Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

fand also nichts, und muste sich bequemen für
dasmahl hungrig zu Bette zu gehen.

Und wo? -- Er hatte beschlossen, so lan-
ge auf dem Baume zu übernachten, bis er
mit einer sichern Wohnung würde zu Stan-
de gekommen sein. Dahin ging er also.

Um aber diese Nacht nicht wieder eben
das Schiksal zu haben, was er in der vori-
gen Nacht gehabt hatte, band er sich mit sei-
nen Strumpfbändern um die Brust herum
an dem Aste fest, der ihm zur Rüklehne dien-
te. Dan empfahl er sich seinem Schöpfer
und schlief ruhig ein.

Johannes. Das machte er klug!

Vater. Die Noth lehrt uns vieles,
was wir sonst nicht wissen würden. Eben
deswegen hat ja auch der gute Gott die Er-
de und uns selbst so eingerichtet, daß wir
mancherlei Bedürfnisse haben, die wir erst
durch Nachdenken und allerlei Erfindungen be-
friedigen müssen. Diesen Bedürfnissen also
haben wir es zu verdanken, daß wir klug und
verständig werden. Denn wenn uns die ge-
bratenen Tauben in den Mund flögen; wenn

Häu-
F 3

fand alſo nichts, und muſte ſich bequemen fuͤr
dasmahl hungrig zu Bette zu gehen.

Und wo? — Er hatte beſchloſſen, ſo lan-
ge auf dem Baume zu uͤbernachten, bis er
mit einer ſichern Wohnung wuͤrde zu Stan-
de gekommen ſein. Dahin ging er alſo.

Um aber dieſe Nacht nicht wieder eben
das Schikſal zu haben, was er in der vori-
gen Nacht gehabt hatte, band er ſich mit ſei-
nen Strumpfbaͤndern um die Bruſt herum
an dem Aſte feſt, der ihm zur Ruͤklehne dien-
te. Dan empfahl er ſich ſeinem Schoͤpfer
und ſchlief ruhig ein.

Johannes. Das machte er klug!

Vater. Die Noth lehrt uns vieles,
was wir ſonſt nicht wiſſen wuͤrden. Eben
deswegen hat ja auch der gute Gott die Er-
de und uns ſelbſt ſo eingerichtet, daß wir
mancherlei Beduͤrfniſſe haben, die wir erſt
durch Nachdenken und allerlei Erfindungen be-
friedigen muͤſſen. Dieſen Beduͤrfniſſen alſo
haben wir es zu verdanken, daß wir klug und
verſtaͤndig werden. Denn wenn uns die ge-
bratenen Tauben in den Mund floͤgen; wenn

Haͤu-
F 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0125" n="85"/>
fand al&#x017F;o nichts, und mu&#x017F;te &#x017F;ich bequemen fu&#x0364;r<lb/>
dasmahl hungrig zu Bette zu gehen.</p><lb/>
          <p>Und wo? &#x2014; Er hatte be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o lan-<lb/>
ge auf dem Baume zu u&#x0364;bernachten, bis er<lb/>
mit einer &#x017F;ichern Wohnung wu&#x0364;rde zu Stan-<lb/>
de gekommen &#x017F;ein. Dahin ging er al&#x017F;o.</p><lb/>
          <p>Um aber die&#x017F;e Nacht nicht wieder eben<lb/>
das Schik&#x017F;al zu haben, was er in der vori-<lb/>
gen Nacht gehabt hatte, band er &#x017F;ich mit &#x017F;ei-<lb/>
nen Strumpfba&#x0364;ndern um die Bru&#x017F;t herum<lb/>
an dem A&#x017F;te fe&#x017F;t, der ihm zur Ru&#x0364;klehne dien-<lb/>
te. Dan empfahl er &#x017F;ich &#x017F;einem Scho&#x0364;pfer<lb/>
und &#x017F;chlief ruhig ein.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Johannes.</hi> Das machte er klug!</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vater.</hi> Die Noth lehrt uns vieles,<lb/>
was wir &#x017F;on&#x017F;t nicht wi&#x017F;&#x017F;en wu&#x0364;rden. Eben<lb/>
deswegen hat ja auch der gute Gott die Er-<lb/>
de und uns &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;o eingerichtet, daß wir<lb/>
mancherlei Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e haben, die wir er&#x017F;t<lb/>
durch Nachdenken und allerlei Erfindungen be-<lb/>
friedigen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;en Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;en al&#x017F;o<lb/>
haben wir es zu verdanken, daß wir klug und<lb/>
ver&#x017F;ta&#x0364;ndig werden. Denn wenn uns die ge-<lb/>
bratenen Tauben in den Mund flo&#x0364;gen; wenn<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 3</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ha&#x0364;u-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0125] fand alſo nichts, und muſte ſich bequemen fuͤr dasmahl hungrig zu Bette zu gehen. Und wo? — Er hatte beſchloſſen, ſo lan- ge auf dem Baume zu uͤbernachten, bis er mit einer ſichern Wohnung wuͤrde zu Stan- de gekommen ſein. Dahin ging er alſo. Um aber dieſe Nacht nicht wieder eben das Schikſal zu haben, was er in der vori- gen Nacht gehabt hatte, band er ſich mit ſei- nen Strumpfbaͤndern um die Bruſt herum an dem Aſte feſt, der ihm zur Ruͤklehne dien- te. Dan empfahl er ſich ſeinem Schoͤpfer und ſchlief ruhig ein. Johannes. Das machte er klug! Vater. Die Noth lehrt uns vieles, was wir ſonſt nicht wiſſen wuͤrden. Eben deswegen hat ja auch der gute Gott die Er- de und uns ſelbſt ſo eingerichtet, daß wir mancherlei Beduͤrfniſſe haben, die wir erſt durch Nachdenken und allerlei Erfindungen be- friedigen muͤſſen. Dieſen Beduͤrfniſſen alſo haben wir es zu verdanken, daß wir klug und verſtaͤndig werden. Denn wenn uns die ge- bratenen Tauben in den Mund floͤgen; wenn Haͤu- F 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/125
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/125>, abgerufen am 19.04.2024.