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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Elaphrus riparius. Dammkäfer. Gartenlaufkäfer. Goldhenne.
Carabus. Die elf Arten, welche man bis jetzt kennt, leben vorzugsweise in Gebirgswäldern, wo
man sie durch ausgelegte Fleischköder fängt, und haben ein ziemlich beschränktes Verbreitungs-
gebiet: das südliche Europa, die Gegenden des Kaukasus, Kleinasien, Persien und Egypten, nur
eine Art (scabrosus) versteigt sich bis zu den Piemontesischen Alpen. Die nächst kräftigste
Gattung Procrustes (16 Linien), deren Kopf mit dem Gebiß in Fig. 5 auf S. 4 abgebildet
wurde, unterscheidet sich kaum generisch von Carabus, es sei denn, daß der Kinnzahn hier meist
stumpf, dort spitz, die Oberlippe hier drei-, dort zweilappig ist. Ein wenig anderes Aussehen,
wie die matt schwarze Färbung und die etwas rauhen Flügeldecken kommen noch hinzu, letztere
pflegen bei Carabus glatt oder regelmäßig punktstreifig zu sein, auch zu glänzen, häufig lebhaft
metallisch. Mit Ausschluß des P. coriaceus, welcher bis zum Harze vorkommt, leben die Arten
im südlichen Europa, dem westlichen Asien und im Norden Afrikas. Die Gattung Carabus
wurde eigentlich schon charakterisirt beim Procerus gigas, nur daß hier sich beim Männchen zum
Unterschiede von seinem Weibchen die vier letzten Tarsenglieder der Vorderbeine stark erweitern
und mit einer befilzten Sohle versehen sind. Die zahlreichen Arten, von denen die meisten wegen
Mangel der Flügel nur auf das Laufen angewiesen sind, treiben des Nachts ihr Räuberhandwerk,
manche lassen sich jedoch bei Sonnenschein in ihren Revieren auch am Tage erblicken und laufen
geschäftig auf Feldern, beschatteten Wegen im Wald und gewisse Arten in Gärten umher, spüren
den Regenwürmern, Schnecken und anderen Jnsekten nach und werden durch Vertilgung manchen
Ungeziefers zu nützlichen Thieren. Die Gewohnheit, einen braunen, übelriechenden Saft reichlich
aus dem Maule von sich zu geben, wenn man sie zwischen die Finger nimmt, hat schon manchen
unangenehm berührt, der ihre nähere Bekanntschaft machen wollte. Der Sammler weiß sie unter
Steinen und in alten faulen Baumstumpfen der Wälder aufzusuchen und trifft sie besonders hier
manchmal in zahlreichen Gesellschaften bei einander. Die wenigen Larven, welche man kennt,
sind rücklings glänzend schwarz und von horniger Beschaffenheit, eine eingedrückte Längslinie läuft
über den Rücken, und zwei Anhänge, verschieden bei den verschiedenen Arten, helfen am Ende
des Leibes als Nachschieber. Die mehr denn dreihundert Arten lassen sich nach der sehr mannig-
faltigen Skulptur ihrer Flügeldecken gruppiren. Wir haben hier den Linne'schen Carabus
hortensis,
"den Gartenlaufkäfer" abgebildet, welchen Fabricius C. gemmatus nannte, und welcher
sich häufiger auf Feldern, als in Gärten finden dürfte. Seine
[Abbildung] a. Der Gartenlaufkäfer (Carabus hor-
tensis, h.
Larve der Goldhenne
(C. auratus).
metallisch schwarze Färbung, die fein liniirten Flügeldecken,
deren kupferglänzende Außenränder und drei Reihen ebenso
gefärbter Grübchen durch die Fläche einer jeden machen ihn
leicht kenntlich. Daneben steht die Larve der Goldhenne
des Carabus auratus, der im westlichen Europa auf den
Feldern in großer Menge angetroffen wird, aber in der
wittenberger Gegend, der Mark Brandenburg und in Pom-
mern so gut wie ganz fehlt -- in Preußen tritt er wieder
auf. Seine Oberseite ist goldig grün, Beine und Fühler-
wurzel roth, auf jeder der sein querrunzeligen Flügeldecken
erheben sich drei stumpfe Längsleisten. Herr Klingelhöffel
in Darmstadt erzählt eine interessante Beobachtung, die
entschieden von Nachdenken bei diesem Thiere Zeugniß ablegt,
wie folgt: "Jn meinem Garten, unweit der Bank, auf
welcher ich mich niedergelassen hatte, lag ein Maikäfer auf dem Rücken und bemühte sich umsonst,
wieder auf die Beine zu kommen. Unterdessen erschien aus dem nahen Bosquet ein Carabus
auratus,
fiel über den Maikäfer her und balgte sich unter großen Anstrengungen von beiden
Seiten mindestens fünf Minuten mit demselben herum, ohne ihn bezwingen zu können, wovon
er sich zuletzt zu überzeugen schien; denn er verließ ihn bei einer passenden Gelegenheit und eilte

Elaphrus riparius. Dammkäfer. Gartenlaufkäfer. Goldhenne.
Carabus. Die elf Arten, welche man bis jetzt kennt, leben vorzugsweiſe in Gebirgswäldern, wo
man ſie durch ausgelegte Fleiſchköder fängt, und haben ein ziemlich beſchränktes Verbreitungs-
gebiet: das ſüdliche Europa, die Gegenden des Kaukaſus, Kleinaſien, Perſien und Egypten, nur
eine Art (scabrosus) verſteigt ſich bis zu den Piemonteſiſchen Alpen. Die nächſt kräftigſte
Gattung Procrustes (16 Linien), deren Kopf mit dem Gebiß in Fig. 5 auf S. 4 abgebildet
wurde, unterſcheidet ſich kaum generiſch von Carabus, es ſei denn, daß der Kinnzahn hier meiſt
ſtumpf, dort ſpitz, die Oberlippe hier drei-, dort zweilappig iſt. Ein wenig anderes Ausſehen,
wie die matt ſchwarze Färbung und die etwas rauhen Flügeldecken kommen noch hinzu, letztere
pflegen bei Carabus glatt oder regelmäßig punktſtreifig zu ſein, auch zu glänzen, häufig lebhaft
metalliſch. Mit Ausſchluß des P. coriaceus, welcher bis zum Harze vorkommt, leben die Arten
im ſüdlichen Europa, dem weſtlichen Aſien und im Norden Afrikas. Die Gattung Carabus
wurde eigentlich ſchon charakteriſirt beim Procerus gigas, nur daß hier ſich beim Männchen zum
Unterſchiede von ſeinem Weibchen die vier letzten Tarſenglieder der Vorderbeine ſtark erweitern
und mit einer befilzten Sohle verſehen ſind. Die zahlreichen Arten, von denen die meiſten wegen
Mangel der Flügel nur auf das Laufen angewieſen ſind, treiben des Nachts ihr Räuberhandwerk,
manche laſſen ſich jedoch bei Sonnenſchein in ihren Revieren auch am Tage erblicken und laufen
geſchäftig auf Feldern, beſchatteten Wegen im Wald und gewiſſe Arten in Gärten umher, ſpüren
den Regenwürmern, Schnecken und anderen Jnſekten nach und werden durch Vertilgung manchen
Ungeziefers zu nützlichen Thieren. Die Gewohnheit, einen braunen, übelriechenden Saft reichlich
aus dem Maule von ſich zu geben, wenn man ſie zwiſchen die Finger nimmt, hat ſchon manchen
unangenehm berührt, der ihre nähere Bekanntſchaft machen wollte. Der Sammler weiß ſie unter
Steinen und in alten faulen Baumſtumpfen der Wälder aufzuſuchen und trifft ſie beſonders hier
manchmal in zahlreichen Geſellſchaften bei einander. Die wenigen Larven, welche man kennt,
ſind rücklings glänzend ſchwarz und von horniger Beſchaffenheit, eine eingedrückte Längslinie läuft
über den Rücken, und zwei Anhänge, verſchieden bei den verſchiedenen Arten, helfen am Ende
des Leibes als Nachſchieber. Die mehr denn dreihundert Arten laſſen ſich nach der ſehr mannig-
faltigen Skulptur ihrer Flügeldecken gruppiren. Wir haben hier den Linné’ſchen Carabus
hortensis,
„den Gartenlaufkäfer“ abgebildet, welchen Fabricius C. gemmatus nannte, und welcher
ſich häufiger auf Feldern, als in Gärten finden dürfte. Seine
[Abbildung] a. Der Gartenlaufkäfer (Carabus hor-
tensis, h.
Larve der Goldhenne
(C. auratus).
metalliſch ſchwarze Färbung, die fein liniirten Flügeldecken,
deren kupferglänzende Außenränder und drei Reihen ebenſo
gefärbter Grübchen durch die Fläche einer jeden machen ihn
leicht kenntlich. Daneben ſteht die Larve der Goldhenne
des Carabus auratus, der im weſtlichen Europa auf den
Feldern in großer Menge angetroffen wird, aber in der
wittenberger Gegend, der Mark Brandenburg und in Pom-
mern ſo gut wie ganz fehlt — in Preußen tritt er wieder
auf. Seine Oberſeite iſt goldig grün, Beine und Fühler-
wurzel roth, auf jeder der ſein querrunzeligen Flügeldecken
erheben ſich drei ſtumpfe Längsleiſten. Herr Klingelhöffel
in Darmſtadt erzählt eine intereſſante Beobachtung, die
entſchieden von Nachdenken bei dieſem Thiere Zeugniß ablegt,
wie folgt: „Jn meinem Garten, unweit der Bank, auf
welcher ich mich niedergelaſſen hatte, lag ein Maikäfer auf dem Rücken und bemühte ſich umſonſt,
wieder auf die Beine zu kommen. Unterdeſſen erſchien aus dem nahen Bosquet ein Carabus
auratus,
fiel über den Maikäfer her und balgte ſich unter großen Anſtrengungen von beiden
Seiten mindeſtens fünf Minuten mit demſelben herum, ohne ihn bezwingen zu können, wovon
er ſich zuletzt zu überzeugen ſchien; denn er verließ ihn bei einer paſſenden Gelegenheit und eilte

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[31/0045] Elaphrus riparius. Dammkäfer. Gartenlaufkäfer. Goldhenne. Carabus. Die elf Arten, welche man bis jetzt kennt, leben vorzugsweiſe in Gebirgswäldern, wo man ſie durch ausgelegte Fleiſchköder fängt, und haben ein ziemlich beſchränktes Verbreitungs- gebiet: das ſüdliche Europa, die Gegenden des Kaukaſus, Kleinaſien, Perſien und Egypten, nur eine Art (scabrosus) verſteigt ſich bis zu den Piemonteſiſchen Alpen. Die nächſt kräftigſte Gattung Procrustes (16 Linien), deren Kopf mit dem Gebiß in Fig. 5 auf S. 4 abgebildet wurde, unterſcheidet ſich kaum generiſch von Carabus, es ſei denn, daß der Kinnzahn hier meiſt ſtumpf, dort ſpitz, die Oberlippe hier drei-, dort zweilappig iſt. Ein wenig anderes Ausſehen, wie die matt ſchwarze Färbung und die etwas rauhen Flügeldecken kommen noch hinzu, letztere pflegen bei Carabus glatt oder regelmäßig punktſtreifig zu ſein, auch zu glänzen, häufig lebhaft metalliſch. Mit Ausſchluß des P. coriaceus, welcher bis zum Harze vorkommt, leben die Arten im ſüdlichen Europa, dem weſtlichen Aſien und im Norden Afrikas. Die Gattung Carabus wurde eigentlich ſchon charakteriſirt beim Procerus gigas, nur daß hier ſich beim Männchen zum Unterſchiede von ſeinem Weibchen die vier letzten Tarſenglieder der Vorderbeine ſtark erweitern und mit einer befilzten Sohle verſehen ſind. Die zahlreichen Arten, von denen die meiſten wegen Mangel der Flügel nur auf das Laufen angewieſen ſind, treiben des Nachts ihr Räuberhandwerk, manche laſſen ſich jedoch bei Sonnenſchein in ihren Revieren auch am Tage erblicken und laufen geſchäftig auf Feldern, beſchatteten Wegen im Wald und gewiſſe Arten in Gärten umher, ſpüren den Regenwürmern, Schnecken und anderen Jnſekten nach und werden durch Vertilgung manchen Ungeziefers zu nützlichen Thieren. Die Gewohnheit, einen braunen, übelriechenden Saft reichlich aus dem Maule von ſich zu geben, wenn man ſie zwiſchen die Finger nimmt, hat ſchon manchen unangenehm berührt, der ihre nähere Bekanntſchaft machen wollte. Der Sammler weiß ſie unter Steinen und in alten faulen Baumſtumpfen der Wälder aufzuſuchen und trifft ſie beſonders hier manchmal in zahlreichen Geſellſchaften bei einander. Die wenigen Larven, welche man kennt, ſind rücklings glänzend ſchwarz und von horniger Beſchaffenheit, eine eingedrückte Längslinie läuft über den Rücken, und zwei Anhänge, verſchieden bei den verſchiedenen Arten, helfen am Ende des Leibes als Nachſchieber. Die mehr denn dreihundert Arten laſſen ſich nach der ſehr mannig- faltigen Skulptur ihrer Flügeldecken gruppiren. Wir haben hier den Linné’ſchen Carabus hortensis, „den Gartenlaufkäfer“ abgebildet, welchen Fabricius C. gemmatus nannte, und welcher ſich häufiger auf Feldern, als in Gärten finden dürfte. Seine [Abbildung a. Der Gartenlaufkäfer (Carabus hor- tensis, h. Larve der Goldhenne (C. auratus).] metalliſch ſchwarze Färbung, die fein liniirten Flügeldecken, deren kupferglänzende Außenränder und drei Reihen ebenſo gefärbter Grübchen durch die Fläche einer jeden machen ihn leicht kenntlich. Daneben ſteht die Larve der Goldhenne des Carabus auratus, der im weſtlichen Europa auf den Feldern in großer Menge angetroffen wird, aber in der wittenberger Gegend, der Mark Brandenburg und in Pom- mern ſo gut wie ganz fehlt — in Preußen tritt er wieder auf. Seine Oberſeite iſt goldig grün, Beine und Fühler- wurzel roth, auf jeder der ſein querrunzeligen Flügeldecken erheben ſich drei ſtumpfe Längsleiſten. Herr Klingelhöffel in Darmſtadt erzählt eine intereſſante Beobachtung, die entſchieden von Nachdenken bei dieſem Thiere Zeugniß ablegt, wie folgt: „Jn meinem Garten, unweit der Bank, auf welcher ich mich niedergelaſſen hatte, lag ein Maikäfer auf dem Rücken und bemühte ſich umſonſt, wieder auf die Beine zu kommen. Unterdeſſen erſchien aus dem nahen Bosquet ein Carabus auratus, fiel über den Maikäfer her und balgte ſich unter großen Anſtrengungen von beiden Seiten mindeſtens fünf Minuten mit demſelben herum, ohne ihn bezwingen zu können, wovon er ſich zuletzt zu überzeugen ſchien; denn er verließ ihn bei einer paſſenden Gelegenheit und eilte

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/45>, abgerufen am 18.04.2024.