Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

des Hungers zu erwarten, als er sich zufälli-
ger Weise umkehrte, und einen Seefalken er-
blikte, der mit einem gefangenen Fische durch
die Luft flog. Plözlich fielen ihm die Worte
ein, die er irgendwo einmahl gelesen hatte:

Der Gott, der Raben nährt, wird Men-
schen nicht verstoßen;
Wer groß im Kleinen ist, wird größer
sein im Großen.

Er tadelte sich nun selbst, daß er so we-
nig Vertrauen zu der götlichen Vorsehung ge-
habt habe; sprang augenbliklich vom Boden
auf, und beschloß so weit herum zu gehen, als
seine Kräfte nur immer reichen würden. Er
fuhr also fort, längst der Küste hinzugehen
und nach allen Seiten umher zu blikken,
ob er nicht irgendwo eine Speise entdekken
mögte.

Endlich sahe er einige Austerschalen im
Sande liegen. Gierig lief er nach dem Orte
hin, und suchte sorgfältig nach, ob er nicht
vielleicht einige volle Austern finden mögte.

Er

des Hungers zu erwarten, als er ſich zufaͤlli-
ger Weiſe umkehrte, und einen Seefalken er-
blikte, der mit einem gefangenen Fiſche durch
die Luft flog. Ploͤzlich fielen ihm die Worte
ein, die er irgendwo einmahl geleſen hatte:

Der Gott, der Raben naͤhrt, wird Men-
ſchen nicht verſtoßen;
Wer groß im Kleinen iſt, wird groͤßer
ſein im Großen.

Er tadelte ſich nun ſelbſt, daß er ſo we-
nig Vertrauen zu der goͤtlichen Vorſehung ge-
habt habe; ſprang augenbliklich vom Boden
auf, und beſchloß ſo weit herum zu gehen, als
ſeine Kraͤfte nur immer reichen wuͤrden. Er
fuhr alſo fort, laͤngſt der Kuͤſte hinzugehen
und nach allen Seiten umher zu blikken,
ob er nicht irgendwo eine Speiſe entdekken
moͤgte.

Endlich ſahe er einige Auſterſchalen im
Sande liegen. Gierig lief er nach dem Orte
hin, und ſuchte ſorgfaͤltig nach, ob er nicht
vielleicht einige volle Auſtern finden moͤgte.

Er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0110" n="70"/>
des Hungers zu erwarten, als er &#x017F;ich zufa&#x0364;lli-<lb/>
ger Wei&#x017F;e umkehrte, und einen Seefalken er-<lb/>
blikte, der mit einem gefangenen Fi&#x017F;che durch<lb/>
die Luft flog. Plo&#x0364;zlich fielen ihm die Worte<lb/>
ein, die er irgendwo einmahl gele&#x017F;en hatte:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Der Gott, der Raben na&#x0364;hrt, wird Men-</l><lb/>
            <l>&#x017F;chen nicht ver&#x017F;toßen;</l><lb/>
            <l>Wer groß im Kleinen i&#x017F;t, wird gro&#x0364;ßer</l><lb/>
            <l>&#x017F;ein im Großen.</l>
          </lg><lb/>
          <p>Er tadelte &#x017F;ich nun &#x017F;elb&#x017F;t, daß er &#x017F;o we-<lb/>
nig Vertrauen zu der go&#x0364;tlichen Vor&#x017F;ehung ge-<lb/>
habt habe; &#x017F;prang augenbliklich vom Boden<lb/>
auf, und be&#x017F;chloß &#x017F;o weit herum zu gehen, als<lb/>
&#x017F;eine Kra&#x0364;fte nur immer reichen wu&#x0364;rden. Er<lb/>
fuhr al&#x017F;o fort, la&#x0364;ng&#x017F;t der Ku&#x0364;&#x017F;te hinzugehen<lb/>
und nach allen Seiten umher zu blikken,<lb/>
ob er nicht irgendwo eine Spei&#x017F;e entdekken<lb/>
mo&#x0364;gte.</p><lb/>
          <p>Endlich &#x017F;ahe er einige Au&#x017F;ter&#x017F;chalen im<lb/>
Sande liegen. Gierig lief er nach dem Orte<lb/>
hin, und &#x017F;uchte &#x017F;orgfa&#x0364;ltig nach, ob er nicht<lb/>
vielleicht einige volle Au&#x017F;tern finden mo&#x0364;gte.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0110] des Hungers zu erwarten, als er ſich zufaͤlli- ger Weiſe umkehrte, und einen Seefalken er- blikte, der mit einem gefangenen Fiſche durch die Luft flog. Ploͤzlich fielen ihm die Worte ein, die er irgendwo einmahl geleſen hatte: Der Gott, der Raben naͤhrt, wird Men- ſchen nicht verſtoßen; Wer groß im Kleinen iſt, wird groͤßer ſein im Großen. Er tadelte ſich nun ſelbſt, daß er ſo we- nig Vertrauen zu der goͤtlichen Vorſehung ge- habt habe; ſprang augenbliklich vom Boden auf, und beſchloß ſo weit herum zu gehen, als ſeine Kraͤfte nur immer reichen wuͤrden. Er fuhr alſo fort, laͤngſt der Kuͤſte hinzugehen und nach allen Seiten umher zu blikken, ob er nicht irgendwo eine Speiſe entdekken moͤgte. Endlich ſahe er einige Auſterſchalen im Sande liegen. Gierig lief er nach dem Orte hin, und ſuchte ſorgfaͤltig nach, ob er nicht vielleicht einige volle Auſtern finden moͤgte. Er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/110
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/110>, abgerufen am 29.03.2024.