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Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896.

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[Gleich. 27] § 4. Verkehrte Stösse.
Dabei ist s1 der Durchmesser eines Moleküls m1; in Formel 26
sind x1, e1, z1 beliebige, in den Integralen constant zu be-
trachtende Werthe, während nach x, e, z über alle möglichen
Werthe zu integriren ist. x', e', z', x'1, e'1, z'1 sind im ersten
Integrale die Geschwindigkeitscomponenten nach einem Zu-
sammenstosse der hervorgehobenen Art in dem Falle, dass das
eine der stossenden Moleküle die Masse m, das andere die
Masse m1 hat, in dem zweiten Integrale aber in dem Falle,
dass beide Moleküle die Masse m1 haben; partial F1 / partial t, F und F'
sind abgekürzte Bezeichnungen für partial F (x1, e1, z1, t) / partial t, F (x, e, z, t)
und F (x', e', z', t).

Soll der Zustand stationär bleiben, so müssen die Grössen
partial f / partial t und partial F1 / partial t für alle Werthe der Variabeln verschwinden.
Dies tritt sicher ein, wenn in allen Integralen die Grösse unter
dem Integralzeichen für alle Werthe der Integrationsvariabeln
verschwindet, wenn man also für alle möglichen Zusammen-
stösse der Moleküle m untereinander, der Moleküle m1 unter-
einander und eines Moleküls m mit einem Moleküle m1 die
drei Gleichungen hat:
27) f f1 = f' f'1, F F1 = F' F'1, f F1 = f' F'1.
Da die Wahrscheinlichkeit der ursprünglich hervorgehobenen
Zusammenstösse durch Gleichung 18, die der entgegengesetzten
durch Gleichung 23 gegeben ist, so ist die allgemeine Gültig-
keit der dritten der Gleichungen 27 gleichbedeutend mit der
Behauptung, dass, wie immer d o, d o1 und d l gewählt werden
mögen, die ursprünglich hervorgehobenen (kürzer directen)
Zusammenstösse ebenso wahrscheinlich als die entgegengesetzten
sind, oder dass es ebenso wahrscheinlich ist, dass zwei Moleküle
in gewisser Weise auseinander gehen, als dass sie gerade in
der entgegengesetzten Weise zusammenstossen. Dasselbe folgt
aus den beiden anderen der Gleichungssysteme 27 für die
Zusammenstösse der Moleküle m untereinander und der Mole-
küle m1 untereinander. Man sieht aber sofort ein, dass sich
eine Zustandsvertheilung stationär erhalten muss, wenn es
für dieselbe allgemein gleich wahrscheinlich ist, dass zwei Mole-
küle in gewisser Weise nach dem Zusammenstosse auseinander
gehen, als dass sie in genau entgegengesetzter Weise zusammen-
stossen.

[Gleich. 27] § 4. Verkehrte Stösse.
Dabei ist s1 der Durchmesser eines Moleküls m1; in Formel 26
sind ξ1, η1, ζ1 beliebige, in den Integralen constant zu be-
trachtende Werthe, während nach ξ, η, ζ über alle möglichen
Werthe zu integriren ist. ξ', η', ζ', ξ'1, η'1, ζ'1 sind im ersten
Integrale die Geschwindigkeitscomponenten nach einem Zu-
sammenstosse der hervorgehobenen Art in dem Falle, dass das
eine der stossenden Moleküle die Masse m, das andere die
Masse m1 hat, in dem zweiten Integrale aber in dem Falle,
dass beide Moleküle die Masse m1 haben; ∂ F1 / ∂ t, F und F'
sind abgekürzte Bezeichnungen für ∂ F (ξ1, η1, ζ1, t) / ∂ t, F (ξ, η, ζ, t)
und F (ξ', η', ζ', t).

Soll der Zustand stationär bleiben, so müssen die Grössen
∂ f / ∂ t und ∂ F1 / ∂ t für alle Werthe der Variabeln verschwinden.
Dies tritt sicher ein, wenn in allen Integralen die Grösse unter
dem Integralzeichen für alle Werthe der Integrationsvariabeln
verschwindet, wenn man also für alle möglichen Zusammen-
stösse der Moleküle m untereinander, der Moleküle m1 unter-
einander und eines Moleküls m mit einem Moleküle m1 die
drei Gleichungen hat:
27) f f1 = f' f'1, F F1 = F' F'1, f F1 = f' F'1.
Da die Wahrscheinlichkeit der ursprünglich hervorgehobenen
Zusammenstösse durch Gleichung 18, die der entgegengesetzten
durch Gleichung 23 gegeben ist, so ist die allgemeine Gültig-
keit der dritten der Gleichungen 27 gleichbedeutend mit der
Behauptung, dass, wie immer d ω, d ω1 und d λ gewählt werden
mögen, die ursprünglich hervorgehobenen (kürzer directen)
Zusammenstösse ebenso wahrscheinlich als die entgegengesetzten
sind, oder dass es ebenso wahrscheinlich ist, dass zwei Moleküle
in gewisser Weise auseinander gehen, als dass sie gerade in
der entgegengesetzten Weise zusammenstossen. Dasselbe folgt
aus den beiden anderen der Gleichungssysteme 27 für die
Zusammenstösse der Moleküle m untereinander und der Mole-
küle m1 untereinander. Man sieht aber sofort ein, dass sich
eine Zustandsvertheilung stationär erhalten muss, wenn es
für dieselbe allgemein gleich wahrscheinlich ist, dass zwei Mole-
küle in gewisser Weise nach dem Zusammenstosse auseinander
gehen, als dass sie in genau entgegengesetzter Weise zusammen-
stossen.

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[31/0045] [Gleich. 27] § 4. Verkehrte Stösse. Dabei ist s1 der Durchmesser eines Moleküls m1; in Formel 26 sind ξ1, η1, ζ1 beliebige, in den Integralen constant zu be- trachtende Werthe, während nach ξ, η, ζ über alle möglichen Werthe zu integriren ist. ξ', η', ζ', ξ'1, η'1, ζ'1 sind im ersten Integrale die Geschwindigkeitscomponenten nach einem Zu- sammenstosse der hervorgehobenen Art in dem Falle, dass das eine der stossenden Moleküle die Masse m, das andere die Masse m1 hat, in dem zweiten Integrale aber in dem Falle, dass beide Moleküle die Masse m1 haben; ∂ F1 / ∂ t, F und F' sind abgekürzte Bezeichnungen für ∂ F (ξ1, η1, ζ1, t) / ∂ t, F (ξ, η, ζ, t) und F (ξ', η', ζ', t). Soll der Zustand stationär bleiben, so müssen die Grössen ∂ f / ∂ t und ∂ F1 / ∂ t für alle Werthe der Variabeln verschwinden. Dies tritt sicher ein, wenn in allen Integralen die Grösse unter dem Integralzeichen für alle Werthe der Integrationsvariabeln verschwindet, wenn man also für alle möglichen Zusammen- stösse der Moleküle m untereinander, der Moleküle m1 unter- einander und eines Moleküls m mit einem Moleküle m1 die drei Gleichungen hat: 27) f f1 = f' f'1, F F1 = F' F'1, f F1 = f' F'1. Da die Wahrscheinlichkeit der ursprünglich hervorgehobenen Zusammenstösse durch Gleichung 18, die der entgegengesetzten durch Gleichung 23 gegeben ist, so ist die allgemeine Gültig- keit der dritten der Gleichungen 27 gleichbedeutend mit der Behauptung, dass, wie immer d ω, d ω1 und d λ gewählt werden mögen, die ursprünglich hervorgehobenen (kürzer directen) Zusammenstösse ebenso wahrscheinlich als die entgegengesetzten sind, oder dass es ebenso wahrscheinlich ist, dass zwei Moleküle in gewisser Weise auseinander gehen, als dass sie gerade in der entgegengesetzten Weise zusammenstossen. Dasselbe folgt aus den beiden anderen der Gleichungssysteme 27 für die Zusammenstösse der Moleküle m untereinander und der Mole- küle m1 untereinander. Man sieht aber sofort ein, dass sich eine Zustandsvertheilung stationär erhalten muss, wenn es für dieselbe allgemein gleich wahrscheinlich ist, dass zwei Mole- küle in gewisser Weise nach dem Zusammenstosse auseinander gehen, als dass sie in genau entgegengesetzter Weise zusammen- stossen.

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Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie01_1896/45>, abgerufen am 28.03.2024.