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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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4. Abschnitt.bin, wie frei von Gemüthssorgen und widerwärtigen Ge-
Luigi Cornaro.danken. Freude und Friede verlassen mich nicht... Mein
Umgang sind weise, gelehrte, ausgezeichnete Leute von Stande
und wenn diese nicht bei mir sind, lese und schreibe ich,
und suche damit wie auf jede andere Weise Andern nützlich
zu sein nach Kräften. Von diesen Dingen thue ich jedes
zu seiner Zeit, bequem, in meiner schönen Behausung, welche
in der besten Gegend Padua's gelegen und mit allen Mit-
teln der Baukunst auf Sommer und Winter eingerichtet,
auch mit Gärten am fließenden Wasser versehen ist. Im
Frühling und Herbst gehe ich für einige Tage auf meinen
Hügel in der schönsten Lage der Euganeen, mit Brunnen,
Gärten und bequemer und zierlicher Wohnung; da mache
ich auch wohl eine leichte und vergnügliche Jagd mit, wie
sie für mein Alter paßt. Einige Zeit bringe ich dann in
meiner schönen Villa in der Ebene 1) zu; dort laufen alle
Wege auf einen Platz zusammen, dessen Mitte eine artige
Kirche einnimmt; ein mächtiger Arm der Brenta strömt
mitten durch die Anlagen, lauter fruchtbare, wohl ange-
baute Felder, Alles jetzt stark bewohnt, wo früher nur
Sumpf und schlechte Luft und eher ein Wohnsitz für
Schlangen als für Menschen war. Ich war's, der die
Gewässer ableitete; da wurde die Luft gut und die Leute
siedelten sich an und vermehrten sich, und der Ort wurde
so ausgebaut wie man ihn jetzt sieht, so daß ich in Wahr-
heit sagen kann: an dieser Stätte gab ich Gott einen Altar
und einen Tempel und Seelen um ihn anzubeten. Dieß
ist mein Trost und mein Glück so oft ich hinkomme. Im
Frühling und Herbst besuche ich auch die nahen Städte und
sehe und spreche meine Freunde und mache durch sie die
Bekanntschaft anderer ausgezeichneter Leute, Architecten,
Maler, Bildhauer, Musiker und Landöconomen. Ich be-
trachte was sie Neues geschaffen haben, betrachte das schon

1) Ist dieß wohl die S. 319 erwähnte Villa von Codevico?

4. Abſchnitt.bin, wie frei von Gemüthsſorgen und widerwärtigen Ge-
Luigi Cornaro.danken. Freude und Friede verlaſſen mich nicht... Mein
Umgang ſind weiſe, gelehrte, ausgezeichnete Leute von Stande
und wenn dieſe nicht bei mir ſind, leſe und ſchreibe ich,
und ſuche damit wie auf jede andere Weiſe Andern nützlich
zu ſein nach Kräften. Von dieſen Dingen thue ich jedes
zu ſeiner Zeit, bequem, in meiner ſchönen Behauſung, welche
in der beſten Gegend Padua's gelegen und mit allen Mit-
teln der Baukunſt auf Sommer und Winter eingerichtet,
auch mit Gärten am fließenden Waſſer verſehen iſt. Im
Frühling und Herbſt gehe ich für einige Tage auf meinen
Hügel in der ſchönſten Lage der Euganeen, mit Brunnen,
Gärten und bequemer und zierlicher Wohnung; da mache
ich auch wohl eine leichte und vergnügliche Jagd mit, wie
ſie für mein Alter paßt. Einige Zeit bringe ich dann in
meiner ſchönen Villa in der Ebene 1) zu; dort laufen alle
Wege auf einen Platz zuſammen, deſſen Mitte eine artige
Kirche einnimmt; ein mächtiger Arm der Brenta ſtrömt
mitten durch die Anlagen, lauter fruchtbare, wohl ange-
baute Felder, Alles jetzt ſtark bewohnt, wo früher nur
Sumpf und ſchlechte Luft und eher ein Wohnſitz für
Schlangen als für Menſchen war. Ich war's, der die
Gewäſſer ableitete; da wurde die Luft gut und die Leute
ſiedelten ſich an und vermehrten ſich, und der Ort wurde
ſo ausgebaut wie man ihn jetzt ſieht, ſo daß ich in Wahr-
heit ſagen kann: an dieſer Stätte gab ich Gott einen Altar
und einen Tempel und Seelen um ihn anzubeten. Dieß
iſt mein Troſt und mein Glück ſo oft ich hinkomme. Im
Frühling und Herbſt beſuche ich auch die nahen Städte und
ſehe und ſpreche meine Freunde und mache durch ſie die
Bekanntſchaft anderer ausgezeichneter Leute, Architecten,
Maler, Bildhauer, Muſiker und Landöconomen. Ich be-
trachte was ſie Neues geſchaffen haben, betrachte das ſchon

1) Iſt dieß wohl die S. 319 erwähnte Villa von Codevico?
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[336/0346] bin, wie frei von Gemüthsſorgen und widerwärtigen Ge- danken. Freude und Friede verlaſſen mich nicht... Mein Umgang ſind weiſe, gelehrte, ausgezeichnete Leute von Stande und wenn dieſe nicht bei mir ſind, leſe und ſchreibe ich, und ſuche damit wie auf jede andere Weiſe Andern nützlich zu ſein nach Kräften. Von dieſen Dingen thue ich jedes zu ſeiner Zeit, bequem, in meiner ſchönen Behauſung, welche in der beſten Gegend Padua's gelegen und mit allen Mit- teln der Baukunſt auf Sommer und Winter eingerichtet, auch mit Gärten am fließenden Waſſer verſehen iſt. Im Frühling und Herbſt gehe ich für einige Tage auf meinen Hügel in der ſchönſten Lage der Euganeen, mit Brunnen, Gärten und bequemer und zierlicher Wohnung; da mache ich auch wohl eine leichte und vergnügliche Jagd mit, wie ſie für mein Alter paßt. Einige Zeit bringe ich dann in meiner ſchönen Villa in der Ebene 1) zu; dort laufen alle Wege auf einen Platz zuſammen, deſſen Mitte eine artige Kirche einnimmt; ein mächtiger Arm der Brenta ſtrömt mitten durch die Anlagen, lauter fruchtbare, wohl ange- baute Felder, Alles jetzt ſtark bewohnt, wo früher nur Sumpf und ſchlechte Luft und eher ein Wohnſitz für Schlangen als für Menſchen war. Ich war's, der die Gewäſſer ableitete; da wurde die Luft gut und die Leute ſiedelten ſich an und vermehrten ſich, und der Ort wurde ſo ausgebaut wie man ihn jetzt ſieht, ſo daß ich in Wahr- heit ſagen kann: an dieſer Stätte gab ich Gott einen Altar und einen Tempel und Seelen um ihn anzubeten. Dieß iſt mein Troſt und mein Glück ſo oft ich hinkomme. Im Frühling und Herbſt beſuche ich auch die nahen Städte und ſehe und ſpreche meine Freunde und mache durch ſie die Bekanntſchaft anderer ausgezeichneter Leute, Architecten, Maler, Bildhauer, Muſiker und Landöconomen. Ich be- trachte was ſie Neues geſchaffen haben, betrachte das ſchon 4. Abſchnitt. Luigi Cornaro. 1) Iſt dieß wohl die S. 319 erwähnte Villa von Codevico?

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/346>, abgerufen am 24.04.2024.