Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Gesicht weg, findet die Leiter an seinem eignen Hause
gelehnt und zu seinen Füßen liegt der Schleier seiner
Tochter. Die Räuber waren schon weg; sie brach¬
ten die arme Taube in ihres Königs Küche, aus
der sie der unglückliche Vater gerupft wieder be¬
kam. --

Triboulet ist seiner Sache noch nicht ganz ge¬
wiß, er vermuthet nur erst, wohin man seine Toch¬
ter geführt. Am andern Morgen erscheint er im
Louvre, zeigt sich wie immer, aber er lauert. Das
Flüstern und Lachen der Höflinge wird ihm immer
deutlicher, und bald weiß er, daß seine Tochter beim
Könige ist. Er weint und fleht und droht, man
solle ihm sein Kind zurückgeben. Es muß in den
Thränen, den Bitten und dem Zorne eines Vaters
etwas sein, was selbst den Spott und Uebermuth der
Höflinge entwaffnet. Alle schweigen und sind bestürzt.
Triboulets Muth steigt, und er kehrt mit seinen
Blicken
die ganze Rotte zum Saale hinaus. So
drückt sich der Dichter aus. Bald stürzt Triboulets
Tochter aus des Königs Zimmer und sinkt unter
Todesblässe erröthend, in die Arme ihres Vaters.
Sie will ihm Alles erzählen, er erläßt ihr den
Schmerz, er weiß schon Alles. Er führt seine Toch¬
ter fort, kehrt zum Hofe zurück und macht den lusti¬

Geſicht weg, findet die Leiter an ſeinem eignen Hauſe
gelehnt und zu ſeinen Füßen liegt der Schleier ſeiner
Tochter. Die Räuber waren ſchon weg; ſie brach¬
ten die arme Taube in ihres Königs Küche, aus
der ſie der unglückliche Vater gerupft wieder be¬
kam. —

Triboulet iſt ſeiner Sache noch nicht ganz ge¬
wiß, er vermuthet nur erſt, wohin man ſeine Toch¬
ter geführt. Am andern Morgen erſcheint er im
Louvre, zeigt ſich wie immer, aber er lauert. Das
Flüſtern und Lachen der Höflinge wird ihm immer
deutlicher, und bald weiß er, daß ſeine Tochter beim
Könige iſt. Er weint und fleht und droht, man
ſolle ihm ſein Kind zurückgeben. Es muß in den
Thränen, den Bitten und dem Zorne eines Vaters
etwas ſein, was ſelbſt den Spott und Uebermuth der
Höflinge entwaffnet. Alle ſchweigen und ſind beſtürzt.
Triboulets Muth ſteigt, und er kehrt mit ſeinen
Blicken
die ganze Rotte zum Saale hinaus. So
drückt ſich der Dichter aus. Bald ſtürzt Triboulets
Tochter aus des Königs Zimmer und ſinkt unter
Todesbläſſe erröthend, in die Arme ihres Vaters.
Sie will ihm Alles erzählen, er erläßt ihr den
Schmerz, er weiß ſchon Alles. Er führt ſeine Toch¬
ter fort, kehrt zum Hofe zurück und macht den luſti¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0089" n="77"/>
Ge&#x017F;icht weg, findet die Leiter an &#x017F;einem eignen Hau&#x017F;e<lb/>
gelehnt und zu &#x017F;einen Füßen liegt der Schleier &#x017F;einer<lb/>
Tochter. Die Räuber waren &#x017F;chon weg; &#x017F;ie brach¬<lb/>
ten die arme Taube in ihres Königs Küche, aus<lb/>
der &#x017F;ie der unglückliche Vater gerupft wieder be¬<lb/>
kam. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Triboulet i&#x017F;t &#x017F;einer Sache noch nicht ganz ge¬<lb/>
wiß, er vermuthet nur er&#x017F;t, wohin man &#x017F;eine Toch¬<lb/>
ter geführt. Am andern Morgen er&#x017F;cheint er im<lb/>
Louvre, zeigt &#x017F;ich wie immer, aber er lauert. Das<lb/>
Flü&#x017F;tern und Lachen der Höflinge wird ihm immer<lb/>
deutlicher, und bald weiß er, daß &#x017F;eine Tochter beim<lb/>
Könige i&#x017F;t. Er weint und fleht und droht, man<lb/>
&#x017F;olle ihm &#x017F;ein Kind zurückgeben. Es muß in den<lb/>
Thränen, den Bitten und dem Zorne eines Vaters<lb/>
etwas &#x017F;ein, was &#x017F;elb&#x017F;t den Spott und Uebermuth der<lb/>
Höflinge entwaffnet. Alle &#x017F;chweigen und &#x017F;ind be&#x017F;türzt.<lb/>
Triboulets Muth &#x017F;teigt, und <hi rendition="#g">er kehrt mit &#x017F;einen<lb/>
Blicken</hi> die ganze Rotte zum Saale hinaus. So<lb/>
drückt &#x017F;ich der Dichter aus. Bald &#x017F;türzt Triboulets<lb/>
Tochter aus des Königs Zimmer und &#x017F;inkt unter<lb/>
Todesblä&#x017F;&#x017F;e erröthend, in die Arme ihres Vaters.<lb/>
Sie will ihm Alles erzählen, er erläßt ihr den<lb/>
Schmerz, er weiß &#x017F;chon Alles. Er führt &#x017F;eine Toch¬<lb/>
ter fort, kehrt zum Hofe zurück und macht den lu&#x017F;ti¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0089] Geſicht weg, findet die Leiter an ſeinem eignen Hauſe gelehnt und zu ſeinen Füßen liegt der Schleier ſeiner Tochter. Die Räuber waren ſchon weg; ſie brach¬ ten die arme Taube in ihres Königs Küche, aus der ſie der unglückliche Vater gerupft wieder be¬ kam. — Triboulet iſt ſeiner Sache noch nicht ganz ge¬ wiß, er vermuthet nur erſt, wohin man ſeine Toch¬ ter geführt. Am andern Morgen erſcheint er im Louvre, zeigt ſich wie immer, aber er lauert. Das Flüſtern und Lachen der Höflinge wird ihm immer deutlicher, und bald weiß er, daß ſeine Tochter beim Könige iſt. Er weint und fleht und droht, man ſolle ihm ſein Kind zurückgeben. Es muß in den Thränen, den Bitten und dem Zorne eines Vaters etwas ſein, was ſelbſt den Spott und Uebermuth der Höflinge entwaffnet. Alle ſchweigen und ſind beſtürzt. Triboulets Muth ſteigt, und er kehrt mit ſeinen Blicken die ganze Rotte zum Saale hinaus. So drückt ſich der Dichter aus. Bald ſtürzt Triboulets Tochter aus des Königs Zimmer und ſinkt unter Todesbläſſe erröthend, in die Arme ihres Vaters. Sie will ihm Alles erzählen, er erläßt ihr den Schmerz, er weiß ſchon Alles. Er führt ſeine Toch¬ ter fort, kehrt zum Hofe zurück und macht den luſti¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/89
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/89>, abgerufen am 25.04.2024.