Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Tochter, du eine Schwester, du Page dort eine Mut¬
ter -- Frau, Tochter, Schwester, Mutter, der Kö¬
nig hat sie Alle. Und die Großen, welchen er das
vorwirft, sind die vornehmsten historischen Familien
des Landes, Triboulet nennt sie Alle bei Namen,
und unter diesen Bastard-Ahnen wird auch die
Familie genannt, von welcher die Bourbons herstam¬
men. Ich habe das Buch schon weggegeben und ich
kann die betreffende Stelle nicht selbst beurtheilen.

Der Dichter in seinem Zorne gegen die Mini¬
ster triumphirt, daß so viele Kunstfeinde er auch habe,
diese doch, nachdem er eine so schnöde Behandlung er¬
fahren, Alle gleich auf seine Seite getreten wären.
"En France, quiconque est persecute n'a plus
"d'ennemis que le persecuteur
." Alles wie bei
uns! Viktor Hugo hat das Theater francais beim
Handels-Gerichte verklagt, es zur ferneren Aufführung
des Dramas zu zwingen, oder zu einer Entschädi¬
gung von vierhundert Franken für jeden Theater-
Abend zu verurtheilen. Odillon Barrot wird für den
Kläger das Wort führen. Was wird er gewinnen?
nichts; auch weiß er das und es ist ihm nur um den
Scandal zu thun; Aber was gewinnen die Mini¬
ster dabei? Der Dichter sagt es offen heraus: er
habe sich bis jetzt nur mit den stillen friedlichen Mu¬
sen beschäftigt; er habe sich von der Politik immer
entfernt gehalten; von nun aber, weil gereitzt, werde

Tochter, du eine Schweſter, du Page dort eine Mut¬
ter — Frau, Tochter, Schweſter, Mutter, der Kö¬
nig hat ſie Alle. Und die Großen, welchen er das
vorwirft, ſind die vornehmſten hiſtoriſchen Familien
des Landes, Triboulet nennt ſie Alle bei Namen,
und unter dieſen Baſtard-Ahnen wird auch die
Familie genannt, von welcher die Bourbons herſtam¬
men. Ich habe das Buch ſchon weggegeben und ich
kann die betreffende Stelle nicht ſelbſt beurtheilen.

Der Dichter in ſeinem Zorne gegen die Mini¬
ſter triumphirt, daß ſo viele Kunſtfeinde er auch habe,
dieſe doch, nachdem er eine ſo ſchnöde Behandlung er¬
fahren, Alle gleich auf ſeine Seite getreten wären.
En France, quiconque est persécuté n'a plus
„d'ennemis que le persécuteur
.“ Alles wie bei
uns! Viktor Hugo hat das Theater français beim
Handels-Gerichte verklagt, es zur ferneren Aufführung
des Dramas zu zwingen, oder zu einer Entſchädi¬
gung von vierhundert Franken für jeden Theater-
Abend zu verurtheilen. Odillon Barrot wird für den
Kläger das Wort führen. Was wird er gewinnen?
nichts; auch weiß er das und es iſt ihm nur um den
Scandal zu thun; Aber was gewinnen die Mini¬
ſter dabei? Der Dichter ſagt es offen heraus: er
habe ſich bis jetzt nur mit den ſtillen friedlichen Mu¬
ſen beſchäftigt; er habe ſich von der Politik immer
entfernt gehalten; von nun aber, weil gereitzt, werde

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0099" n="87"/>
Tochter, du eine Schwe&#x017F;ter, du Page dort eine Mut¬<lb/>
ter &#x2014; Frau, Tochter, Schwe&#x017F;ter, Mutter, der Kö¬<lb/>
nig hat &#x017F;ie Alle. Und die Großen, welchen er das<lb/>
vorwirft, &#x017F;ind die vornehm&#x017F;ten hi&#x017F;tori&#x017F;chen Familien<lb/>
des Landes, Triboulet nennt &#x017F;ie Alle bei Namen,<lb/>
und unter die&#x017F;en Ba&#x017F;tard-Ahnen wird auch die<lb/>
Familie genannt, von welcher die Bourbons her&#x017F;tam¬<lb/>
men. Ich habe das Buch &#x017F;chon weggegeben und ich<lb/>
kann die betreffende Stelle nicht &#x017F;elb&#x017F;t beurtheilen.</p><lb/>
          <p>Der Dichter in &#x017F;einem Zorne gegen die Mini¬<lb/>
&#x017F;ter triumphirt, daß &#x017F;o viele Kun&#x017F;tfeinde er auch habe,<lb/>
die&#x017F;e doch, nachdem er eine &#x017F;o &#x017F;chnöde Behandlung er¬<lb/>
fahren, Alle gleich auf &#x017F;eine Seite getreten wären.<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#aq">En France, quiconque est persécuté n'a plus<lb/>
&#x201E;d'ennemis que le persécuteur</hi>.&#x201C; Alles wie bei<lb/>
uns! Viktor Hugo hat das Theater fran<hi rendition="#aq">ç</hi>ais beim<lb/>
Handels-Gerichte verklagt, es zur ferneren Aufführung<lb/>
des Dramas zu zwingen, oder zu einer Ent&#x017F;chädi¬<lb/>
gung von vierhundert Franken für jeden Theater-<lb/>
Abend zu verurtheilen. Odillon Barrot wird für den<lb/>
Kläger das Wort führen. Was wird er gewinnen?<lb/>
nichts; auch weiß er das und es i&#x017F;t ihm nur um den<lb/>
Scandal zu thun; Aber was gewinnen die Mini¬<lb/>
&#x017F;ter dabei? Der Dichter &#x017F;agt es offen heraus: er<lb/>
habe &#x017F;ich bis jetzt nur mit den &#x017F;tillen friedlichen Mu¬<lb/>
&#x017F;en be&#x017F;chäftigt; er habe &#x017F;ich von der Politik immer<lb/>
entfernt gehalten; von nun aber, weil gereitzt, werde<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0099] Tochter, du eine Schweſter, du Page dort eine Mut¬ ter — Frau, Tochter, Schweſter, Mutter, der Kö¬ nig hat ſie Alle. Und die Großen, welchen er das vorwirft, ſind die vornehmſten hiſtoriſchen Familien des Landes, Triboulet nennt ſie Alle bei Namen, und unter dieſen Baſtard-Ahnen wird auch die Familie genannt, von welcher die Bourbons herſtam¬ men. Ich habe das Buch ſchon weggegeben und ich kann die betreffende Stelle nicht ſelbſt beurtheilen. Der Dichter in ſeinem Zorne gegen die Mini¬ ſter triumphirt, daß ſo viele Kunſtfeinde er auch habe, dieſe doch, nachdem er eine ſo ſchnöde Behandlung er¬ fahren, Alle gleich auf ſeine Seite getreten wären. „En France, quiconque est persécuté n'a plus „d'ennemis que le persécuteur.“ Alles wie bei uns! Viktor Hugo hat das Theater français beim Handels-Gerichte verklagt, es zur ferneren Aufführung des Dramas zu zwingen, oder zu einer Entſchädi¬ gung von vierhundert Franken für jeden Theater- Abend zu verurtheilen. Odillon Barrot wird für den Kläger das Wort führen. Was wird er gewinnen? nichts; auch weiß er das und es iſt ihm nur um den Scandal zu thun; Aber was gewinnen die Mini¬ ſter dabei? Der Dichter ſagt es offen heraus: er habe ſich bis jetzt nur mit den ſtillen friedlichen Mu¬ ſen beſchäftigt; er habe ſich von der Politik immer entfernt gehalten; von nun aber, weil gereitzt, werde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/99
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/99>, abgerufen am 16.04.2024.