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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

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tete mir: im Hofe, links, im zweiten Stocke über
den Entre-Sol. Da stieg ich hinauf und kam durch
eine Reihe Zimmer, voll der schönsten Frauen und
Waaren; es war ein Bazar und Serail zugleich.
Man sah alle möglichen Handarbeiten in Nähereien,
Strickereien, Stickereien, Malereien und wie sie
sonst heißen. Auch männliche Handarbeiten, Bücher
waren zum Verkaufe ausgestellt. An jedem Tische
oder Laden stand eine Dame die verkaufte; an jedem
Artikel war der Preis geschrieben. Eine Bekannte
die ich dort fand erklärte mir: das wäre der Bazar
eines Frauenvereins, der jeden Winter zum Besten
der Armen diese Waare verfertigte und verkaufte.
Stifterin dieses Vereins ist eine Madame Lutteroth,
Schwiegertochter des reichen Kaufmanns, der früher
in Frankfurt wohnte. Die wohlthätige Neigung die¬
ser Dame wurde durch die Religionssekte zu welcher
sich ihr Mann bekennt (ich glaube zu den Mennoni¬
ten) noch verstärkt und angetrieben. Auch ist es ihre
Wohnung in welcher die Waaren ausgestellt sind.
Es war recht artig zu sehen wie die Damen alle
ihre Sachen priesen und anboten, mit einem Eifer,
einer Zuthulichkeit, als verkauften sie zu ihrem eig¬
nen Gewinnste. Auf diese Art sind Sie zu dem
blauen Geldbeutel gekommen. Jetzt aber bleiben
Sie nicht länger eine verstockte Aristokratin, und

tete mir: im Hofe, links, im zweiten Stocke über
den Entre-Sol. Da ſtieg ich hinauf und kam durch
eine Reihe Zimmer, voll der ſchönſten Frauen und
Waaren; es war ein Bazar und Serail zugleich.
Man ſah alle möglichen Handarbeiten in Nähereien,
Strickereien, Stickereien, Malereien und wie ſie
ſonſt heißen. Auch männliche Handarbeiten, Bücher
waren zum Verkaufe ausgeſtellt. An jedem Tiſche
oder Laden ſtand eine Dame die verkaufte; an jedem
Artikel war der Preis geſchrieben. Eine Bekannte
die ich dort fand erklärte mir: das wäre der Bazar
eines Frauenvereins, der jeden Winter zum Beſten
der Armen dieſe Waare verfertigte und verkaufte.
Stifterin dieſes Vereins iſt eine Madame Lutteroth,
Schwiegertochter des reichen Kaufmanns, der früher
in Frankfurt wohnte. Die wohlthätige Neigung die¬
ſer Dame wurde durch die Religionsſekte zu welcher
ſich ihr Mann bekennt (ich glaube zu den Mennoni¬
ten) noch verſtärkt und angetrieben. Auch iſt es ihre
Wohnung in welcher die Waaren ausgeſtellt ſind.
Es war recht artig zu ſehen wie die Damen alle
ihre Sachen prieſen und anboten, mit einem Eifer,
einer Zuthulichkeit, als verkauften ſie zu ihrem eig¬
nen Gewinnſte. Auf dieſe Art ſind Sie zu dem
blauen Geldbeutel gekommen. Jetzt aber bleiben
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[124/0136] tete mir: im Hofe, links, im zweiten Stocke über den Entre-Sol. Da ſtieg ich hinauf und kam durch eine Reihe Zimmer, voll der ſchönſten Frauen und Waaren; es war ein Bazar und Serail zugleich. Man ſah alle möglichen Handarbeiten in Nähereien, Strickereien, Stickereien, Malereien und wie ſie ſonſt heißen. Auch männliche Handarbeiten, Bücher waren zum Verkaufe ausgeſtellt. An jedem Tiſche oder Laden ſtand eine Dame die verkaufte; an jedem Artikel war der Preis geſchrieben. Eine Bekannte die ich dort fand erklärte mir: das wäre der Bazar eines Frauenvereins, der jeden Winter zum Beſten der Armen dieſe Waare verfertigte und verkaufte. Stifterin dieſes Vereins iſt eine Madame Lutteroth, Schwiegertochter des reichen Kaufmanns, der früher in Frankfurt wohnte. Die wohlthätige Neigung die¬ ſer Dame wurde durch die Religionsſekte zu welcher ſich ihr Mann bekennt (ich glaube zu den Mennoni¬ ten) noch verſtärkt und angetrieben. Auch iſt es ihre Wohnung in welcher die Waaren ausgeſtellt ſind. Es war recht artig zu ſehen wie die Damen alle ihre Sachen prieſen und anboten, mit einem Eifer, einer Zuthulichkeit, als verkauften ſie zu ihrem eig¬ nen Gewinnſte. Auf dieſe Art ſind Sie zu dem blauen Geldbeutel gekommen. Jetzt aber bleiben Sie nicht länger eine verſtockte Ariſtokratin, und

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/136>, abgerufen am 28.03.2024.