Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abschnitt. [Gleich. 17]
den Weg g d t relativ gegen die Moleküle m1 von der hervor-
gehobenen Art zurück. Ein Zusammenstoss der hervorgehobe-
nen Art erfolgt jedes Mal, wenn eines dieser Flächenelemente
s2 d l das Centrum eines Moleküls m1 von der hervorgehobenen
Art erreicht, was natürlich nur möglich ist, wenn der Winkel th
zwischen den Richtungen der Geraden C1 C und O K ein spitzer
ist. Jedes dieser Flächenelemente durchstreift bei seiner Re-
lativbewegung gegen die Moleküle m1 von der hervorgehobenen
Art einen schiefen Cylinder von der Basis s2 d l und der
Höhe g cos th d t. Da sich in der Volumeneinheit f d o Mole-
küle m von der hervorgehobenen Art befinden, so haben alle
schiefen Cylinder, welche in dieser Weise von allen Flächen-
elementen s2 d l durchstrichen werden, das Gesammtvolumen
16) [Formel 1] .
Alle Centra von Molekülen m1 der hervorgehobenen Art, welche
innerhalb dieses Volumens Ph liegen, werden während der
Zeit d t von einem Flächenelemente s2 d l erreicht, und es ist
daher die Anzahl d n der Zusammenstösse der hervorgehobenen
Art, welche in der Volumeneinheit während der Zeit d t ge-
schehen, gleich der Anzahl ZPh der Centra von Molekülen m1
der hervorgehobenen Art, die sich zu Anfang der Zeit d t im
Volumen Ph befanden; nach Formel 14 a aber ist
17) [Formel 2] .

In dieser Formel liegt, wie namentlich Burbury1) klar
hervorhebt, eine besondere Annahme. Vom Standpunkte der
Mechanik ist natürlich jede Anordnung der Moleküle im Gefässe
möglich; auch eine solche, wobei gewisse, die Bewegung der
Moleküle bestimmende Variabeln in einem endlichen Theile
des vom Gase erfüllten Raumes andere Mittelwerthe haben als
in einem anderen Theile, wo z. B. die Dichte oder mittlere
Geschwindigkeit eines Moleküls in der einen Hälfte des Ge-
fässes grösser ist als in der anderen, oder noch allgemeiner,
wo irgend ein endlicher Theil des Gases sich anders verhält
als irgend ein anderer. Eine derartige Vertheilung soll eine
molar-geordnete heissen. Die Formeln 14 und 14 a sind also

1) Nature, Bd. 51. S. 78. 22. November 1894. Vgl. übrigens schon
Boltzmann, Weitere Bemerkungen über Wärmetheorie. Wiener Sitzungs-
berichte Bd. 78. Juni 1878, drittletzte und vorletzte Seite.

II. Abschnitt. [Gleich. 17]
den Weg g d t relativ gegen die Moleküle m1 von der hervor-
gehobenen Art zurück. Ein Zusammenstoss der hervorgehobe-
nen Art erfolgt jedes Mal, wenn eines dieser Flächenelemente
σ2 d λ das Centrum eines Moleküls m1 von der hervorgehobenen
Art erreicht, was natürlich nur möglich ist, wenn der Winkel ϑ
zwischen den Richtungen der Geraden C1 C und O K ein spitzer
ist. Jedes dieser Flächenelemente durchstreift bei seiner Re-
lativbewegung gegen die Moleküle m1 von der hervorgehobenen
Art einen schiefen Cylinder von der Basis σ2 d λ und der
Höhe g cos ϑ d t. Da sich in der Volumeneinheit f d ω Mole-
küle m von der hervorgehobenen Art befinden, so haben alle
schiefen Cylinder, welche in dieser Weise von allen Flächen-
elementen σ2 d λ durchstrichen werden, das Gesammtvolumen
16) [Formel 1] .
Alle Centra von Molekülen m1 der hervorgehobenen Art, welche
innerhalb dieses Volumens Φ liegen, werden während der
Zeit d t von einem Flächenelemente σ2 d λ erreicht, und es ist
daher die Anzahl d ν der Zusammenstösse der hervorgehobenen
Art, welche in der Volumeneinheit während der Zeit d t ge-
schehen, gleich der Anzahl ZΦ der Centra von Molekülen m1
der hervorgehobenen Art, die sich zu Anfang der Zeit d t im
Volumen Φ befanden; nach Formel 14 a aber ist
17) [Formel 2] .

In dieser Formel liegt, wie namentlich Burbury1) klar
hervorhebt, eine besondere Annahme. Vom Standpunkte der
Mechanik ist natürlich jede Anordnung der Moleküle im Gefässe
möglich; auch eine solche, wobei gewisse, die Bewegung der
Moleküle bestimmende Variabeln in einem endlichen Theile
des vom Gase erfüllten Raumes andere Mittelwerthe haben als
in einem anderen Theile, wo z. B. die Dichte oder mittlere
Geschwindigkeit eines Moleküls in der einen Hälfte des Ge-
fässes grösser ist als in der anderen, oder noch allgemeiner,
wo irgend ein endlicher Theil des Gases sich anders verhält
als irgend ein anderer. Eine derartige Vertheilung soll eine
molar-geordnete heissen. Die Formeln 14 und 14 a sind also

1) Nature, Bd. 51. S. 78. 22. November 1894. Vgl. übrigens schon
Boltzmann, Weitere Bemerkungen über Wärmetheorie. Wiener Sitzungs-
berichte Bd. 78. Juni 1878, drittletzte und vorletzte Seite.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0034" n="20"/><fw place="top" type="header">II. Abschnitt. [Gleich. 17]</fw><lb/>
den Weg <hi rendition="#i">g d t</hi> relativ gegen die Moleküle <hi rendition="#i">m</hi><hi rendition="#sub">1</hi> von der hervor-<lb/>
gehobenen Art zurück. Ein Zusammenstoss der hervorgehobe-<lb/>
nen Art erfolgt jedes Mal, wenn eines dieser Flächenelemente<lb/><hi rendition="#i">&#x03C3;</hi><hi rendition="#sup">2</hi> <hi rendition="#i">d &#x03BB;</hi> das Centrum eines Moleküls <hi rendition="#i">m</hi><hi rendition="#sub">1</hi> von der hervorgehobenen<lb/>
Art erreicht, was natürlich nur möglich ist, wenn der Winkel <hi rendition="#i">&#x03D1;</hi><lb/>
zwischen den Richtungen der Geraden <hi rendition="#i">C</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">C</hi> und <hi rendition="#i">O K</hi> ein spitzer<lb/>
ist. Jedes dieser Flächenelemente durchstreift bei seiner Re-<lb/>
lativbewegung gegen die Moleküle <hi rendition="#i">m</hi><hi rendition="#sub">1</hi> von der hervorgehobenen<lb/>
Art einen schiefen Cylinder von der Basis <hi rendition="#i">&#x03C3;</hi><hi rendition="#sup">2</hi> <hi rendition="#i">d &#x03BB;</hi> und der<lb/>
Höhe <hi rendition="#i">g</hi> cos <hi rendition="#i">&#x03D1; d t</hi>. Da sich in der Volumeneinheit <hi rendition="#i">f d &#x03C9;</hi> Mole-<lb/>
küle <hi rendition="#i">m</hi> von der hervorgehobenen Art befinden, so haben alle<lb/>
schiefen Cylinder, welche in dieser Weise von allen Flächen-<lb/>
elementen <hi rendition="#i">&#x03C3;</hi><hi rendition="#sup">2</hi> <hi rendition="#i">d &#x03BB;</hi> durchstrichen werden, das Gesammtvolumen<lb/>
16) <hi rendition="#et"><formula/>.</hi><lb/>
Alle Centra von Molekülen <hi rendition="#i">m</hi><hi rendition="#sub">1</hi> der hervorgehobenen Art, welche<lb/>
innerhalb dieses Volumens <hi rendition="#i">&#x03A6;</hi> liegen, werden während der<lb/>
Zeit <hi rendition="#i">d t</hi> von einem Flächenelemente <hi rendition="#i">&#x03C3;</hi><hi rendition="#sup">2</hi> <hi rendition="#i">d &#x03BB;</hi> erreicht, und es ist<lb/>
daher die Anzahl <hi rendition="#i">d &#x03BD;</hi> der Zusammenstösse der hervorgehobenen<lb/>
Art, welche in der Volumeneinheit während der Zeit <hi rendition="#i">d t</hi> ge-<lb/>
schehen, gleich der Anzahl <hi rendition="#i">Z<hi rendition="#sub">&#x03A6;</hi></hi> der Centra von Molekülen <hi rendition="#i">m</hi><hi rendition="#sub">1</hi><lb/>
der hervorgehobenen Art, die sich zu Anfang der Zeit <hi rendition="#i">d t</hi> im<lb/>
Volumen <hi rendition="#i">&#x03A6;</hi> befanden; nach Formel 14 a aber ist<lb/>
17) <hi rendition="#et"><formula/>.</hi></p><lb/>
          <p>In dieser Formel liegt, wie namentlich <hi rendition="#g">Burbury</hi><note place="foot" n="1)">Nature, Bd. 51. S. 78. 22. November 1894. Vgl. übrigens schon<lb/><hi rendition="#g">Boltzmann,</hi> Weitere Bemerkungen über Wärmetheorie. Wiener Sitzungs-<lb/>
berichte Bd. 78. Juni 1878, drittletzte und vorletzte Seite.</note> klar<lb/>
hervorhebt, eine besondere Annahme. Vom Standpunkte der<lb/>
Mechanik ist natürlich jede Anordnung der Moleküle im Gefässe<lb/>
möglich; auch eine solche, wobei gewisse, die Bewegung der<lb/>
Moleküle bestimmende Variabeln in einem endlichen Theile<lb/>
des vom Gase erfüllten Raumes andere Mittelwerthe haben als<lb/>
in einem anderen Theile, wo z. B. die Dichte oder mittlere<lb/>
Geschwindigkeit eines Moleküls in der einen Hälfte des Ge-<lb/>
fässes grösser ist als in der anderen, oder noch allgemeiner,<lb/>
wo irgend ein endlicher Theil des Gases sich anders verhält<lb/>
als irgend ein anderer. Eine derartige Vertheilung soll eine<lb/>
molar-geordnete heissen. Die Formeln 14 und 14 a sind also<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0034] II. Abschnitt. [Gleich. 17] den Weg g d t relativ gegen die Moleküle m1 von der hervor- gehobenen Art zurück. Ein Zusammenstoss der hervorgehobe- nen Art erfolgt jedes Mal, wenn eines dieser Flächenelemente σ2 d λ das Centrum eines Moleküls m1 von der hervorgehobenen Art erreicht, was natürlich nur möglich ist, wenn der Winkel ϑ zwischen den Richtungen der Geraden C1 C und O K ein spitzer ist. Jedes dieser Flächenelemente durchstreift bei seiner Re- lativbewegung gegen die Moleküle m1 von der hervorgehobenen Art einen schiefen Cylinder von der Basis σ2 d λ und der Höhe g cos ϑ d t. Da sich in der Volumeneinheit f d ω Mole- küle m von der hervorgehobenen Art befinden, so haben alle schiefen Cylinder, welche in dieser Weise von allen Flächen- elementen σ2 d λ durchstrichen werden, das Gesammtvolumen 16) [FORMEL]. Alle Centra von Molekülen m1 der hervorgehobenen Art, welche innerhalb dieses Volumens Φ liegen, werden während der Zeit d t von einem Flächenelemente σ2 d λ erreicht, und es ist daher die Anzahl d ν der Zusammenstösse der hervorgehobenen Art, welche in der Volumeneinheit während der Zeit d t ge- schehen, gleich der Anzahl ZΦ der Centra von Molekülen m1 der hervorgehobenen Art, die sich zu Anfang der Zeit d t im Volumen Φ befanden; nach Formel 14 a aber ist 17) [FORMEL]. In dieser Formel liegt, wie namentlich Burbury 1) klar hervorhebt, eine besondere Annahme. Vom Standpunkte der Mechanik ist natürlich jede Anordnung der Moleküle im Gefässe möglich; auch eine solche, wobei gewisse, die Bewegung der Moleküle bestimmende Variabeln in einem endlichen Theile des vom Gase erfüllten Raumes andere Mittelwerthe haben als in einem anderen Theile, wo z. B. die Dichte oder mittlere Geschwindigkeit eines Moleküls in der einen Hälfte des Ge- fässes grösser ist als in der anderen, oder noch allgemeiner, wo irgend ein endlicher Theil des Gases sich anders verhält als irgend ein anderer. Eine derartige Vertheilung soll eine molar-geordnete heissen. Die Formeln 14 und 14 a sind also 1) Nature, Bd. 51. S. 78. 22. November 1894. Vgl. übrigens schon Boltzmann, Weitere Bemerkungen über Wärmetheorie. Wiener Sitzungs- berichte Bd. 78. Juni 1878, drittletzte und vorletzte Seite.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie01_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie01_1896/34
Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie01_1896/34>, abgerufen am 24.04.2024.