Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite

Es hat ein ander grün ein Maulbeer- und ein Pflaum-
Ein Birn- ein Nuß- ein Apfel-Baum,
Der Stachel-Beeren-Busch, die Holder.
Es gleichet sich das Laub der Kirschen
An Farbe nicht den Blättern rauher Pfirschen.
Verschied'ne grüne Farben zeigen
Der Quitten-Baum, Castanien und Feigen.
Die Tannen, Ypern, Birken, Eichen
Sind alle grün, ob sie sich gleich nicht gleichen.
Welch ein verschied'nes Grün bedeckt die dunk'len Binsen,
Und welch ein gelbliches die hellen Wasser-Linsen?
Was trifft man nicht für mannigfaltig grün
An Bluhmen und an Kräutern an?
Wie unterscheiden sich die Blätter am Jasmin,
An Liljen, an Meliss', an Münz' und Majoran?

Wenn solch ein tausendfaches Grün
Die Augen in Verwund'rung setzet;
Glaub' ich, daß ich dem Schöpfer dien,
Wenn sich mein Herz daran ergetzet.
Ach GOtt, Du Urqvell aller Lust,
Ach GOtt, Du Geber aller Gaben,
Ach laß an Dir mich Sel' und Brust
Mit Ehrfurchts-voller Freude laben!
Gib, daß, so oft ich's Grüne sehe,
Es Dir zur Ehr', in meiner Lust, geschehe!


Fra-
G 2

Es hat ein ander gruͤn ein Maulbeer- und ein Pflaum-
Ein Birn- ein Nuß- ein Apfel-Baum,
Der Stachel-Beeren-Buſch, die Holder.
Es gleichet ſich das Laub der Kirſchen
An Farbe nicht den Blaͤttern rauher Pfirſchen.
Verſchied’ne gruͤne Farben zeigen
Der Quitten-Baum, Caſtanien und Feigen.
Die Tannen, Ypern, Birken, Eichen
Sind alle gruͤn, ob ſie ſich gleich nicht gleichen.
Welch ein verſchied’nes Gruͤn bedeckt die dunk’len Binſen,
Und welch ein gelbliches die hellen Waſſer-Linſen?
Was trifft man nicht fuͤr mannigfaltig gruͤn
An Bluhmen und an Kraͤutern an?
Wie unterſcheiden ſich die Blaͤtter am Jaſmin,
An Liljen, an Meliſſ’, an Muͤnz’ und Majoran?

Wenn ſolch ein tauſendfaches Gruͤn
Die Augen in Verwund’rung ſetzet;
Glaub’ ich, daß ich dem Schoͤpfer dien,
Wenn ſich mein Herz daran ergetzet.
Ach GOtt, Du Urqvell aller Luſt,
Ach GOtt, Du Geber aller Gaben,
Ach laß an Dir mich Sel’ und Bruſt
Mit Ehrfurchts-voller Freude laben!
Gib, daß, ſo oft ich’s Gruͤne ſehe,
Es Dir zur Ehr’, in meiner Luſt, geſchehe!


Fra-
G 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="1">
            <l><pb facs="#f0135" n="99"/>
Es hat ein ander gru&#x0364;n ein Maulbeer- und ein Pflaum-</l><lb/>
            <l>Ein Birn- ein Nuß- ein Apfel-Baum,</l><lb/>
            <l>Der Stachel-Beeren-Bu&#x017F;ch, die Holder.</l><lb/>
            <l>Es gleichet &#x017F;ich das Laub der Kir&#x017F;chen</l><lb/>
            <l>An Farbe nicht den Bla&#x0364;ttern rauher Pfir&#x017F;chen.</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;chied&#x2019;ne gru&#x0364;ne Farben zeigen</l><lb/>
            <l>Der Quitten-Baum, Ca&#x017F;tanien und Feigen.</l><lb/>
            <l>Die Tannen, Ypern, Birken, Eichen</l><lb/>
            <l>Sind alle gru&#x0364;n, ob &#x017F;ie &#x017F;ich gleich nicht gleichen.</l><lb/>
            <l>Welch ein ver&#x017F;chied&#x2019;nes Gru&#x0364;n bedeckt die dunk&#x2019;len Bin&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Und welch ein gelbliches die hellen Wa&#x017F;&#x017F;er-Lin&#x017F;en?</l><lb/>
            <l>Was trifft man nicht fu&#x0364;r mannigfaltig gru&#x0364;n</l><lb/>
            <l>An Bluhmen und an Kra&#x0364;utern an?</l><lb/>
            <l>Wie unter&#x017F;cheiden &#x017F;ich die Bla&#x0364;tter am Ja&#x017F;min,</l><lb/>
            <l>An Liljen, an Meli&#x017F;&#x017F;&#x2019;, an Mu&#x0364;nz&#x2019; und Majoran?</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Wenn &#x017F;olch ein tau&#x017F;endfaches Gru&#x0364;n</l><lb/>
            <l>Die Augen in Verwund&#x2019;rung &#x017F;etzet;</l><lb/>
            <l>Glaub&#x2019; ich, daß ich dem Scho&#x0364;pfer dien,</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ich mein Herz daran ergetzet.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Ach GOtt, Du Urqvell aller Lu&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Ach GOtt, Du Geber aller Gaben,</l><lb/>
            <l>Ach laß an Dir mich Sel&#x2019; und Bru&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Mit Ehrfurchts-voller Freude laben!</l><lb/>
            <l>Gib, daß, &#x017F;o oft ich&#x2019;s Gru&#x0364;ne &#x017F;ehe,</l><lb/>
            <l>Es Dir zur Ehr&#x2019;, in meiner Lu&#x017F;t, ge&#x017F;chehe!</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig"> <hi rendition="#b">G 2</hi> </fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Fra-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0135] Es hat ein ander gruͤn ein Maulbeer- und ein Pflaum- Ein Birn- ein Nuß- ein Apfel-Baum, Der Stachel-Beeren-Buſch, die Holder. Es gleichet ſich das Laub der Kirſchen An Farbe nicht den Blaͤttern rauher Pfirſchen. Verſchied’ne gruͤne Farben zeigen Der Quitten-Baum, Caſtanien und Feigen. Die Tannen, Ypern, Birken, Eichen Sind alle gruͤn, ob ſie ſich gleich nicht gleichen. Welch ein verſchied’nes Gruͤn bedeckt die dunk’len Binſen, Und welch ein gelbliches die hellen Waſſer-Linſen? Was trifft man nicht fuͤr mannigfaltig gruͤn An Bluhmen und an Kraͤutern an? Wie unterſcheiden ſich die Blaͤtter am Jaſmin, An Liljen, an Meliſſ’, an Muͤnz’ und Majoran? Wenn ſolch ein tauſendfaches Gruͤn Die Augen in Verwund’rung ſetzet; Glaub’ ich, daß ich dem Schoͤpfer dien, Wenn ſich mein Herz daran ergetzet. Ach GOtt, Du Urqvell aller Luſt, Ach GOtt, Du Geber aller Gaben, Ach laß an Dir mich Sel’ und Bruſt Mit Ehrfurchts-voller Freude laben! Gib, daß, ſo oft ich’s Gruͤne ſehe, Es Dir zur Ehr’, in meiner Luſt, geſchehe! Fra- G 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/135
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/135>, abgerufen am 24.04.2024.