Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite
Seh' ich der Sonnen-Bluhme Pracht,
Und in derselbigen solch eine Sternen-Menge;
So denk' ich an das schimmernde Gepränge
Des funkelnden Gestirns in einer heitern Nacht:
Da nemlich (wie wir es nicht leugnen können)
Jn dem unendlich tief- und weiten Abgrunds-Thal
Viel helle Sonnen ohne Zahl
Jn unerlosch'nem Schimmer brennen:
Und wie wir solche Sterne nennen;
So sieht die Sonnen-Bluhm' auch Sternen-förmig aus,
Ja, wie die Sterne dort verschied'ner Grösse seyn,
So trifft auch dieß bey Sonnen-Bluhmen ein,
Jndem wir einige bey ihnen
Jn angenemen, holden, grünen,
So wie wir dort in blauen Gründen
Von dritter, anderer und erster Grösse finden.
Ach mögt' ich doch durch dieses Sternen-Bild
Mein Sinnen oft in jene Tiefe senken,
Und an die Majestät gedenken,
So die unendlich tiefe Gruft
Der unergründlich-weiten Luft
Mit hundert tausend Sonnen füllt,
Und welche Millionen Erden
Daß sie von ihrem Licht' erwärmt belebet werden,
Durch blosses Wollen macht!
Vor diesem hellen Glanz und wunderbarer Pracht
Des undurchdringlichen selbst-ständig ew'gen Lichts
Wird meine Sel' im Denken ganz zu Nichts.
Ach laß doch, grosses All, zu Deinem Ruhm allein
Auf solche Weis' in Dir mich oft vernichtigt seyn!


Die
Seh’ ich der Sonnen-Bluhme Pracht,
Und in derſelbigen ſolch eine Sternen-Menge;
So denk’ ich an das ſchimmernde Gepraͤnge
Des funkelnden Geſtirns in einer heitern Nacht:
Da nemlich (wie wir es nicht leugnen koͤnnen)
Jn dem unendlich tief- und weiten Abgrunds-Thal
Viel helle Sonnen ohne Zahl
Jn unerloſch’nem Schimmer brennen:
Und wie wir ſolche Sterne nennen;
So ſieht die Sonnen-Bluhm’ auch Sternen-foͤrmig aus,
Ja, wie die Sterne dort verſchied’ner Groͤſſe ſeyn,
So trifft auch dieß bey Sonnen-Bluhmen ein,
Jndem wir einige bey ihnen
Jn angenemen, holden, gruͤnen,
So wie wir dort in blauen Gruͤnden
Von dritter, anderer und erſter Groͤſſe finden.
Ach moͤgt’ ich doch durch dieſes Sternen-Bild
Mein Sinnen oft in jene Tiefe ſenken,
Und an die Majeſtaͤt gedenken,
So die unendlich tiefe Gruft
Der unergruͤndlich-weiten Luft
Mit hundert tauſend Sonnen fuͤllt,
Und welche Millionen Erden
Daß ſie von ihrem Licht’ erwaͤrmt belebet werden,
Durch bloſſes Wollen macht!
Vor dieſem hellen Glanz und wunderbarer Pracht
Des undurchdringlichen ſelbſt-ſtaͤndig ew’gen Lichts
Wird meine Sel’ im Denken ganz zu Nichts.
Ach laß doch, groſſes All, zu Deinem Ruhm allein
Auf ſolche Weiſ’ in Dir mich oft vernichtigt ſeyn!


Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0403" n="367"/>
          <lg n="36">
            <l>Seh&#x2019; ich der Sonnen-Bluhme Pracht,</l><lb/>
            <l>Und in der&#x017F;elbigen &#x017F;olch eine Sternen-Menge;</l><lb/>
            <l>So denk&#x2019; ich an das &#x017F;chimmernde Gepra&#x0364;nge</l><lb/>
            <l>Des funkelnden Ge&#x017F;tirns in einer heitern Nacht:</l><lb/>
            <l>Da nemlich (wie wir es nicht leugnen ko&#x0364;nnen)</l><lb/>
            <l>Jn dem unendlich tief- und weiten Abgrunds-Thal</l><lb/>
            <l>Viel helle Sonnen ohne Zahl</l><lb/>
            <l>Jn unerlo&#x017F;ch&#x2019;nem Schimmer brennen:</l><lb/>
            <l>Und wie wir &#x017F;olche Sterne nennen;</l><lb/>
            <l>So &#x017F;ieht die Sonnen-Bluhm&#x2019; auch Sternen-fo&#x0364;rmig aus,</l><lb/>
            <l>Ja, wie die Sterne dort ver&#x017F;chied&#x2019;ner Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;eyn,</l><lb/>
            <l>So trifft auch dieß bey Sonnen-Bluhmen ein,</l><lb/>
            <l>Jndem wir einige bey ihnen</l><lb/>
            <l>Jn angenemen, holden, gru&#x0364;nen,</l><lb/>
            <l>So wie wir dort in blauen Gru&#x0364;nden</l><lb/>
            <l>Von dritter, anderer und er&#x017F;ter Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e finden.</l><lb/>
            <l>Ach mo&#x0364;gt&#x2019; ich doch durch die&#x017F;es Sternen-Bild</l><lb/>
            <l>Mein Sinnen oft in jene Tiefe &#x017F;enken,</l><lb/>
            <l>Und an die Maje&#x017F;ta&#x0364;t gedenken,</l><lb/>
            <l>So die unendlich tiefe Gruft</l><lb/>
            <l>Der unergru&#x0364;ndlich-weiten Luft</l><lb/>
            <l>Mit hundert tau&#x017F;end Sonnen fu&#x0364;llt,</l><lb/>
            <l>Und welche Millionen Erden</l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ie von ihrem Licht&#x2019; erwa&#x0364;rmt belebet werden,</l><lb/>
            <l>Durch blo&#x017F;&#x017F;es Wollen macht!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="37">
            <l>Vor die&#x017F;em hellen Glanz und wunderbarer Pracht</l><lb/>
            <l>Des undurchdringlichen &#x017F;elb&#x017F;t-&#x017F;ta&#x0364;ndig ew&#x2019;gen Lichts</l><lb/>
            <l>Wird meine Sel&#x2019; im Denken ganz zu Nichts.</l><lb/>
            <l>Ach laß doch, gro&#x017F;&#x017F;es All, zu Deinem Ruhm allein</l><lb/>
            <l>Auf &#x017F;olche Wei&#x017F;&#x2019; in Dir mich oft vernichtigt &#x017F;eyn!</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Die</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[367/0403] Seh’ ich der Sonnen-Bluhme Pracht, Und in derſelbigen ſolch eine Sternen-Menge; So denk’ ich an das ſchimmernde Gepraͤnge Des funkelnden Geſtirns in einer heitern Nacht: Da nemlich (wie wir es nicht leugnen koͤnnen) Jn dem unendlich tief- und weiten Abgrunds-Thal Viel helle Sonnen ohne Zahl Jn unerloſch’nem Schimmer brennen: Und wie wir ſolche Sterne nennen; So ſieht die Sonnen-Bluhm’ auch Sternen-foͤrmig aus, Ja, wie die Sterne dort verſchied’ner Groͤſſe ſeyn, So trifft auch dieß bey Sonnen-Bluhmen ein, Jndem wir einige bey ihnen Jn angenemen, holden, gruͤnen, So wie wir dort in blauen Gruͤnden Von dritter, anderer und erſter Groͤſſe finden. Ach moͤgt’ ich doch durch dieſes Sternen-Bild Mein Sinnen oft in jene Tiefe ſenken, Und an die Majeſtaͤt gedenken, So die unendlich tiefe Gruft Der unergruͤndlich-weiten Luft Mit hundert tauſend Sonnen fuͤllt, Und welche Millionen Erden Daß ſie von ihrem Licht’ erwaͤrmt belebet werden, Durch bloſſes Wollen macht! Vor dieſem hellen Glanz und wunderbarer Pracht Des undurchdringlichen ſelbſt-ſtaͤndig ew’gen Lichts Wird meine Sel’ im Denken ganz zu Nichts. Ach laß doch, groſſes All, zu Deinem Ruhm allein Auf ſolche Weiſ’ in Dir mich oft vernichtigt ſeyn! Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/403
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/403>, abgerufen am 24.04.2024.