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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Lehmhans. Höhlenkleiber.
zwei Zoll mittlerer Breite gesehen. Die gleichlautende Angabe bei Azara ist also kein Fehler des
Uebersetzers, wie Thienemann vermuthet; denn ich sah nie ein fertiges Nest mit Quermündung,
wie genannter Forscher sie beschreibt. Die Mündung liegt übrigens, wenn man gerade vor dem
Neste steht, beständig auf der linken Hälfte der vorderen Fläche; die rechte ist geschlossen. Der
innere Rand der Mündung ist also gerade und senkrechter gestellt, der äußere erscheint bogenförmig
ausgebuchtet. Das fertige Nest gleicht einem kleinen Backofen, pflegt sechs bis sieben Zoll hoch,
acht bis neun Zoll lang und vier bis fünf Zoll tief zu sein. Seine Lehmwand hat eine Stärke von
ein bis ein und ein halb Zoll, die innere Höhle umfaßt also einen Raum von vier bis fünf Zoll
Höhe, fünf bis sechs Zoll Länge und drei bis vier Zoll Breite. Ein der Vollendung nahes Nest,
welches ich mitnahm, wiegt neun Pfund."

"Jn dieser Höhle erst baut der Vogel das eigentliche Nest, indem er an dem geraden Rande
der Mündung senkrecht nach innen jetzt eine halbe Scheidewand einsetzt, von welcher eine kleine Sohle
quer über den Boden des Nestes fortgeht. Das ist der Brutraum. Derselbe wird sorgfältig mit
herum gelegten trockenen Grashalmen und nach innen mit eingeflochtenen Hühnerfedern, Baumwoll-
büscheln u. s. w. ausgekleidet. Dann ist die Wohnung des Lehmhanses fertig. Der Vogel legt
seine zwei bis vier weißen Eier hinein, und beide Gatten bebrüten sie und füttern ihre Jungen.
Der erste Bau wird Ende Augusts ausgeführt; die Brut fällt in den Anfang des September. Eine
zweite Brut wiederholt sich später im Jahre."

Ueber das Gefangenleben des Töpfervogels scheint nur Azara Beobachtungen angestellt zu
haben. Er hielt, wie er berichtet, einen alten Vogel dieser Art ungefähr einen Monat lang gefangen
und ernährte ihn mit gekochtem Reis und rohem Fleisch. Das Letztere zog er vor. Wenn der
Bissen zum Verschlingen zu groß war, faßte er ihn mit den Füßen und riß sich mit dem Schnabel
kleinere Bissen ab. Wollte er dann gehen, so stützte er sich kräftig auf einen Fuß, erhob den andern,
hielt ihn einen Augenblick gerade vorgestreckt, und setzte ihn dann vor sich hin, um mit dem andern
zu wechseln. Erst nachdem er mehrere dieser Schulschritte ausgeführt, begann er ordentlich zu
laufen. Oft hielt er im schnellsten Laufe plötzlich inne, und manchmal wechselte er mit beiden Gang-
arten ab, indem er bald mit majestätischen Schritten, bald sehr eilig dahin lief; dabei zeigte er sich
frei und ungezwungen, pflegte aber den Kopf zu heben und den Schwanz zu stelzen. Wenn er sang
oder schrie, nahm er eine stolze Haltung an, richtete sich auf, streckte den Hals und schlug mit den
Flügeln. Drosseln und Habias vertrieb er mit großem Zorn, wenn sie sich seinem Futternapfe
näherten.



Zu derselben Familie gehören die Erdkleiber (Geositta). Sie sind schlank gebaut; der kopf-
lange, sanft gebogene Schnabel ist am Grunde dreiseitig, dann fast walzig, an der Spitze stumpf
gerandet und ein wenig übergebogen; die Flügel sind verhältnißmäßig lang und spitzig; denn die
zweite und dritte Schwinge sind die längsten; der Schwanz ist kurz und etwas ausgeschnitten; die
Beine sind mäßig hoch, die Vorderzehen kurz, die Nägel klein und wenig gekrümmt.

Der Höhlenkleiber (Geositta cunicularia) erinnert in mancher Hinsicht an die Lerchen und
ist von einigen Naturforschern auch dieser Familie beigezählt worden. Die Oberseite und die Flügel
sind dunkelbraun; die Unterseite ist blaßbraun, die Kehle weißlich, die Brust schwarz gefleckt und
gestreift, der Bauch roströthlich, die Augengegend blaßröthlich; die Schulterdeckfedern sind blaß gesäumt,
die Vorderschwingen an der Außenfahne und Spitze schwarzbraun, an der Jnnenfahne kastanienroth-
braun; das Auge ist braun, der Schnabel am Grunde weißlich, gegen die Spitze hin schwärzlich, der
Fuß schwarzbraun.

Brehm, Thierleben. IV. 3

Lehmhans. Höhlenkleiber.
zwei Zoll mittlerer Breite geſehen. Die gleichlautende Angabe bei Azara iſt alſo kein Fehler des
Ueberſetzers, wie Thienemann vermuthet; denn ich ſah nie ein fertiges Neſt mit Quermündung,
wie genannter Forſcher ſie beſchreibt. Die Mündung liegt übrigens, wenn man gerade vor dem
Neſte ſteht, beſtändig auf der linken Hälfte der vorderen Fläche; die rechte iſt geſchloſſen. Der
innere Rand der Mündung iſt alſo gerade und ſenkrechter geſtellt, der äußere erſcheint bogenförmig
ausgebuchtet. Das fertige Neſt gleicht einem kleinen Backofen, pflegt ſechs bis ſieben Zoll hoch,
acht bis neun Zoll lang und vier bis fünf Zoll tief zu ſein. Seine Lehmwand hat eine Stärke von
ein bis ein und ein halb Zoll, die innere Höhle umfaßt alſo einen Raum von vier bis fünf Zoll
Höhe, fünf bis ſechs Zoll Länge und drei bis vier Zoll Breite. Ein der Vollendung nahes Neſt,
welches ich mitnahm, wiegt neun Pfund.“

„Jn dieſer Höhle erſt baut der Vogel das eigentliche Neſt, indem er an dem geraden Rande
der Mündung ſenkrecht nach innen jetzt eine halbe Scheidewand einſetzt, von welcher eine kleine Sohle
quer über den Boden des Neſtes fortgeht. Das iſt der Brutraum. Derſelbe wird ſorgfältig mit
herum gelegten trockenen Grashalmen und nach innen mit eingeflochtenen Hühnerfedern, Baumwoll-
büſcheln u. ſ. w. ausgekleidet. Dann iſt die Wohnung des Lehmhanſes fertig. Der Vogel legt
ſeine zwei bis vier weißen Eier hinein, und beide Gatten bebrüten ſie und füttern ihre Jungen.
Der erſte Bau wird Ende Auguſts ausgeführt; die Brut fällt in den Anfang des September. Eine
zweite Brut wiederholt ſich ſpäter im Jahre.“

Ueber das Gefangenleben des Töpfervogels ſcheint nur Azara Beobachtungen angeſtellt zu
haben. Er hielt, wie er berichtet, einen alten Vogel dieſer Art ungefähr einen Monat lang gefangen
und ernährte ihn mit gekochtem Reis und rohem Fleiſch. Das Letztere zog er vor. Wenn der
Biſſen zum Verſchlingen zu groß war, faßte er ihn mit den Füßen und riß ſich mit dem Schnabel
kleinere Biſſen ab. Wollte er dann gehen, ſo ſtützte er ſich kräftig auf einen Fuß, erhob den andern,
hielt ihn einen Augenblick gerade vorgeſtreckt, und ſetzte ihn dann vor ſich hin, um mit dem andern
zu wechſeln. Erſt nachdem er mehrere dieſer Schulſchritte ausgeführt, begann er ordentlich zu
laufen. Oft hielt er im ſchnellſten Laufe plötzlich inne, und manchmal wechſelte er mit beiden Gang-
arten ab, indem er bald mit majeſtätiſchen Schritten, bald ſehr eilig dahin lief; dabei zeigte er ſich
frei und ungezwungen, pflegte aber den Kopf zu heben und den Schwanz zu ſtelzen. Wenn er ſang
oder ſchrie, nahm er eine ſtolze Haltung an, richtete ſich auf, ſtreckte den Hals und ſchlug mit den
Flügeln. Droſſeln und Habias vertrieb er mit großem Zorn, wenn ſie ſich ſeinem Futternapfe
näherten.



Zu derſelben Familie gehören die Erdkleiber (Geositta). Sie ſind ſchlank gebaut; der kopf-
lange, ſanft gebogene Schnabel iſt am Grunde dreiſeitig, dann faſt walzig, an der Spitze ſtumpf
gerandet und ein wenig übergebogen; die Flügel ſind verhältnißmäßig lang und ſpitzig; denn die
zweite und dritte Schwinge ſind die längſten; der Schwanz iſt kurz und etwas ausgeſchnitten; die
Beine ſind mäßig hoch, die Vorderzehen kurz, die Nägel klein und wenig gekrümmt.

Der Höhlenkleiber (Geositta cunicularia) erinnert in mancher Hinſicht an die Lerchen und
iſt von einigen Naturforſchern auch dieſer Familie beigezählt worden. Die Oberſeite und die Flügel
ſind dunkelbraun; die Unterſeite iſt blaßbraun, die Kehle weißlich, die Bruſt ſchwarz gefleckt und
geſtreift, der Bauch roſtröthlich, die Augengegend blaßröthlich; die Schulterdeckfedern ſind blaß geſäumt,
die Vorderſchwingen an der Außenfahne und Spitze ſchwarzbraun, an der Jnnenfahne kaſtanienroth-
braun; das Auge iſt braun, der Schnabel am Grunde weißlich, gegen die Spitze hin ſchwärzlich, der
Fuß ſchwarzbraun.

Brehm, Thierleben. IV. 3
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[33/0045] Lehmhans. Höhlenkleiber. zwei Zoll mittlerer Breite geſehen. Die gleichlautende Angabe bei Azara iſt alſo kein Fehler des Ueberſetzers, wie Thienemann vermuthet; denn ich ſah nie ein fertiges Neſt mit Quermündung, wie genannter Forſcher ſie beſchreibt. Die Mündung liegt übrigens, wenn man gerade vor dem Neſte ſteht, beſtändig auf der linken Hälfte der vorderen Fläche; die rechte iſt geſchloſſen. Der innere Rand der Mündung iſt alſo gerade und ſenkrechter geſtellt, der äußere erſcheint bogenförmig ausgebuchtet. Das fertige Neſt gleicht einem kleinen Backofen, pflegt ſechs bis ſieben Zoll hoch, acht bis neun Zoll lang und vier bis fünf Zoll tief zu ſein. Seine Lehmwand hat eine Stärke von ein bis ein und ein halb Zoll, die innere Höhle umfaßt alſo einen Raum von vier bis fünf Zoll Höhe, fünf bis ſechs Zoll Länge und drei bis vier Zoll Breite. Ein der Vollendung nahes Neſt, welches ich mitnahm, wiegt neun Pfund.“ „Jn dieſer Höhle erſt baut der Vogel das eigentliche Neſt, indem er an dem geraden Rande der Mündung ſenkrecht nach innen jetzt eine halbe Scheidewand einſetzt, von welcher eine kleine Sohle quer über den Boden des Neſtes fortgeht. Das iſt der Brutraum. Derſelbe wird ſorgfältig mit herum gelegten trockenen Grashalmen und nach innen mit eingeflochtenen Hühnerfedern, Baumwoll- büſcheln u. ſ. w. ausgekleidet. Dann iſt die Wohnung des Lehmhanſes fertig. Der Vogel legt ſeine zwei bis vier weißen Eier hinein, und beide Gatten bebrüten ſie und füttern ihre Jungen. Der erſte Bau wird Ende Auguſts ausgeführt; die Brut fällt in den Anfang des September. Eine zweite Brut wiederholt ſich ſpäter im Jahre.“ Ueber das Gefangenleben des Töpfervogels ſcheint nur Azara Beobachtungen angeſtellt zu haben. Er hielt, wie er berichtet, einen alten Vogel dieſer Art ungefähr einen Monat lang gefangen und ernährte ihn mit gekochtem Reis und rohem Fleiſch. Das Letztere zog er vor. Wenn der Biſſen zum Verſchlingen zu groß war, faßte er ihn mit den Füßen und riß ſich mit dem Schnabel kleinere Biſſen ab. Wollte er dann gehen, ſo ſtützte er ſich kräftig auf einen Fuß, erhob den andern, hielt ihn einen Augenblick gerade vorgeſtreckt, und ſetzte ihn dann vor ſich hin, um mit dem andern zu wechſeln. Erſt nachdem er mehrere dieſer Schulſchritte ausgeführt, begann er ordentlich zu laufen. Oft hielt er im ſchnellſten Laufe plötzlich inne, und manchmal wechſelte er mit beiden Gang- arten ab, indem er bald mit majeſtätiſchen Schritten, bald ſehr eilig dahin lief; dabei zeigte er ſich frei und ungezwungen, pflegte aber den Kopf zu heben und den Schwanz zu ſtelzen. Wenn er ſang oder ſchrie, nahm er eine ſtolze Haltung an, richtete ſich auf, ſtreckte den Hals und ſchlug mit den Flügeln. Droſſeln und Habias vertrieb er mit großem Zorn, wenn ſie ſich ſeinem Futternapfe näherten. Zu derſelben Familie gehören die Erdkleiber (Geositta). Sie ſind ſchlank gebaut; der kopf- lange, ſanft gebogene Schnabel iſt am Grunde dreiſeitig, dann faſt walzig, an der Spitze ſtumpf gerandet und ein wenig übergebogen; die Flügel ſind verhältnißmäßig lang und ſpitzig; denn die zweite und dritte Schwinge ſind die längſten; der Schwanz iſt kurz und etwas ausgeſchnitten; die Beine ſind mäßig hoch, die Vorderzehen kurz, die Nägel klein und wenig gekrümmt. Der Höhlenkleiber (Geositta cunicularia) erinnert in mancher Hinſicht an die Lerchen und iſt von einigen Naturforſchern auch dieſer Familie beigezählt worden. Die Oberſeite und die Flügel ſind dunkelbraun; die Unterſeite iſt blaßbraun, die Kehle weißlich, die Bruſt ſchwarz gefleckt und geſtreift, der Bauch roſtröthlich, die Augengegend blaßröthlich; die Schulterdeckfedern ſind blaß geſäumt, die Vorderſchwingen an der Außenfahne und Spitze ſchwarzbraun, an der Jnnenfahne kaſtanienroth- braun; das Auge iſt braun, der Schnabel am Grunde weißlich, gegen die Spitze hin ſchwärzlich, der Fuß ſchwarzbraun. Brehm, Thierleben. IV. 3

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/45>, abgerufen am 29.03.2024.