die in jenen großen Hofwirtschaften ihren Ausdruck fand, welche auf dem ausgedehnten Grundbesitze der Könige, des Adels und der Kirche mit Leibeigenen und Hörigen be- trieben wurden. Diese Fronhofswirtschaft lehnt sich in den Einzelheiten vielfach an die Ausgestaltung an, welche die Landwirtschaft des römischen Reiches in der späteren Kaiserzeit durch den Kolonat gefunden hatte. Sie hat aber auch manche Aehnlichkeit mit dem konzentrierten Plantagenbetrieb, wie wir ihn aus der letzten Zeit der römischen Republik vorhin geschildert haben. Aber in einem wichtigen Punkte unterscheidet sich diese Entwickelung der arbeitsteiligen Großwirtschaft von der römischen. In Rom verschlingt der große Grundbesitz den kleinen und ersetzt den Arm des Bauern durch den des Sklaven, um diesen später in den Kolonen umzuwandeln. Der wirtschaftliche Fortschritt, der in der großen Oikenwirtschaft liegt, mußte erkauft werden mit der Proletarisierung des freien Bauern- standes. In der Fronhofsverfassung des Mittelalters wird der freie Kleingrundbesitzer zwar dinglich abhängig; aber er wird nicht aus dem Besitze gedrängt; er bewahrt eine gewisse persönliche und wirtschaftliche Selbständigkeit und nimmt zugleich Teil an der reicheren Güterversorgung, die im System der geschlossenen Hauswirtschaft der Großbetrieb gewährleistet.
Woher kam das?
Im alten Italien ging der kleine Bauer zu Grunde, weil er gewisse öffentliche Lasten, namentlich die Heeres-
die in jenen großen Hofwirtſchaften ihren Ausdruck fand, welche auf dem ausgedehnten Grundbeſitze der Könige, des Adels und der Kirche mit Leibeigenen und Hörigen be- trieben wurden. Dieſe Fronhofswirtſchaft lehnt ſich in den Einzelheiten vielfach an die Ausgeſtaltung an, welche die Landwirtſchaft des römiſchen Reiches in der ſpäteren Kaiſerzeit durch den Kolonat gefunden hatte. Sie hat aber auch manche Aehnlichkeit mit dem konzentrierten Plantagenbetrieb, wie wir ihn aus der letzten Zeit der römiſchen Republik vorhin geſchildert haben. Aber in einem wichtigen Punkte unterſcheidet ſich dieſe Entwickelung der arbeitsteiligen Großwirtſchaft von der römiſchen. In Rom verſchlingt der große Grundbeſitz den kleinen und erſetzt den Arm des Bauern durch den des Sklaven, um dieſen ſpäter in den Kolonen umzuwandeln. Der wirtſchaftliche Fortſchritt, der in der großen Oikenwirtſchaft liegt, mußte erkauft werden mit der Proletariſierung des freien Bauern- ſtandes. In der Fronhofsverfaſſung des Mittelalters wird der freie Kleingrundbeſitzer zwar dinglich abhängig; aber er wird nicht aus dem Beſitze gedrängt; er bewahrt eine gewiſſe perſönliche und wirtſchaftliche Selbſtändigkeit und nimmt zugleich Teil an der reicheren Güterverſorgung, die im Syſtem der geſchloſſenen Hauswirtſchaft der Großbetrieb gewährleiſtet.
Woher kam das?
Im alten Italien ging der kleine Bauer zu Grunde, weil er gewiſſe öffentliche Laſten, namentlich die Heeres-
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die in jenen großen Hofwirtſchaften ihren Ausdruck fand,
welche auf dem ausgedehnten Grundbeſitze der Könige, des
Adels und der Kirche mit Leibeigenen und Hörigen be-
trieben wurden. Dieſe Fronhofswirtſchaft lehnt
ſich in den Einzelheiten vielfach an die Ausgeſtaltung an,
welche die Landwirtſchaft des römiſchen Reiches in der
ſpäteren Kaiſerzeit durch den Kolonat gefunden hatte. Sie
hat aber auch manche Aehnlichkeit mit dem konzentrierten
Plantagenbetrieb, wie wir ihn aus der letzten Zeit der
römiſchen Republik vorhin geſchildert haben. Aber in einem
wichtigen Punkte unterſcheidet ſich dieſe Entwickelung der
arbeitsteiligen Großwirtſchaft von der römiſchen. In Rom
verſchlingt der große Grundbeſitz den kleinen und erſetzt
den Arm des Bauern durch den des Sklaven, um dieſen
ſpäter in den Kolonen umzuwandeln. Der wirtſchaftliche
Fortſchritt, der in der großen Oikenwirtſchaft liegt, mußte
erkauft werden mit der Proletariſierung des freien Bauern-
ſtandes. In der Fronhofsverfaſſung des Mittelalters wird
der freie Kleingrundbeſitzer zwar dinglich abhängig; aber
er wird nicht aus dem Beſitze gedrängt; er bewahrt eine
gewiſſe perſönliche und wirtſchaftliche Selbſtändigkeit und
nimmt zugleich Teil an der reicheren Güterverſorgung, die
im Syſtem der geſchloſſenen Hauswirtſchaft der Großbetrieb
gewährleiſtet.
Woher kam das?
Im alten Italien ging der kleine Bauer zu Grunde,
weil er gewiſſe öffentliche Laſten, namentlich die Heeres-
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/43>, abgerufen am 18.04.2024.
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