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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

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ben und dem König Otto leicht hergeflogen, und dann
wäre doch Symmetrie dabei gewesen und das Ganze
wäre ein Meisterstück geworden. O, Herr von Poißl!
ich weiß nicht ob Sie Verstand haben, aber Ge¬
schmack haben Sie nicht den Geringsten. Wie freue
ich mich, daß die verbrannten Olivenfelder wieder
grün werden; jetzt können doch die armen Griechen
wieder Salat essen. Aber die baierische Natio¬
nalfarbe
in welche sich der Himmel kleidete, als
er Audienz beim König Otto hatte -- ist das nicht
himmlisch? ja, ja so ist es. Den Himmel selbst möch¬
ten Sie gern zu Lakaien machen, und sein heiliges
Blau soll die Livree-Farbe eines deutschen Fürsten
seyn! Verdammniß! es kömmt mir manchmal vor,
als wäre die Erde ein großer Pfeifenkopf, aus dem
Gott raucht und Deutschland wäre der Wassersack
der Pfeife, bestimmt um diese rein zu erhalten, allen
Schmutz, alle stinkende Säfte aufzunehmen. Die
Zeit wird kommen, daß jeder europäische Fürst mit
einem Stücke seines Landes in den deutschen Bund
treten wird, um sich mit einem solchen heilsamen
Wassersacke zu versehen. Hanover ist der Wasser¬
sack Englands, Luxenburg der Wassersack der Nieder¬
lande, Holstein der Wassersack Dänemarks, Neufcha¬
tel der Wassersack der Schweiz. Wie heute die eng¬
lischen Blätter erzählen, soll ein anderer Sohn des
Königs von Baiern Donna Maria heirathen. So

ben und dem König Otto leicht hergeflogen, und dann
wäre doch Symmetrie dabei geweſen und das Ganze
wäre ein Meiſterſtück geworden. O, Herr von Poißl!
ich weiß nicht ob Sie Verſtand haben, aber Ge¬
ſchmack haben Sie nicht den Geringſten. Wie freue
ich mich, daß die verbrannten Olivenfelder wieder
grün werden; jetzt können doch die armen Griechen
wieder Salat eſſen. Aber die baieriſche Natio¬
nalfarbe
in welche ſich der Himmel kleidete, als
er Audienz beim König Otto hatte — iſt das nicht
himmliſch? ja, ja ſo iſt es. Den Himmel ſelbſt möch¬
ten Sie gern zu Lakaien machen, und ſein heiliges
Blau ſoll die Livree-Farbe eines deutſchen Fürſten
ſeyn! Verdammniß! es kömmt mir manchmal vor,
als wäre die Erde ein großer Pfeifenkopf, aus dem
Gott raucht und Deutſchland wäre der Waſſerſack
der Pfeife, beſtimmt um dieſe rein zu erhalten, allen
Schmutz, alle ſtinkende Säfte aufzunehmen. Die
Zeit wird kommen, daß jeder europäiſche Fürſt mit
einem Stücke ſeines Landes in den deutſchen Bund
treten wird, um ſich mit einem ſolchen heilſamen
Waſſerſacke zu verſehen. Hanover iſt der Waſſer¬
ſack Englands, Luxenburg der Waſſerſack der Nieder¬
lande, Holſtein der Waſſerſack Dänemarks, Neufcha¬
tel der Waſſerſack der Schweiz. Wie heute die eng¬
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[96/0108] ben und dem König Otto leicht hergeflogen, und dann wäre doch Symmetrie dabei geweſen und das Ganze wäre ein Meiſterſtück geworden. O, Herr von Poißl! ich weiß nicht ob Sie Verſtand haben, aber Ge¬ ſchmack haben Sie nicht den Geringſten. Wie freue ich mich, daß die verbrannten Olivenfelder wieder grün werden; jetzt können doch die armen Griechen wieder Salat eſſen. Aber die baieriſche Natio¬ nalfarbe in welche ſich der Himmel kleidete, als er Audienz beim König Otto hatte — iſt das nicht himmliſch? ja, ja ſo iſt es. Den Himmel ſelbſt möch¬ ten Sie gern zu Lakaien machen, und ſein heiliges Blau ſoll die Livree-Farbe eines deutſchen Fürſten ſeyn! Verdammniß! es kömmt mir manchmal vor, als wäre die Erde ein großer Pfeifenkopf, aus dem Gott raucht und Deutſchland wäre der Waſſerſack der Pfeife, beſtimmt um dieſe rein zu erhalten, allen Schmutz, alle ſtinkende Säfte aufzunehmen. Die Zeit wird kommen, daß jeder europäiſche Fürſt mit einem Stücke ſeines Landes in den deutſchen Bund treten wird, um ſich mit einem ſolchen heilſamen Waſſerſacke zu verſehen. Hanover iſt der Waſſer¬ ſack Englands, Luxenburg der Waſſerſack der Nieder¬ lande, Holſtein der Waſſerſack Dänemarks, Neufcha¬ tel der Waſſerſack der Schweiz. Wie heute die eng¬ liſchen Blätter erzählen, ſoll ein anderer Sohn des Königs von Baiern Donna Maria heirathen. So

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/108>, abgerufen am 19.04.2024.