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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

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Stets ist, und dennoch stets vergehet,
Das immer sich beweg't, sich bricht und nimmer ruht.
Es hüpft, es springt, es sprütz't, es scheint zu leben,
Und, kleinen weissen Flammen gleich,
Sich selber in die Höh zu heben.

Rings um den regen Ort sieht man dieselbe Stelle
Durch Wellen, die daselbst kurz, recht wie Schuppen, gehn,
Nicht einen Augenblick in einer Farbe stehn.
Bald ist sie bräunlich rot, bald grünlich helle,
Bald plötzlich Silber-weiß.
Zuletzt beruhiget sich allgemach
Das rege Naß; es zeugt sich nach und nach
Manch sich vergrössernder und stets beweg'ter Kreis.
Die Cirkel scheinen zwar vom Mittel abzuwallen,
Und allgemach sich zu erheben,
Da sie jedoch, wenn wir darauf recht Achtung geben,
Nach ihrem Mittel-Punct beständig wieder fallen.
Die sanft-erreg'te Glätte zeiget,
Jndem sie sich gemach bald heb't, bald neiget,
Der schön'sten Farben Glanz; es sind allhier
Der irdische Smaragd, der himmlische Sapphir
Blau, licht- und dunkel-grün, weiß, hell und dunkel-braun
Recht wunderbar vermischt, vereinigt und verwirret.
Wo kurz vorher die Augen Schatten schau'n,
Verspüren sie, daß sie geirret.
Denn es ist weiß daselbst, nein wieder braun, nein grün,
Nachdem die Kreise sich in rege Spitzen ziehn
Dadurch, daß oft ein Kreis den andern unterbricht.
Auf vielen dunkel-braunen Stellen
Formir'ten weißlich-grüne Wellen
Die schön'sten Cirkel von Smaragd,
Die denn, je näher sie dem grünen Ufer kamen,
Von seiner grün-beblühmten Pracht
Stets deutlicher so Farb' als Bildung namen.
Bestral't
II. Theil. H

Stets iſt, und dennoch ſtets vergehet,
Das immer ſich beweg’t, ſich bricht und nimmer ruht.
Es huͤpft, es ſpringt, es ſpruͤtz’t, es ſcheint zu leben,
Und, kleinen weiſſen Flammen gleich,
Sich ſelber in die Hoͤh zu heben.

Rings um den regen Ort ſieht man dieſelbe Stelle
Durch Wellen, die daſelbſt kurz, recht wie Schuppen, gehn,
Nicht einen Augenblick in einer Farbe ſtehn.
Bald iſt ſie braͤunlich rot, bald gruͤnlich helle,
Bald ploͤtzlich Silber-weiß.
Zuletzt beruhiget ſich allgemach
Das rege Naß; es zeugt ſich nach und nach
Manch ſich vergroͤſſernder und ſtets beweg’ter Kreis.
Die Cirkel ſcheinen zwar vom Mittel abzuwallen,
Und allgemach ſich zu erheben,
Da ſie jedoch, wenn wir darauf recht Achtung geben,
Nach ihrem Mittel-Punct beſtaͤndig wieder fallen.
Die ſanft-erreg’te Glaͤtte zeiget,
Jndem ſie ſich gemach bald heb’t, bald neiget,
Der ſchoͤn’ſten Farben Glanz; es ſind allhier
Der irdiſche Smaragd, der himmliſche Sapphir
Blau, licht- und dunkel-gruͤn, weiß, hell und dunkel-braun
Recht wunderbar vermiſcht, vereinigt und verwirret.
Wo kurz vorher die Augen Schatten ſchau’n,
Verſpuͤren ſie, daß ſie geirret.
Denn es iſt weiß daſelbſt, nein wieder braun, nein gruͤn,
Nachdem die Kreiſe ſich in rege Spitzen ziehn
Dadurch, daß oft ein Kreis den andern unterbricht.
Auf vielen dunkel-braunen Stellen
Formir’ten weißlich-gruͤne Wellen
Die ſchoͤn’ſten Cirkel von Smaragd,
Die denn, je naͤher ſie dem gruͤnen Ufer kamen,
Von ſeiner gruͤn-bebluͤhmten Pracht
Stets deutlicher ſo Farb’ als Bildung namen.
Beſtral’t
II. Theil. H
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[113/0149] Stets iſt, und dennoch ſtets vergehet, Das immer ſich beweg’t, ſich bricht und nimmer ruht. Es huͤpft, es ſpringt, es ſpruͤtz’t, es ſcheint zu leben, Und, kleinen weiſſen Flammen gleich, Sich ſelber in die Hoͤh zu heben. Rings um den regen Ort ſieht man dieſelbe Stelle Durch Wellen, die daſelbſt kurz, recht wie Schuppen, gehn, Nicht einen Augenblick in einer Farbe ſtehn. Bald iſt ſie braͤunlich rot, bald gruͤnlich helle, Bald ploͤtzlich Silber-weiß. Zuletzt beruhiget ſich allgemach Das rege Naß; es zeugt ſich nach und nach Manch ſich vergroͤſſernder und ſtets beweg’ter Kreis. Die Cirkel ſcheinen zwar vom Mittel abzuwallen, Und allgemach ſich zu erheben, Da ſie jedoch, wenn wir darauf recht Achtung geben, Nach ihrem Mittel-Punct beſtaͤndig wieder fallen. Die ſanft-erreg’te Glaͤtte zeiget, Jndem ſie ſich gemach bald heb’t, bald neiget, Der ſchoͤn’ſten Farben Glanz; es ſind allhier Der irdiſche Smaragd, der himmliſche Sapphir Blau, licht- und dunkel-gruͤn, weiß, hell und dunkel-braun Recht wunderbar vermiſcht, vereinigt und verwirret. Wo kurz vorher die Augen Schatten ſchau’n, Verſpuͤren ſie, daß ſie geirret. Denn es iſt weiß daſelbſt, nein wieder braun, nein gruͤn, Nachdem die Kreiſe ſich in rege Spitzen ziehn Dadurch, daß oft ein Kreis den andern unterbricht. Auf vielen dunkel-braunen Stellen Formir’ten weißlich-gruͤne Wellen Die ſchoͤn’ſten Cirkel von Smaragd, Die denn, je naͤher ſie dem gruͤnen Ufer kamen, Von ſeiner gruͤn-bebluͤhmten Pracht Stets deutlicher ſo Farb’ als Bildung namen. Beſtral’t II. Theil. H

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/149>, abgerufen am 28.03.2024.