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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

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Von Stämmen, Blättern und von Zweigen,
Die sich von oben abwärts neigen,
Und, um uns ihre Pracht recht deutlich auszudrücken,
Den grünen Boden lieblich schmücken.
Das sanfte Licht, so allgemein
Mit einem grünlich grauen Schein
Die schon bethau'ten Felder deckte,
Und sich, so weit man sah, erstreckte,
Vergnüg'te mich
Recht inniglich.

Durch dieses holde Licht, womit sich klare Schatten
So angenem vermenget hatten,
Zusamt der Stille Süssigkeit,
Schien mir in uns'rer Welt
Ein' and're Welt fast vorgestell't:
Denn durch des sansten Licht's ganz ungewissen Schein
Schien jeder Vorwurf ungewiß,
Und geistig mehr als cörperlich, zu seyn.
Von den erdichteten Eliser-Auen
War gleichsam hier, in still- und lichter Finsterniß,
Das stille Schatten-Reich im Schatten-Riß zu schauen.
Doch ohne Scherz. Durch ein so reines Licht
Empfindet man, wie durchs Gesicht
Ein reizendes Vergnügen dringet,
Das fast ein' überird'sche Lust
Der dadurch ganz erfüllten Brust,
Jn süsser Stille, bringet.
Es fängt der angeneme Glanz
Allmälich an, sich durch die Sehnen
Jm ganzen Cörper auszudehnen.
Dann wird ein achtsam Aug', ein frommes Herze, ganz
Von Andachts-Flammen angezündet,

Jndem

Von Staͤmmen, Blaͤttern und von Zweigen,
Die ſich von oben abwaͤrts neigen,
Und, um uns ihre Pracht recht deutlich auszudruͤcken,
Den gruͤnen Boden lieblich ſchmuͤcken.
Das ſanfte Licht, ſo allgemein
Mit einem gruͤnlich grauen Schein
Die ſchon bethau’ten Felder deckte,
Und ſich, ſo weit man ſah, erſtreckte,
Vergnuͤg’te mich
Recht inniglich.

Durch dieſes holde Licht, womit ſich klare Schatten
So angenem vermenget hatten,
Zuſamt der Stille Suͤſſigkeit,
Schien mir in unſ’rer Welt
Ein’ and’re Welt faſt vorgeſtell’t:
Denn durch des ſanſten Licht’s ganz ungewiſſen Schein
Schien jeder Vorwurf ungewiß,
Und geiſtig mehr als coͤrperlich, zu ſeyn.
Von den erdichteten Eliſer-Auen
War gleichſam hier, in ſtill- und lichter Finſterniß,
Das ſtille Schatten-Reich im Schatten-Riß zu ſchauen.
Doch ohne Scherz. Durch ein ſo reines Licht
Empfindet man, wie durchs Geſicht
Ein reizendes Vergnuͤgen dringet,
Das faſt ein’ uͤberird’ſche Luſt
Der dadurch ganz erfuͤllten Bruſt,
Jn ſuͤſſer Stille, bringet.
Es faͤngt der angeneme Glanz
Allmaͤlich an, ſich durch die Sehnen
Jm ganzen Coͤrper auszudehnen.
Dann wird ein achtſam Aug’, ein frommes Herze, ganz
Von Andachts-Flammen angezuͤndet,

Jndem
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[132/0168] Von Staͤmmen, Blaͤttern und von Zweigen, Die ſich von oben abwaͤrts neigen, Und, um uns ihre Pracht recht deutlich auszudruͤcken, Den gruͤnen Boden lieblich ſchmuͤcken. Das ſanfte Licht, ſo allgemein Mit einem gruͤnlich grauen Schein Die ſchon bethau’ten Felder deckte, Und ſich, ſo weit man ſah, erſtreckte, Vergnuͤg’te mich Recht inniglich. Durch dieſes holde Licht, womit ſich klare Schatten So angenem vermenget hatten, Zuſamt der Stille Suͤſſigkeit, Schien mir in unſ’rer Welt Ein’ and’re Welt faſt vorgeſtell’t: Denn durch des ſanſten Licht’s ganz ungewiſſen Schein Schien jeder Vorwurf ungewiß, Und geiſtig mehr als coͤrperlich, zu ſeyn. Von den erdichteten Eliſer-Auen War gleichſam hier, in ſtill- und lichter Finſterniß, Das ſtille Schatten-Reich im Schatten-Riß zu ſchauen. Doch ohne Scherz. Durch ein ſo reines Licht Empfindet man, wie durchs Geſicht Ein reizendes Vergnuͤgen dringet, Das faſt ein’ uͤberird’ſche Luſt Der dadurch ganz erfuͤllten Bruſt, Jn ſuͤſſer Stille, bringet. Es faͤngt der angeneme Glanz Allmaͤlich an, ſich durch die Sehnen Jm ganzen Coͤrper auszudehnen. Dann wird ein achtſam Aug’, ein frommes Herze, ganz Von Andachts-Flammen angezuͤndet, Jndem

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/168>, abgerufen am 19.04.2024.