn
ſpielen ſah. Ich war damahls jung und einfaͤltig
genug, zu glauben, das Spielen waͤre eine ihrer

Volkom-
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[34/0040] Karakteren der gute Theil blos macht, daß man den Boͤſen verzeiht, aber nicht billigt.) (Ich wil hoffen und glauben, daß du keine Laſter an dir haben wirſt. Solteſt du aber zum Ungluͤkke einige an dir haben, ſo bitte ich dich wenigſtens, mit den deinigen zufrieden zu ſein, und nicht noch andrer Leute ihre dazu anzunehmen. Ich bin uͤberzeugt, die Annehmung fremder Laſter hat zehnmahl mehr junge Leute ins Verderben geſtuͤrzt, als natuͤrliche Neigungen.) (Da ich kein Bedenken trage, meine begangnen Fehler zu bekennen, wenn ich denke, daß dieſes Bekentniß dir Nuzen bringen kan; ſo wil ich geſtehen, daß ich bei meiner erſten Beziehung der hohen Schule trank und rauchte, ungeachtet ich eine Abneigung vor Wein und Tabak hatte, blos weil ich glaubte, das ließe vornehm, und wuͤrde machen, daß ich wie ein Mann ausſaͤhe.) (Als ich auf Reiſen ging, kam ich zuerſt nach dem Haag, wo das Spiel ſtark Mode war, und wo ich viele Leute von großem Range und Anſehn ſpielen ſah. Ich war damahls jung und einfaͤltig genug, zu glauben, das Spielen waͤre eine ihrer Volkom-

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/40>, abgerufen am 28.03.2024.