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Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.

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in Concurrenz mit derjenigen für culpa. -- Noch mehr tritt
natürlich dieser Gesichtspunkt bei dem eventuellen Wollen
hervor. Wer primo loco den Hund und secundo loco den
Förster treffen will, der gibt dem Gewehre eine solche Richtung,
daß er die Tödtung des Försters mit einiger Wahrschein-
lichkeit voraussieht. Es ist also von vornherein sein Wille
sowohl wie seine Handlung auf die Tödtung des Försters
gerichtet. Diese Thatsache kann durch den ferneren Verlauf
der Causalität nicht wieder beseitigt werden. D. h. der
Handelnde kann nicht verlangen, daß, indem er den einen zu
erreichenden Erfolg vor den andern stellt, sein Wille erst dann
als auf den andern (schwereren) Erfolg gerichtet angesehen
werden solle, wenn der erste Erfolg nicht eintritt, beziehungs-
weise derselbe erst von dem Zeitpunkt des Verfehlens des
ersten Erfolgs an datirt werde. Und wenn zunächst der
geringere Erfolg erreicht wurde, dann aber zugleich auch der
schwerere, so kann der Handelnde nicht behaupten, daß sein
Wille von dem Eintritt des geringeren Erfolgs an in Betreff
des schwereren Erfolgs in Wegfall gekommen sei. Hierfür
gibt es keine juristische Construction; namentlich kann auch
nicht von einem freiwilligen Rücktritt vom Versuche die Rede
sein. -- Werden hiernach Hund und Förster getödtet, so
kommt allein die Tödtung des Försters in Betracht; werden
beide gefehlt, so handelt es sich lediglich um versuchte Tödtung
des Försters. Ebenso wenn allein der Hund getödtet worden
ist. Diese Tödtung könnte nur als eine fahrlässige auf-
gerechnet werden. -- Handelt es sich endlich darum, ob das
Ziel in strafloser Weise oder durch einen strafbaren Erfolg
erreicht werden soll, so tritt, wenn der strafbare Erfolg nicht
zur Existenz gekommen ist, doch die Versuchsstrafe ein.

Es dürfte sich hieraus ergeben haben, daß, wenn mehrere
Erfolge in Frage stehen, welche von dem Willen eventuell,

in Concurrenz mit derjenigen für culpa. — Noch mehr tritt
natürlich dieſer Geſichtspunkt bei dem eventuellen Wollen
hervor. Wer primo loco den Hund und secundo loco den
Förſter treffen will, der gibt dem Gewehre eine ſolche Richtung,
daß er die Tödtung des Förſters mit einiger Wahrſchein-
lichkeit vorausſieht. Es iſt alſo von vornherein ſein Wille
ſowohl wie ſeine Handlung auf die Tödtung des Förſters
gerichtet. Dieſe Thatſache kann durch den ferneren Verlauf
der Cauſalität nicht wieder beſeitigt werden. D. h. der
Handelnde kann nicht verlangen, daß, indem er den einen zu
erreichenden Erfolg vor den andern ſtellt, ſein Wille erſt dann
als auf den andern (ſchwereren) Erfolg gerichtet angeſehen
werden ſolle, wenn der erſte Erfolg nicht eintritt, beziehungs-
weiſe derſelbe erſt von dem Zeitpunkt des Verfehlens des
erſten Erfolgs an datirt werde. Und wenn zunächſt der
geringere Erfolg erreicht wurde, dann aber zugleich auch der
ſchwerere, ſo kann der Handelnde nicht behaupten, daß ſein
Wille von dem Eintritt des geringeren Erfolgs an in Betreff
des ſchwereren Erfolgs in Wegfall gekommen ſei. Hierfür
gibt es keine juriſtiſche Conſtruction; namentlich kann auch
nicht von einem freiwilligen Rücktritt vom Verſuche die Rede
ſein. — Werden hiernach Hund und Förſter getödtet, ſo
kommt allein die Tödtung des Förſters in Betracht; werden
beide gefehlt, ſo handelt es ſich lediglich um verſuchte Tödtung
des Förſters. Ebenſo wenn allein der Hund getödtet worden
iſt. Dieſe Tödtung könnte nur als eine fahrläſſige auf-
gerechnet werden. — Handelt es ſich endlich darum, ob das
Ziel in ſtrafloſer Weiſe oder durch einen ſtrafbaren Erfolg
erreicht werden ſoll, ſo tritt, wenn der ſtrafbare Erfolg nicht
zur Exiſtenz gekommen iſt, doch die Verſuchsſtrafe ein.

Es dürfte ſich hieraus ergeben haben, daß, wenn mehrere
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[37/0041] in Concurrenz mit derjenigen für culpa. — Noch mehr tritt natürlich dieſer Geſichtspunkt bei dem eventuellen Wollen hervor. Wer primo loco den Hund und secundo loco den Förſter treffen will, der gibt dem Gewehre eine ſolche Richtung, daß er die Tödtung des Förſters mit einiger Wahrſchein- lichkeit vorausſieht. Es iſt alſo von vornherein ſein Wille ſowohl wie ſeine Handlung auf die Tödtung des Förſters gerichtet. Dieſe Thatſache kann durch den ferneren Verlauf der Cauſalität nicht wieder beſeitigt werden. D. h. der Handelnde kann nicht verlangen, daß, indem er den einen zu erreichenden Erfolg vor den andern ſtellt, ſein Wille erſt dann als auf den andern (ſchwereren) Erfolg gerichtet angeſehen werden ſolle, wenn der erſte Erfolg nicht eintritt, beziehungs- weiſe derſelbe erſt von dem Zeitpunkt des Verfehlens des erſten Erfolgs an datirt werde. Und wenn zunächſt der geringere Erfolg erreicht wurde, dann aber zugleich auch der ſchwerere, ſo kann der Handelnde nicht behaupten, daß ſein Wille von dem Eintritt des geringeren Erfolgs an in Betreff des ſchwereren Erfolgs in Wegfall gekommen ſei. Hierfür gibt es keine juriſtiſche Conſtruction; namentlich kann auch nicht von einem freiwilligen Rücktritt vom Verſuche die Rede ſein. — Werden hiernach Hund und Förſter getödtet, ſo kommt allein die Tödtung des Förſters in Betracht; werden beide gefehlt, ſo handelt es ſich lediglich um verſuchte Tödtung des Förſters. Ebenſo wenn allein der Hund getödtet worden iſt. Dieſe Tödtung könnte nur als eine fahrläſſige auf- gerechnet werden. — Handelt es ſich endlich darum, ob das Ziel in ſtrafloſer Weiſe oder durch einen ſtrafbaren Erfolg erreicht werden ſoll, ſo tritt, wenn der ſtrafbare Erfolg nicht zur Exiſtenz gekommen iſt, doch die Verſuchsſtrafe ein. Es dürfte ſich hieraus ergeben haben, daß, wenn mehrere Erfolge in Frage ſtehen, welche von dem Willen eventuell,

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Zitationshilfe: Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/41>, abgerufen am 28.03.2024.