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Bohrer, Bertha: Die Lehrerinnen und das Frauenstimmrecht. Berlin, 1911 (= Schriften des Preußischen Landesvereins für Frauenstimmrecht, Bd. 9).

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II. Ausbildung der höheren Lehrerinnen1)

Die Ausbildung der Lehrerinnen für mittlere und höhere Mädchen-
schulen wird auf den höheren Lehrerinnenseminaren, die mit der Frauen-
schule zusammen als Lyzeum bezeichnet werden, erworben und dauert
4 Jahre. Sie ist so gestaltet, daß nach den ersten 3 Jahren eine wissen-
schaftliche Abschlußprüfung stattfindet, die zum Eintritt in das praktische
Jahr berechtigt. Die folgende einjährige praktisch-methodische Ausbildung
schließt mit der Lehramtsprüfung. Die dreijährige Seminarzeit kann durch
die Ausbildung in der Studienanstalt ersetzt werden, da nach den Be-
stimmungen vom 3. April 1909 die Abiturientinnen, die in das praktische
Jahr eines höheren Lehrerinnenseminars eintreten, ebenfalls am Schlusse
dieses Jahres die lehramtliche Prüfung für höhere Mädchenschulen ablegen
können. Den lehrplanmäßigen Stoff in der Pädagogik haben sie entweder
bei der Aufnahme in das praktische Jahr oder nachträglich bei der
Schlußprüfung nachzuweisen, ebenso die nötigen Kenntnisse in Französisch
und Englisch, die den Absolventinnen der gymnasialen Studienanstalten
fehlen dürften.

Die Absolvierung der Studienanstalt berechtigt außer-
dem zum Besuch der Universität
und gibt die Möglichkeit einer
freien Wahl aller akademischen Laufbahnen, während das Seminar nur
den Lehrberuf erschließt. Weiterstrebende Lehrerinnen können infolge einer
Verfügung vom 14. Dezember 1905 zur Prüfung für das höhere Lehr¬
amt pro facultate docendi zugelassen werden. Die Dauer des an
deutschen Staatsuniversitäten ordnungsmäßig zu absolvierenden Studiums
beträgt mindestens 6-8 Semester.

III. Technische Lehrerinnen

gibt es sowohl an Volksschulen, wie an mittleren und höheren Mädchen-
schulen. An den Volksschulen und Mädchen-Mittelschulen verlangt man
von den technischen Lehrerinnen meist die Befähigung für den Unterricht
in Handarbeit, Haushaltung und Turnen, an den höheren Mädchenschulen,
wo der Haushaltungsunterricht wegfällt, wünscht man statt dessen vielfach
die Befähigung für den Zeichenunterricht. Die Befähigung zur Erteilung
des Handarbeitsunterrichts in Volks-, mittleren und höheren Mädchen-
schulen wird, ebenso wie die Befähigung zur Erteilung des Unterrichts
in der Hauswirtschaftskunde an Volks- und Mittelschulen, durch Ablegung
einer Prüfung erworben, die durch die Prüfungsordnung vom 18. Mai
1908 geregelt ist. Nach einer Verfügung vom 12. Juni 1909 ist die
Zulassung zu jeder der beiden Prüfungen unbedingt von der Absolvierung

1) Nach dem Handbuch der Frauenbewegung von H. Lange & Dr. G. Bäumer.
II. Ausbildung der höheren Lehrerinnen1)

Die Ausbildung der Lehrerinnen für mittlere und höhere Mädchen-
schulen wird auf den höheren Lehrerinnenseminaren, die mit der Frauen-
schule zusammen als Lyzeum bezeichnet werden, erworben und dauert
4 Jahre. Sie ist so gestaltet, daß nach den ersten 3 Jahren eine wissen-
schaftliche Abschlußprüfung stattfindet, die zum Eintritt in das praktische
Jahr berechtigt. Die folgende einjährige praktisch-methodische Ausbildung
schließt mit der Lehramtsprüfung. Die dreijährige Seminarzeit kann durch
die Ausbildung in der Studienanstalt ersetzt werden, da nach den Be-
stimmungen vom 3. April 1909 die Abiturientinnen, die in das praktische
Jahr eines höheren Lehrerinnenseminars eintreten, ebenfalls am Schlusse
dieses Jahres die lehramtliche Prüfung für höhere Mädchenschulen ablegen
können. Den lehrplanmäßigen Stoff in der Pädagogik haben sie entweder
bei der Aufnahme in das praktische Jahr oder nachträglich bei der
Schlußprüfung nachzuweisen, ebenso die nötigen Kenntnisse in Französisch
und Englisch, die den Absolventinnen der gymnasialen Studienanstalten
fehlen dürften.

Die Absolvierung der Studienanstalt berechtigt außer-
dem zum Besuch der Universität
und gibt die Möglichkeit einer
freien Wahl aller akademischen Laufbahnen, während das Seminar nur
den Lehrberuf erschließt. Weiterstrebende Lehrerinnen können infolge einer
Verfügung vom 14. Dezember 1905 zur Prüfung für das höhere Lehr¬
amt pro facultate docendi zugelassen werden. Die Dauer des an
deutschen Staatsuniversitäten ordnungsmäßig zu absolvierenden Studiums
beträgt mindestens 6-8 Semester.

III. Technische Lehrerinnen

gibt es sowohl an Volksschulen, wie an mittleren und höheren Mädchen-
schulen. An den Volksschulen und Mädchen-Mittelschulen verlangt man
von den technischen Lehrerinnen meist die Befähigung für den Unterricht
in Handarbeit, Haushaltung und Turnen, an den höheren Mädchenschulen,
wo der Haushaltungsunterricht wegfällt, wünscht man statt dessen vielfach
die Befähigung für den Zeichenunterricht. Die Befähigung zur Erteilung
des Handarbeitsunterrichts in Volks-, mittleren und höheren Mädchen-
schulen wird, ebenso wie die Befähigung zur Erteilung des Unterrichts
in der Hauswirtschaftskunde an Volks- und Mittelschulen, durch Ablegung
einer Prüfung erworben, die durch die Prüfungsordnung vom 18. Mai
1908 geregelt ist. Nach einer Verfügung vom 12. Juni 1909 ist die
Zulassung zu jeder der beiden Prüfungen unbedingt von der Absolvierung

1) Nach dem Handbuch der Frauenbewegung von H. Lange & Dr. G. Bäumer.
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[10/0013] II. Ausbildung der höheren Lehrerinnen 1) Die Ausbildung der Lehrerinnen für mittlere und höhere Mädchen- schulen wird auf den höheren Lehrerinnenseminaren, die mit der Frauen- schule zusammen als Lyzeum bezeichnet werden, erworben und dauert 4 Jahre. Sie ist so gestaltet, daß nach den ersten 3 Jahren eine wissen- schaftliche Abschlußprüfung stattfindet, die zum Eintritt in das praktische Jahr berechtigt. Die folgende einjährige praktisch-methodische Ausbildung schließt mit der Lehramtsprüfung. Die dreijährige Seminarzeit kann durch die Ausbildung in der Studienanstalt ersetzt werden, da nach den Be- stimmungen vom 3. April 1909 die Abiturientinnen, die in das praktische Jahr eines höheren Lehrerinnenseminars eintreten, ebenfalls am Schlusse dieses Jahres die lehramtliche Prüfung für höhere Mädchenschulen ablegen können. Den lehrplanmäßigen Stoff in der Pädagogik haben sie entweder bei der Aufnahme in das praktische Jahr oder nachträglich bei der Schlußprüfung nachzuweisen, ebenso die nötigen Kenntnisse in Französisch und Englisch, die den Absolventinnen der gymnasialen Studienanstalten fehlen dürften. Die Absolvierung der Studienanstalt berechtigt außer- dem zum Besuch der Universität und gibt die Möglichkeit einer freien Wahl aller akademischen Laufbahnen, während das Seminar nur den Lehrberuf erschließt. Weiterstrebende Lehrerinnen können infolge einer Verfügung vom 14. Dezember 1905 zur Prüfung für das höhere Lehr¬ amt pro facultate docendi zugelassen werden. Die Dauer des an deutschen Staatsuniversitäten ordnungsmäßig zu absolvierenden Studiums beträgt mindestens 6-8 Semester. III. Technische Lehrerinnen gibt es sowohl an Volksschulen, wie an mittleren und höheren Mädchen- schulen. An den Volksschulen und Mädchen-Mittelschulen verlangt man von den technischen Lehrerinnen meist die Befähigung für den Unterricht in Handarbeit, Haushaltung und Turnen, an den höheren Mädchenschulen, wo der Haushaltungsunterricht wegfällt, wünscht man statt dessen vielfach die Befähigung für den Zeichenunterricht. Die Befähigung zur Erteilung des Handarbeitsunterrichts in Volks-, mittleren und höheren Mädchen- schulen wird, ebenso wie die Befähigung zur Erteilung des Unterrichts in der Hauswirtschaftskunde an Volks- und Mittelschulen, durch Ablegung einer Prüfung erworben, die durch die Prüfungsordnung vom 18. Mai 1908 geregelt ist. Nach einer Verfügung vom 12. Juni 1909 ist die Zulassung zu jeder der beiden Prüfungen unbedingt von der Absolvierung 1) Nach dem Handbuch der Frauenbewegung von H. Lange & Dr. G. Bäumer.

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Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-12-13T13:13:46Z)

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Zitationshilfe: Bohrer, Bertha: Die Lehrerinnen und das Frauenstimmrecht. Berlin, 1911 (= Schriften des Preußischen Landesvereins für Frauenstimmrecht, Bd. 9), S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohrer_lehrerinnen_1911/13>, abgerufen am 19.04.2024.