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Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 7. 6. Aufl. Leipzig, 1913.

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unter dem Namen Wanda Schil-
ten
einen Salon, in dem sie die Lebe-
männer Berlins und die Ausländer,
die sich in Berlin aufhielten u. maso-
chistischen und sadistischen Neigungen
huldigten, empfing und behandelte,
bis sich endlich die Kriminalpolizei
zum Einschreiten veranlaßt sah. Jm
Dezember 1907 reiste sie nach Ham-
burg, entführte dort ihre Tochter aus
erster Ehe, reiste mit ihr nach der
Schweiz und Jtalien und brachte sie
dann im Schwesternheim in Frank-
furt a. M. unter. Jnfolgedessen wurde
sie in einen Entführungsprozeß ver-
wickelt u. im Frühjahr 1909 zu sechs
Wochen Gefängnis verurteilt. Sie
legte gegen dieses Urteil Berufung
beim Reichsgericht ein, aber noch vor
dem auf den 28. Oktbr. anberaumten
Termin wurde sie in der Nacht vom
7. auf den 8. Oktbr. 1909 von einem
ihrer Liebhaber aus Eifersucht er-
mordet. Ob die unter ihrem Namen
erschienenen Gedichte von ihr selbst
herrühren, oder -- wie erzählt wird --
der Feder eines bekannten Berliner
Lyrikers entstammen, hat sich noch
nicht mit Sicherheit feststellen lassen.

S:

Gedanken in Gedichtform, 1905.
- Träumereien (Ge.), 1906.

Strachwitz, Martha von,

siehe
Olga Martha von Schmettau!

Strachwitz, Moritz Karl Wil-
helm Anton Graf von,

stammte aus
einem alten schlesischen Dynastenge-
schlechte und wurde am 13. März
1822 zu Peterwitz bei Frankenstein
in Schlesien geboren. Sein Vater
war Rittmeister in der österreichischen
Armee gewesen und bekleidete später
das Amt eines Landrats und Land-
schaftsdirektors; die Mutter Luise,
geb. von Schimonski, eine gebildete
Dame und tüchtige Hausfrau, starb
schon, als Moritz erst 12 Jahre alt
war. Dieser absolvierte 1841 das
Gymnasium in Breslau u. verbrachte
dann seine Universitätsjahre in Bres-
lau und Berlin, wo er die Rechte
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studierte und sich einen geistig sehr
gewählten Umgang zu verschaffen
wußte. Nach vollendeten Studien
lebte der jugendliche Dichter wieder
in seiner Heimat Schlesien, und zwar
als Referendar beim Kreisgericht
Grottkau, wo er, um sich an eine
regelmäßige Beschäftigung zu gewöh-
nen, zur juristischen Prüfung sich
vorbereitete. Bald indes entsagte er
der Jurisprudenz u. widmete sich erst
in Peterwitz, wo ihn 1844 Emanuel
Geibel besuchte, hernach auf seinem
Gute Schebetau in Mähren ganz poe-
tischen Beschäftigungen. Um diese
Zeit begann Str. ernstlich zu krän-
keln; eine Erholungsreise nach Skan-
dinavien (1845) hatte nur einen Er-
folg von kurzer Dauer, und so sandte
ihn sein besorgter Vater nach dem
sonnigen Jtalien. Jn Venedig er-
krankte er schwer; er eilte zurück nach
Deutschland, erlag aber bereits am
11. Dezember 1847 in Wien einem
Nervenfieber.

S:

Lieder eines Er-
wachenden, 1842. 5. A. 1854. - Neue
Gedichte, 1848. - Gedichte (Gesamt-
ausg.), 1850. Neue Ausg., 1878.

*Strachwitz, Nora Gräfin von,


wurde am 13. Januar 1858 in Bres-
lau als Tochter des Grafen Georg
Henckel v. Donnersmarck ge-
boren. Mit zwei Geschwistern wuchs
sie auf dem väterlichen Gute Kaulwitz
in Schlesien heran und erhielt eine
sehr sorgfältige Erziehung. Das poe-
tische Empfinden des jungen Mäd-
chens rang frühe nach Gestaltung,
und bis zum 17. Lebensjahre ent-
standen alle jene Gedichte, die sie
später unter dem Titel "Jugendtage"
veröffentlichte. Seit ihrer Vermäh-
lung mit dem Grafen Str. lebte sie
in Neiße in der allerglücklichsten Ehe,
der vier Töchter entsprossen. Leider
verlor sie ihren heißgeliebten Gatten
schon im Febr. 1892 nach sehr kurzem
Krankenlager. Tief gebeugt zog sie
nach Ablauf des Trauerjahres mit
ihren Kindern nach Weimar, wo sie

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unter dem Namen Wanda Schil-
ten
einen Salon, in dem ſie die Lebe-
männer Berlins und die Ausländer,
die ſich in Berlin aufhielten u. maſo-
chiſtiſchen und ſadiſtiſchen Neigungen
huldigten, empfing und behandelte,
bis ſich endlich die Kriminalpolizei
zum Einſchreiten veranlaßt ſah. Jm
Dezember 1907 reiſte ſie nach Ham-
burg, entführte dort ihre Tochter aus
erſter Ehe, reiſte mit ihr nach der
Schweiz und Jtalien und brachte ſie
dann im Schweſternheim in Frank-
furt a. M. unter. Jnfolgedeſſen wurde
ſie in einen Entführungsprozeß ver-
wickelt u. im Frühjahr 1909 zu ſechs
Wochen Gefängnis verurteilt. Sie
legte gegen dieſes Urteil Berufung
beim Reichsgericht ein, aber noch vor
dem auf den 28. Oktbr. anberaumten
Termin wurde ſie in der Nacht vom
7. auf den 8. Oktbr. 1909 von einem
ihrer Liebhaber aus Eiferſucht er-
mordet. Ob die unter ihrem Namen
erſchienenen Gedichte von ihr ſelbſt
herrühren, oder — wie erzählt wird —
der Feder eines bekannten Berliner
Lyrikers entſtammen, hat ſich noch
nicht mit Sicherheit feſtſtellen laſſen.

S:

Gedanken in Gedichtform, 1905.
– Träumereien (Ge.), 1906.

Strachwitz, Martha von,

ſiehe
Olga Martha von Schmettau!

Strachwitz, Moritz Karl Wil-
helm Anton Graf von,

ſtammte aus
einem alten ſchleſiſchen Dynaſtenge-
ſchlechte und wurde am 13. März
1822 zu Peterwitz bei Frankenſtein
in Schleſien geboren. Sein Vater
war Rittmeiſter in der öſterreichiſchen
Armee geweſen und bekleidete ſpäter
das Amt eines Landrats und Land-
ſchaftsdirektors; die Mutter Luiſe,
geb. von Schimonski, eine gebildete
Dame und tüchtige Hausfrau, ſtarb
ſchon, als Moritz erſt 12 Jahre alt
war. Dieſer abſolvierte 1841 das
Gymnaſium in Breslau u. verbrachte
dann ſeine Univerſitätsjahre in Bres-
lau und Berlin, wo er die Rechte
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ſtudierte und ſich einen geiſtig ſehr
gewählten Umgang zu verſchaffen
wußte. Nach vollendeten Studien
lebte der jugendliche Dichter wieder
in ſeiner Heimat Schleſien, und zwar
als Referendar beim Kreisgericht
Grottkau, wo er, um ſich an eine
regelmäßige Beſchäftigung zu gewöh-
nen, zur juriſtiſchen Prüfung ſich
vorbereitete. Bald indes entſagte er
der Jurisprudenz u. widmete ſich erſt
in Peterwitz, wo ihn 1844 Emanuel
Geibel beſuchte, hernach auf ſeinem
Gute Schebetau in Mähren ganz poe-
tiſchen Beſchäftigungen. Um dieſe
Zeit begann Str. ernſtlich zu krän-
keln; eine Erholungsreiſe nach Skan-
dinavien (1845) hatte nur einen Er-
folg von kurzer Dauer, und ſo ſandte
ihn ſein beſorgter Vater nach dem
ſonnigen Jtalien. Jn Venedig er-
krankte er ſchwer; er eilte zurück nach
Deutſchland, erlag aber bereits am
11. Dezember 1847 in Wien einem
Nervenfieber.

S:

Lieder eines Er-
wachenden, 1842. 5. A. 1854. – Neue
Gedichte, 1848. – Gedichte (Geſamt-
ausg.), 1850. Neue Ausg., 1878.

*Strachwitz, Nora Gräfin von,


wurde am 13. Januar 1858 in Bres-
lau als Tochter des Grafen Georg
Henckel v. Donnersmarck ge-
boren. Mit zwei Geſchwiſtern wuchs
ſie auf dem väterlichen Gute Kaulwitz
in Schleſien heran und erhielt eine
ſehr ſorgfältige Erziehung. Das poe-
tiſche Empfinden des jungen Mäd-
chens rang frühe nach Geſtaltung,
und bis zum 17. Lebensjahre ent-
ſtanden alle jene Gedichte, die ſie
ſpäter unter dem Titel „Jugendtage“
veröffentlichte. Seit ihrer Vermäh-
lung mit dem Grafen Str. lebte ſie
in Neiße in der allerglücklichſten Ehe,
der vier Töchter entſproſſen. Leider
verlor ſie ihren heißgeliebten Gatten
ſchon im Febr. 1892 nach ſehr kurzem
Krankenlager. Tief gebeugt zog ſie
nach Ablauf des Trauerjahres mit
ihren Kindern nach Weimar, wo ſie

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Zitationshilfe: Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 7. 6. Aufl. Leipzig, 1913, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon07_1913/109>, abgerufen am 29.03.2024.