Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite

Und schneidet Weiden ab. Man drischt, versorgt das Vieh
Mit Futter und mit Stroh. Der Jäger spür't im Schnee
Dem Wild' am besten nach, und manches munt're Reh,
Und mancher Has' und Wolf bezahlt ihm itzt die Müh.
Der Gärtner kann noch Kreß und Petersilgen säen.
Die Bäume, die anitzt voll Moß und Unrat stehen,
Beschab't und säubert er. Der Haus-Wirth schlachtet ein
So manche fette Gans: so manch gemästet Schwein
Füllt Keller, Küch' und Haus. Wenn wir des Schöpfers
Segen
Jn allem diesem nicht mit Lust und Dank erwegen;
Sind wir den Schweinen gleich, die keines Eichbaums
achten,
Wie süß die Eicheln auch, die seine Zweig' ihm brachten.

Ach lasst von diesem Vieh uns doch uns unterscheiden,
Und ja des Undanks Laster meiden!
Soll Der, von welchem man fast ungezäl'te Gaben
An Narung, Notdurft, Lust, Verstand, Beqvemlichkeit
Umsonst empfängt, nicht einst Zufriedenheit,
Nicht einst von uns ein dankbar Herze haben?
Schluß.

Und ſchneidet Weiden ab. Man driſcht, verſorgt das Vieh
Mit Futter und mit Stroh. Der Jaͤger ſpuͤr’t im Schnee
Dem Wild’ am beſten nach, und manches munt’re Reh,
Und mancher Haſ’ und Wolf bezahlt ihm itzt die Muͤh.
Der Gaͤrtner kann noch Kreß und Peterſilgen ſaͤen.
Die Baͤume, die anitzt voll Moß und Unrat ſtehen,
Beſchab’t und ſaͤubert er. Der Haus-Wirth ſchlachtet ein
So manche fette Gans: ſo manch gemaͤſtet Schwein
Fuͤllt Keller, Kuͤch’ und Haus. Wenn wir des Schoͤpfers
Segen
Jn allem dieſem nicht mit Luſt und Dank erwegen;
Sind wir den Schweinen gleich, die keines Eichbaums
achten,
Wie ſuͤß die Eicheln auch, die ſeine Zweig’ ihm brachten.

Ach laſſt von dieſem Vieh uns doch uns unterſcheiden,
Und ja des Undanks Laſter meiden!
Soll Der, von welchem man faſt ungezaͤl’te Gaben
An Narung, Notdurft, Luſt, Verſtand, Beqvemlichkeit
Umſonſt empfaͤngt, nicht einſt Zufriedenheit,
Nicht einſt von uns ein dankbar Herze haben?
Schluß.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="107">
            <l><pb facs="#f0527" n="491"/>
Und &#x017F;chneidet Weiden ab. Man dri&#x017F;cht, ver&#x017F;orgt das Vieh</l><lb/>
            <l>Mit Futter und mit Stroh. Der Ja&#x0364;ger &#x017F;pu&#x0364;r&#x2019;t im Schnee</l><lb/>
            <l>Dem Wild&#x2019; am be&#x017F;ten nach, und manches munt&#x2019;re Reh,</l><lb/>
            <l>Und mancher Ha&#x017F;&#x2019; und Wolf bezahlt ihm itzt die Mu&#x0364;h.</l><lb/>
            <l>Der Ga&#x0364;rtner kann noch Kreß und Peter&#x017F;ilgen &#x017F;a&#x0364;en.</l><lb/>
            <l>Die Ba&#x0364;ume, die anitzt voll Moß und Unrat &#x017F;tehen,</l><lb/>
            <l>Be&#x017F;chab&#x2019;t und &#x017F;a&#x0364;ubert er. Der Haus-Wirth &#x017F;chlachtet ein</l><lb/>
            <l>So manche fette Gans: &#x017F;o manch gema&#x0364;&#x017F;tet Schwein</l><lb/>
            <l>Fu&#x0364;llt Keller, Ku&#x0364;ch&#x2019; und Haus. Wenn wir des Scho&#x0364;pfers</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Segen</hi> </l><lb/>
            <l>Jn allem die&#x017F;em nicht mit Lu&#x017F;t und Dank erwegen;</l><lb/>
            <l>Sind wir den Schweinen gleich, die keines Eichbaums</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">achten,</hi> </l><lb/>
            <l>Wie &#x017F;u&#x0364;ß die Eicheln auch, die &#x017F;eine Zweig&#x2019; ihm brachten.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="108">
            <l>Ach la&#x017F;&#x017F;t von die&#x017F;em Vieh uns doch uns unter&#x017F;cheiden,</l><lb/>
            <l>Und ja des Undanks La&#x017F;ter meiden!</l><lb/>
            <l>Soll Der, von welchem man fa&#x017F;t ungeza&#x0364;l&#x2019;te Gaben</l><lb/>
            <l>An Narung, Notdurft, Lu&#x017F;t, Ver&#x017F;tand, Beqvemlichkeit</l><lb/>
            <l>Um&#x017F;on&#x017F;t empfa&#x0364;ngt, nicht ein&#x017F;t Zufriedenheit,</l><lb/>
            <l>Nicht ein&#x017F;t von uns ein dankbar Herze haben?</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Schluß.</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[491/0527] Und ſchneidet Weiden ab. Man driſcht, verſorgt das Vieh Mit Futter und mit Stroh. Der Jaͤger ſpuͤr’t im Schnee Dem Wild’ am beſten nach, und manches munt’re Reh, Und mancher Haſ’ und Wolf bezahlt ihm itzt die Muͤh. Der Gaͤrtner kann noch Kreß und Peterſilgen ſaͤen. Die Baͤume, die anitzt voll Moß und Unrat ſtehen, Beſchab’t und ſaͤubert er. Der Haus-Wirth ſchlachtet ein So manche fette Gans: ſo manch gemaͤſtet Schwein Fuͤllt Keller, Kuͤch’ und Haus. Wenn wir des Schoͤpfers Segen Jn allem dieſem nicht mit Luſt und Dank erwegen; Sind wir den Schweinen gleich, die keines Eichbaums achten, Wie ſuͤß die Eicheln auch, die ſeine Zweig’ ihm brachten. Ach laſſt von dieſem Vieh uns doch uns unterſcheiden, Und ja des Undanks Laſter meiden! Soll Der, von welchem man faſt ungezaͤl’te Gaben An Narung, Notdurft, Luſt, Verſtand, Beqvemlichkeit Umſonſt empfaͤngt, nicht einſt Zufriedenheit, Nicht einſt von uns ein dankbar Herze haben? Schluß.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/527
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/527>, abgerufen am 19.04.2024.