Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856.

Bild:
<< vorherige Seite
3. Die Einnahme Troja's und der Rath der Könige über
den Frevel des Aias gegen Kassandra;
4. Die Schlacht bei Marathon.

Die Namen der Künstler giebt Pausanias nicht an. Nach
einer Erwähnung des Plinius 1) war ein Theil des Ganzen
von Polygnot gemalt, und zwar umsonst, ein anderer von
Mikon gegen Bezahlung. Völlig ungewiss ist der Meister des
ersten Bildes. Das zweite wird ausdrücklich dem Mikon
beigelegt: Arist. Lys. 678 sqq., Arrian VII, 18, 10, wo
schon längst Mikonos für Kimonos verbessert ist. Das dritte
malte Polygnot: Plut. Cim. 4. Schwankender sind die An-
gaben über das vierte Bild, die marathonische Schlacht.
Pausanias nennt später gelegentlich Panaenos, den Bruder
des Phidias, als den Künstler 2); und dies wird ausdrücklich
von Plinius 3) bestätigt. Dagegen spricht Aelian 4) von Mikon
und von Polygnot, und für Ersteren zeugen Arrian 5), so wie
Sopatros 6) in einer rhetorischen Uebung über das Thema:
Mikon sei von den Athenern bestraft worden, weil er die
Barbaren grösser gemalt, als die Hellenen; wofür eine ge-
wisse Bestätigung in dem Citat des Harpokration 7) aus der
Rede Lykurg's peri tes iereias vorliegt, in welchem freilich
nicht der Anlass der Bestrafung, wohl aber die Summe des
Strafgeldes, nemlich dreissig Minen, angegeben wird. Was
nun Polygnot anlangt, so lässt sich seine Erwähnung allen-
falls daraus erklären, dass im Alterthum zuweilen wohl die
ganze Ausschmückung der Poekile als sein Werk bezeichnet
werden mochte 8), und dass er vielleicht von Kimon mit der
Oberleitung des Ganzen war betraut worden. Dagegen wer-
den wir nicht umhin können, dem Mikon einen bestimmten
Antheil auch an der Ausführung selbst neben Panaenos zu-
zuerkennen, freilich aber ungewiss lassen müssen, ob eine
der grösseren Abtheilungen, in welche dieses Gemälde zer-
fällt, oder nur einzelne, in dem ganzen Bilde zerstreute Fi-
guren oder Gruppen von seiner Hand waren 9).

1) 35, 59.
2) V, 11, 6.
3) 35, 57.
4) h. an. VII, 38.
5) l. l.
6) diairesis zetematon I. 8, p. 120 sqq. Walz.
7) s. v. Mekon
8) vgl. Suidas s. v. Peisianakteios stoa und Zenon. Diog. Laert im Leben
des Zeno.
9) Ausführlicher, aber im Ganzen übereinstimmend handelt über
diese Frage O. Jahn arch. Aufs. S. 16 fgd.
2*
3. Die Einnahme Troja’s und der Rath der Könige über
den Frevel des Aias gegen Kassandra;
4. Die Schlacht bei Marathon.

Die Namen der Künstler giebt Pausanias nicht an. Nach
einer Erwähnung des Plinius 1) war ein Theil des Ganzen
von Polygnot gemalt, und zwar umsonst, ein anderer von
Mikon gegen Bezahlung. Völlig ungewiss ist der Meister des
ersten Bildes. Das zweite wird ausdrücklich dem Mikon
beigelegt: Arist. Lys. 678 sqq., Arrian VII, 18, 10, wo
schon längst Μίκωνος für Κίμωνος verbessert ist. Das dritte
malte Polygnot: Plut. Cim. 4. Schwankender sind die An-
gaben über das vierte Bild, die marathonische Schlacht.
Pausanias nennt später gelegentlich Panaenos, den Bruder
des Phidias, als den Künstler 2); und dies wird ausdrücklich
von Plinius 3) bestätigt. Dagegen spricht Aelian 4) von Mikon
und von Polygnot, und für Ersteren zeugen Arrian 5), so wie
Sopatros 6) in einer rhetorischen Uebung über das Thema:
Mikon sei von den Athenern bestraft worden, weil er die
Barbaren grösser gemalt, als die Hellenen; wofür eine ge-
wisse Bestätigung in dem Citat des Harpokration 7) aus der
Rede Lykurg’s πεϱὶ τῆς ἱεϱείας vorliegt, in welchem freilich
nicht der Anlass der Bestrafung, wohl aber die Summe des
Strafgeldes, nemlich dreissig Minen, angegeben wird. Was
nun Polygnot anlangt, so lässt sich seine Erwähnung allen-
falls daraus erklären, dass im Alterthum zuweilen wohl die
ganze Ausschmückung der Poekile als sein Werk bezeichnet
werden mochte 8), und dass er vielleicht von Kimon mit der
Oberleitung des Ganzen war betraut worden. Dagegen wer-
den wir nicht umhin können, dem Mikon einen bestimmten
Antheil auch an der Ausführung selbst neben Panaenos zu-
zuerkennen, freilich aber ungewiss lassen müssen, ob eine
der grösseren Abtheilungen, in welche dieses Gemälde zer-
fällt, oder nur einzelne, in dem ganzen Bilde zerstreute Fi-
guren oder Gruppen von seiner Hand waren 9).

1) 35, 59.
2) V, 11, 6.
3) 35, 57.
4) h. an. VII, 38.
5) l. l.
6) διαίϱεσις ζητημάτων I. 8, p. 120 sqq. Walz.
7) s. v. Μήκων
8) vgl. Suidas s. v. Πεισιανάκτειος στοά und Ζήνων. Diog. Laërt im Leben
des Zeno.
9) Ausführlicher, aber im Ganzen übereinstimmend handelt über
diese Frage O. Jahn arch. Aufs. S. 16 fgd.
2*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0027" n="19"/>
            <list>
              <item>3. Die Einnahme Troja&#x2019;s und der Rath der Könige über<lb/>
den Frevel des Aias gegen Kassandra;</item><lb/>
              <item>4. Die Schlacht bei Marathon.</item>
            </list><lb/>
            <p>Die Namen der Künstler giebt Pausanias nicht an. Nach<lb/>
einer Erwähnung des Plinius <note place="foot" n="1)">35, 59.</note> war ein Theil des Ganzen<lb/>
von Polygnot gemalt, und zwar umsonst, ein anderer von<lb/>
Mikon gegen Bezahlung. Völlig ungewiss ist der Meister des<lb/>
ersten Bildes. Das zweite wird ausdrücklich dem Mikon<lb/>
beigelegt: Arist. Lys. 678 sqq., Arrian VII, 18, 10, wo<lb/>
schon längst &#x039C;&#x03AF;&#x03BA;&#x03C9;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2; für &#x039A;&#x03AF;&#x03BC;&#x03C9;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2; verbessert ist. Das dritte<lb/>
malte Polygnot: Plut. Cim. 4. Schwankender sind die An-<lb/>
gaben über das vierte Bild, die marathonische Schlacht.<lb/>
Pausanias nennt später gelegentlich Panaenos, den Bruder<lb/>
des Phidias, als den Künstler <note place="foot" n="2)">V, 11, 6.</note>; und dies wird ausdrücklich<lb/>
von Plinius <note place="foot" n="3)">35, 57.</note> bestätigt. Dagegen spricht Aelian <note place="foot" n="4)">h. an. VII, 38.</note> von Mikon<lb/>
und von Polygnot, und für Ersteren zeugen Arrian <note place="foot" n="5)">l. l.</note>, so wie<lb/>
Sopatros <note place="foot" n="6)">&#x03B4;&#x03B9;&#x03B1;&#x03AF;&#x03F1;&#x03B5;&#x03C3;&#x03B9;&#x03C2; &#x03B6;&#x03B7;&#x03C4;&#x03B7;&#x03BC;&#x03AC;&#x03C4;&#x03C9;&#x03BD; I. 8, p. 120 sqq. Walz.</note> in einer rhetorischen Uebung über das Thema:<lb/>
Mikon sei von den Athenern bestraft worden, weil er die<lb/>
Barbaren grösser gemalt, als die Hellenen; wofür eine ge-<lb/>
wisse Bestätigung in dem Citat des Harpokration <note place="foot" n="7)">s. v. &#x039C;&#x03AE;&#x03BA;&#x03C9;&#x03BD;</note> aus der<lb/>
Rede Lykurg&#x2019;s &#x03C0;&#x03B5;&#x03F1;&#x1F76; &#x03C4;&#x1FC6;&#x03C2; &#x1F31;&#x03B5;&#x03F1;&#x03B5;&#x03AF;&#x03B1;&#x03C2; vorliegt, in welchem freilich<lb/>
nicht der Anlass der Bestrafung, wohl aber die Summe des<lb/>
Strafgeldes, nemlich dreissig Minen, angegeben wird. Was<lb/>
nun Polygnot anlangt, so lässt sich seine Erwähnung allen-<lb/>
falls daraus erklären, dass im Alterthum zuweilen wohl die<lb/>
ganze Ausschmückung der Poekile als sein Werk bezeichnet<lb/>
werden mochte <note place="foot" n="8)">vgl. Suidas s. v. &#x03A0;&#x03B5;&#x03B9;&#x03C3;&#x03B9;&#x03B1;&#x03BD;&#x03AC;&#x03BA;&#x03C4;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BF;&#x03C2; &#x03C3;&#x03C4;&#x03BF;&#x03AC; und &#x0396;&#x03AE;&#x03BD;&#x03C9;&#x03BD;. Diog. Laërt im Leben<lb/>
des Zeno.</note>, und dass er vielleicht von Kimon mit der<lb/>
Oberleitung des Ganzen war betraut worden. Dagegen wer-<lb/>
den wir nicht umhin können, dem Mikon einen bestimmten<lb/>
Antheil auch an der Ausführung selbst neben Panaenos zu-<lb/>
zuerkennen, freilich aber ungewiss lassen müssen, ob eine<lb/>
der grösseren Abtheilungen, in welche dieses Gemälde zer-<lb/>
fällt, oder nur einzelne, in dem ganzen Bilde zerstreute Fi-<lb/>
guren oder Gruppen von seiner Hand waren <note place="foot" n="9)">Ausführlicher, aber im Ganzen übereinstimmend handelt über<lb/>
diese Frage O. Jahn arch. Aufs. S. 16 fgd.</note>.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">2*</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0027] 3. Die Einnahme Troja’s und der Rath der Könige über den Frevel des Aias gegen Kassandra; 4. Die Schlacht bei Marathon. Die Namen der Künstler giebt Pausanias nicht an. Nach einer Erwähnung des Plinius 1) war ein Theil des Ganzen von Polygnot gemalt, und zwar umsonst, ein anderer von Mikon gegen Bezahlung. Völlig ungewiss ist der Meister des ersten Bildes. Das zweite wird ausdrücklich dem Mikon beigelegt: Arist. Lys. 678 sqq., Arrian VII, 18, 10, wo schon längst Μίκωνος für Κίμωνος verbessert ist. Das dritte malte Polygnot: Plut. Cim. 4. Schwankender sind die An- gaben über das vierte Bild, die marathonische Schlacht. Pausanias nennt später gelegentlich Panaenos, den Bruder des Phidias, als den Künstler 2); und dies wird ausdrücklich von Plinius 3) bestätigt. Dagegen spricht Aelian 4) von Mikon und von Polygnot, und für Ersteren zeugen Arrian 5), so wie Sopatros 6) in einer rhetorischen Uebung über das Thema: Mikon sei von den Athenern bestraft worden, weil er die Barbaren grösser gemalt, als die Hellenen; wofür eine ge- wisse Bestätigung in dem Citat des Harpokration 7) aus der Rede Lykurg’s πεϱὶ τῆς ἱεϱείας vorliegt, in welchem freilich nicht der Anlass der Bestrafung, wohl aber die Summe des Strafgeldes, nemlich dreissig Minen, angegeben wird. Was nun Polygnot anlangt, so lässt sich seine Erwähnung allen- falls daraus erklären, dass im Alterthum zuweilen wohl die ganze Ausschmückung der Poekile als sein Werk bezeichnet werden mochte 8), und dass er vielleicht von Kimon mit der Oberleitung des Ganzen war betraut worden. Dagegen wer- den wir nicht umhin können, dem Mikon einen bestimmten Antheil auch an der Ausführung selbst neben Panaenos zu- zuerkennen, freilich aber ungewiss lassen müssen, ob eine der grösseren Abtheilungen, in welche dieses Gemälde zer- fällt, oder nur einzelne, in dem ganzen Bilde zerstreute Fi- guren oder Gruppen von seiner Hand waren 9). 1) 35, 59. 2) V, 11, 6. 3) 35, 57. 4) h. an. VII, 38. 5) l. l. 6) διαίϱεσις ζητημάτων I. 8, p. 120 sqq. Walz. 7) s. v. Μήκων 8) vgl. Suidas s. v. Πεισιανάκτειος στοά und Ζήνων. Diog. Laërt im Leben des Zeno. 9) Ausführlicher, aber im Ganzen übereinstimmend handelt über diese Frage O. Jahn arch. Aufs. S. 16 fgd. 2*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/27
Zitationshilfe: Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/27>, abgerufen am 18.04.2024.