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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Späher. Klettervögel. Töpfervögel.

Der Höhlenkleiber bewohnt nach Kittlitz ziemlich häufig die dürren Ebenen Chiles, nach
Orbigny die Ebenen der argentinischen Republick und Patagoniens, sowie die Hochebenen der Cor-
dillera von Bolivia, welche zwischen 3500 bis 4500 Metres über dem Meere liegen. Kittlitz
sagt, daß der Vogel im ganzen die Lebensart der Lerchen habe, und auf dürren Stellen sowohl einzeln,
als in kleinen Gesellschaften angetroffen werde. "Sein röthlich- weißgraues Gefieder, sowie das
fahle Rostroth der mittleren Schwungfedern, das im Fluge besonders sichtbar wird, entspricht der
Farbe des Bodens sehr eigenthümlich. Niemals sah ich ihn auf Büsche sich setzen. Den Schwanz
bewegt er im Gehen fast beständig auf und ab, wie der Steinschmätzer, doch ohne ihn auszubreiten."
Er gleicht dem Töpfervogel in manchen Beziehungen, nicht blos in der röthlichen Schattirung des
ganzen Gefieders, sondern auch hinsichtlich des eigenthümlich durchdringenden, oft wiederholten
Geschreies, seiner drolligen Weise, in Absätzen zu laufen u. s. w. Wegen dieser Verwandtschaft nennen
ihn die Spanier "Casarita" (kleiner Baumeister), obgleich der Nestbau sehr verschieden von dem des
Töpfervogels ist. Er baut das Nest auf dem Grunde einer engen, runden Höhle, welche sich wagerecht
nahe an sechs Fuß unter der Erde erstrecken soll. "Einige Landleute erzählten mir", sagt Darwin, "daß
die Knaben oft versucht hätten, das Nest auszugraben, aber niemals bis zum Ende gekommen seien.
Der Vogel wählt eine niedrige Bank in festem sandigen Boden an der Seite eines Weges oder eines
Flusses. Hier (in Bahia blanca) sind die Mauern aus hartem Lehm gebaut. Jch bemerkte, daß
eine, welche den Hof meines Wohnhauses einschloß, an mehreren Stellen eine Menge runder Löcher
zeigte. Als ich den Eigenthümer des Hauses nach der Ursache fragte, beschwerte er sich bitter über
den Höhlenkleiber, und ich sah später auch wirklich mehrere dieser Vögel bei ihrer Arbeit. Sehr
sonderbar ist, daß sie durchaus keine Vorstellung von Dicke bekommen können; denn sonst würden sie
nicht so viele vergebliche Versuche gemacht haben, in die Lehmmauern, deren Stärke sie durch ihr fort-
währendes Hin- und Herfliegen kennen müßten, ihre Nestergänge zu bohren. Jch bezweifle nicht,
daß jeder Vogel, so oft er auf der entgegengesetzten Seite ans Tageslicht kam, im höchsten Grade über
die merkwürdige Sache erstaunte." Gray, welcher das Vorstehende wiedergibt, fügt hinzu, daß der
Höhlenkleiber sehr zahm, ruhig und einsam lebt, aber in Bewegung ist vom frühesten Morgen bis
zum spätesten Abend. Aufgescheucht fliegt er nur eine kurze Strecke weit, setzt sich bald nieder und
hält oft so aus, daß er sich durch den vorüberfahrenden Wagen bestäuben läßt, ohne sich zu erheben.
Zu bestimmten Jahreszeiten läßt er oft einen mäßig schrillenden, zuweilen sich zum Triller gestaltenden
Lockton vernehmen. Jn dem Magen der Getödteten wurden nach Gray Ueberbleibsel von Käfern
erkannt; Kittlitz dagegen versichert, nur Körner und kleine Steine gefunden zu haben.



Als Verbindungsglieder von den Töpfervögeln zu den Spechtmeisen werden die Steig-
schnäbel
(Xenops) betrachtet. Jn ihrer Lebensart ähneln sie den Spechtmeisen. Jhr sonderbarer,
am Unterkiefer aufsteigender, auf der Firste geradliniger Schnabel verleiht ihnen ein eigenthümliches
Gepräge; der innere Leibesbau stimmt ziemlich mit dem der Spechtmeisen überein. Der Schwanz ist
aus weichen, abgerundeten Federn zusammengesetzt; die Füße sind stark und zum Klettern an Aesten
und Baumstämmen geeignet. "Jch vermuthe", sagt der Prinz von Wied, "daß beide Vogel-
geschlechter einerlei Nahrung haben; denn obschon die Steigschnäbel vorzüglich von Kerbthieren
leben, so glaube ich doch, daß sie auch Nüsse verzehren. Sie klettern so geschickt wie unser Kleiber,
und ich habe sie nie aufrecht sitzen sehen. Sie pochen gegen die Bäume wie die Spechte, sind aber
nicht so lebhaft und laut, wie unser Kleiber, sondern einsame, stille Waldvögel, welche man nach der
Paarzeit in kleinen Gesellschaften oder Familien, außerdem aber einzeln oder paarweise findet. Eine
bedeutende Stimme habe ich von ihnen nicht vernommen. Sie sind nicht schüchtern, sondern kommen
den menschlichen Wohnungen nahe, wie unsere Baumläufer. Jhr Nest sollen sie in Baumhöhlen
anlegen. Sie scheinen über ganz Brasilien verbreitet zu sein."

Die Späher. Klettervögel. Töpfervögel.

Der Höhlenkleiber bewohnt nach Kittlitz ziemlich häufig die dürren Ebenen Chiles, nach
Orbigny die Ebenen der argentiniſchen Republick und Patagoniens, ſowie die Hochebenen der Cor-
dillera von Bolivia, welche zwiſchen 3500 bis 4500 Metres über dem Meere liegen. Kittlitz
ſagt, daß der Vogel im ganzen die Lebensart der Lerchen habe, und auf dürren Stellen ſowohl einzeln,
als in kleinen Geſellſchaften angetroffen werde. „Sein röthlich- weißgraues Gefieder, ſowie das
fahle Roſtroth der mittleren Schwungfedern, das im Fluge beſonders ſichtbar wird, entſpricht der
Farbe des Bodens ſehr eigenthümlich. Niemals ſah ich ihn auf Büſche ſich ſetzen. Den Schwanz
bewegt er im Gehen faſt beſtändig auf und ab, wie der Steinſchmätzer, doch ohne ihn auszubreiten.“
Er gleicht dem Töpfervogel in manchen Beziehungen, nicht blos in der röthlichen Schattirung des
ganzen Gefieders, ſondern auch hinſichtlich des eigenthümlich durchdringenden, oft wiederholten
Geſchreies, ſeiner drolligen Weiſe, in Abſätzen zu laufen u. ſ. w. Wegen dieſer Verwandtſchaft nennen
ihn die Spanier „Caſarita“ (kleiner Baumeiſter), obgleich der Neſtbau ſehr verſchieden von dem des
Töpfervogels iſt. Er baut das Neſt auf dem Grunde einer engen, runden Höhle, welche ſich wagerecht
nahe an ſechs Fuß unter der Erde erſtrecken ſoll. „Einige Landleute erzählten mir“, ſagt Darwin, „daß
die Knaben oft verſucht hätten, das Neſt auszugraben, aber niemals bis zum Ende gekommen ſeien.
Der Vogel wählt eine niedrige Bank in feſtem ſandigen Boden an der Seite eines Weges oder eines
Fluſſes. Hier (in Bahia blanca) ſind die Mauern aus hartem Lehm gebaut. Jch bemerkte, daß
eine, welche den Hof meines Wohnhauſes einſchloß, an mehreren Stellen eine Menge runder Löcher
zeigte. Als ich den Eigenthümer des Hauſes nach der Urſache fragte, beſchwerte er ſich bitter über
den Höhlenkleiber, und ich ſah ſpäter auch wirklich mehrere dieſer Vögel bei ihrer Arbeit. Sehr
ſonderbar iſt, daß ſie durchaus keine Vorſtellung von Dicke bekommen können; denn ſonſt würden ſie
nicht ſo viele vergebliche Verſuche gemacht haben, in die Lehmmauern, deren Stärke ſie durch ihr fort-
währendes Hin- und Herfliegen kennen müßten, ihre Neſtergänge zu bohren. Jch bezweifle nicht,
daß jeder Vogel, ſo oft er auf der entgegengeſetzten Seite ans Tageslicht kam, im höchſten Grade über
die merkwürdige Sache erſtaunte.“ Gray, welcher das Vorſtehende wiedergibt, fügt hinzu, daß der
Höhlenkleiber ſehr zahm, ruhig und einſam lebt, aber in Bewegung iſt vom früheſten Morgen bis
zum ſpäteſten Abend. Aufgeſcheucht fliegt er nur eine kurze Strecke weit, ſetzt ſich bald nieder und
hält oft ſo aus, daß er ſich durch den vorüberfahrenden Wagen beſtäuben läßt, ohne ſich zu erheben.
Zu beſtimmten Jahreszeiten läßt er oft einen mäßig ſchrillenden, zuweilen ſich zum Triller geſtaltenden
Lockton vernehmen. Jn dem Magen der Getödteten wurden nach Gray Ueberbleibſel von Käfern
erkannt; Kittlitz dagegen verſichert, nur Körner und kleine Steine gefunden zu haben.



Als Verbindungsglieder von den Töpfervögeln zu den Spechtmeiſen werden die Steig-
ſchnäbel
(Xenops) betrachtet. Jn ihrer Lebensart ähneln ſie den Spechtmeiſen. Jhr ſonderbarer,
am Unterkiefer aufſteigender, auf der Firſte geradliniger Schnabel verleiht ihnen ein eigenthümliches
Gepräge; der innere Leibesbau ſtimmt ziemlich mit dem der Spechtmeiſen überein. Der Schwanz iſt
aus weichen, abgerundeten Federn zuſammengeſetzt; die Füße ſind ſtark und zum Klettern an Aeſten
und Baumſtämmen geeignet. „Jch vermuthe“, ſagt der Prinz von Wied, „daß beide Vogel-
geſchlechter einerlei Nahrung haben; denn obſchon die Steigſchnäbel vorzüglich von Kerbthieren
leben, ſo glaube ich doch, daß ſie auch Nüſſe verzehren. Sie klettern ſo geſchickt wie unſer Kleiber,
und ich habe ſie nie aufrecht ſitzen ſehen. Sie pochen gegen die Bäume wie die Spechte, ſind aber
nicht ſo lebhaft und laut, wie unſer Kleiber, ſondern einſame, ſtille Waldvögel, welche man nach der
Paarzeit in kleinen Geſellſchaften oder Familien, außerdem aber einzeln oder paarweiſe findet. Eine
bedeutende Stimme habe ich von ihnen nicht vernommen. Sie ſind nicht ſchüchtern, ſondern kommen
den menſchlichen Wohnungen nahe, wie unſere Baumläufer. Jhr Neſt ſollen ſie in Baumhöhlen
anlegen. Sie ſcheinen über ganz Braſilien verbreitet zu ſein.“

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[34/0046] Die Späher. Klettervögel. Töpfervögel. Der Höhlenkleiber bewohnt nach Kittlitz ziemlich häufig die dürren Ebenen Chiles, nach Orbigny die Ebenen der argentiniſchen Republick und Patagoniens, ſowie die Hochebenen der Cor- dillera von Bolivia, welche zwiſchen 3500 bis 4500 Metres über dem Meere liegen. Kittlitz ſagt, daß der Vogel im ganzen die Lebensart der Lerchen habe, und auf dürren Stellen ſowohl einzeln, als in kleinen Geſellſchaften angetroffen werde. „Sein röthlich- weißgraues Gefieder, ſowie das fahle Roſtroth der mittleren Schwungfedern, das im Fluge beſonders ſichtbar wird, entſpricht der Farbe des Bodens ſehr eigenthümlich. Niemals ſah ich ihn auf Büſche ſich ſetzen. Den Schwanz bewegt er im Gehen faſt beſtändig auf und ab, wie der Steinſchmätzer, doch ohne ihn auszubreiten.“ Er gleicht dem Töpfervogel in manchen Beziehungen, nicht blos in der röthlichen Schattirung des ganzen Gefieders, ſondern auch hinſichtlich des eigenthümlich durchdringenden, oft wiederholten Geſchreies, ſeiner drolligen Weiſe, in Abſätzen zu laufen u. ſ. w. Wegen dieſer Verwandtſchaft nennen ihn die Spanier „Caſarita“ (kleiner Baumeiſter), obgleich der Neſtbau ſehr verſchieden von dem des Töpfervogels iſt. Er baut das Neſt auf dem Grunde einer engen, runden Höhle, welche ſich wagerecht nahe an ſechs Fuß unter der Erde erſtrecken ſoll. „Einige Landleute erzählten mir“, ſagt Darwin, „daß die Knaben oft verſucht hätten, das Neſt auszugraben, aber niemals bis zum Ende gekommen ſeien. Der Vogel wählt eine niedrige Bank in feſtem ſandigen Boden an der Seite eines Weges oder eines Fluſſes. Hier (in Bahia blanca) ſind die Mauern aus hartem Lehm gebaut. Jch bemerkte, daß eine, welche den Hof meines Wohnhauſes einſchloß, an mehreren Stellen eine Menge runder Löcher zeigte. Als ich den Eigenthümer des Hauſes nach der Urſache fragte, beſchwerte er ſich bitter über den Höhlenkleiber, und ich ſah ſpäter auch wirklich mehrere dieſer Vögel bei ihrer Arbeit. Sehr ſonderbar iſt, daß ſie durchaus keine Vorſtellung von Dicke bekommen können; denn ſonſt würden ſie nicht ſo viele vergebliche Verſuche gemacht haben, in die Lehmmauern, deren Stärke ſie durch ihr fort- währendes Hin- und Herfliegen kennen müßten, ihre Neſtergänge zu bohren. Jch bezweifle nicht, daß jeder Vogel, ſo oft er auf der entgegengeſetzten Seite ans Tageslicht kam, im höchſten Grade über die merkwürdige Sache erſtaunte.“ Gray, welcher das Vorſtehende wiedergibt, fügt hinzu, daß der Höhlenkleiber ſehr zahm, ruhig und einſam lebt, aber in Bewegung iſt vom früheſten Morgen bis zum ſpäteſten Abend. Aufgeſcheucht fliegt er nur eine kurze Strecke weit, ſetzt ſich bald nieder und hält oft ſo aus, daß er ſich durch den vorüberfahrenden Wagen beſtäuben läßt, ohne ſich zu erheben. Zu beſtimmten Jahreszeiten läßt er oft einen mäßig ſchrillenden, zuweilen ſich zum Triller geſtaltenden Lockton vernehmen. Jn dem Magen der Getödteten wurden nach Gray Ueberbleibſel von Käfern erkannt; Kittlitz dagegen verſichert, nur Körner und kleine Steine gefunden zu haben. Als Verbindungsglieder von den Töpfervögeln zu den Spechtmeiſen werden die Steig- ſchnäbel (Xenops) betrachtet. Jn ihrer Lebensart ähneln ſie den Spechtmeiſen. Jhr ſonderbarer, am Unterkiefer aufſteigender, auf der Firſte geradliniger Schnabel verleiht ihnen ein eigenthümliches Gepräge; der innere Leibesbau ſtimmt ziemlich mit dem der Spechtmeiſen überein. Der Schwanz iſt aus weichen, abgerundeten Federn zuſammengeſetzt; die Füße ſind ſtark und zum Klettern an Aeſten und Baumſtämmen geeignet. „Jch vermuthe“, ſagt der Prinz von Wied, „daß beide Vogel- geſchlechter einerlei Nahrung haben; denn obſchon die Steigſchnäbel vorzüglich von Kerbthieren leben, ſo glaube ich doch, daß ſie auch Nüſſe verzehren. Sie klettern ſo geſchickt wie unſer Kleiber, und ich habe ſie nie aufrecht ſitzen ſehen. Sie pochen gegen die Bäume wie die Spechte, ſind aber nicht ſo lebhaft und laut, wie unſer Kleiber, ſondern einſame, ſtille Waldvögel, welche man nach der Paarzeit in kleinen Geſellſchaften oder Familien, außerdem aber einzeln oder paarweiſe findet. Eine bedeutende Stimme habe ich von ihnen nicht vernommen. Sie ſind nicht ſchüchtern, ſondern kommen den menſchlichen Wohnungen nahe, wie unſere Baumläufer. Jhr Neſt ſollen ſie in Baumhöhlen anlegen. Sie ſcheinen über ganz Braſilien verbreitet zu ſein.“

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/46>, abgerufen am 28.03.2024.