Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite

bey Ankunft Martin Opitzens.
mern Trotz gebotten. Jn Franckreich hat der
berühmte Ronsardt durch seine Poesie die Ge-
müther wie fast verzaubert, und ist von sei-
nem König mit reichen Einkommen begabet
worden. Barthasius hat durch sein schönes
und schweres Werck solch Lob eingelegt, als
wäre er der vornehmste Griechische oder La-
teinische Poet gewesen. Des Edlen Herrn
Sidney Areadia macht die Engelländer fast
stoltz mit ihrer Sprach. Wie hoch der Nie-
derländische Apollo, Daniel Heinsius, gestiegen
sey, kan ich mit meinen niedrigen Sinnen
nicht ergründen, und will hier in Erwähnung
seiner meine Feder zuruck halten, daß ich sein
werthes Lob und Ehre, die er durch seine
übernatürliche Geschicklichkeit verdienet, mit
meiner Zungen Unmündigkeit nicht verkleinere.
So können der Amsterdamer Achilles und
Polyxena, Theseus und Ariadne, Granida
Gerhard von Velsen, Roderich und Alfon-
sus, Griane, Spanischer Brabander, Lu-
cella, stummer Ritter, Jthys, Polyxena,
Jsabella, und andere fast dem Seneca, und
Terentio dem höflichsten unter allen Lateini-
schen Scribenten, an die Seite gesetzt wer-
den. Wir Deutschen allein undanckbar ge-
gen unserm Lande, undanckbar gegen unserer
alten Sprache, haben ihr noch zur Zeit die
Ehre nicht angethan, daß die angenehme Poe-

sie
B 4

bey Ankunft Martin Opitzens.
mern Trotz gebotten. Jn Franckreich hat der
beruͤhmte Ronſardt durch ſeine Poeſie die Ge-
muͤther wie faſt verzaubert, und iſt von ſei-
nem Koͤnig mit reichen Einkommen begabet
worden. Barthaſius hat durch ſein ſchoͤnes
und ſchweres Werck ſolch Lob eingelegt, als
waͤre er der vornehmſte Griechiſche oder La-
teiniſche Poet geweſen. Des Edlen Herrn
Sidney Areadia macht die Engellaͤnder faſt
ſtoltz mit ihrer Sprach. Wie hoch der Nie-
derlaͤndiſche Apollo, Daniel Heinſius, geſtiegen
ſey, kan ich mit meinen niedrigen Sinnen
nicht ergruͤnden, und will hier in Erwaͤhnung
ſeiner meine Feder zuruck halten, daß ich ſein
werthes Lob und Ehre, die er durch ſeine
uͤbernatuͤrliche Geſchicklichkeit verdienet, mit
meiner Zungen Unmuͤndigkeit nicht verkleinere.
So koͤnnen der Amſterdamer Achilles und
Polyxena, Theſeus und Ariadne, Granida
Gerhard von Velſen, Roderich und Alfon-
ſus, Griane, Spaniſcher Brabander, Lu-
cella, ſtummer Ritter, Jthys, Polyxena,
Jſabella, und andere faſt dem Seneca, und
Terentio dem hoͤflichſten unter allen Lateini-
ſchen Scribenten, an die Seite geſetzt wer-
den. Wir Deutſchen allein undanckbar ge-
gen unſerm Lande, undanckbar gegen unſerer
alten Sprache, haben ihr noch zur Zeit die
Ehre nicht angethan, daß die angenehme Poe-

ſie
B 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0023" n="23"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">bey Ankunft Martin Opitzens.</hi></fw><lb/>
mern Trotz gebotten. Jn Franckreich hat der<lb/>
beru&#x0364;hmte Ron&#x017F;ardt durch &#x017F;eine Poe&#x017F;ie die Ge-<lb/>
mu&#x0364;ther wie fa&#x017F;t verzaubert, und i&#x017F;t von &#x017F;ei-<lb/>
nem Ko&#x0364;nig mit reichen Einkommen begabet<lb/>
worden. Bartha&#x017F;ius hat durch &#x017F;ein &#x017F;cho&#x0364;nes<lb/>
und &#x017F;chweres Werck &#x017F;olch Lob eingelegt, als<lb/>
wa&#x0364;re er der vornehm&#x017F;te Griechi&#x017F;che oder La-<lb/>
teini&#x017F;che Poet gewe&#x017F;en. Des Edlen Herrn<lb/>
Sidney Areadia macht die Engella&#x0364;nder fa&#x017F;t<lb/>
&#x017F;toltz mit ihrer Sprach. Wie hoch der Nie-<lb/>
derla&#x0364;ndi&#x017F;che Apollo, Daniel Hein&#x017F;ius, ge&#x017F;tiegen<lb/>
&#x017F;ey, kan ich mit meinen niedrigen Sinnen<lb/>
nicht ergru&#x0364;nden, und will hier in Erwa&#x0364;hnung<lb/>
&#x017F;einer meine Feder zuruck halten, daß ich &#x017F;ein<lb/>
werthes Lob und Ehre, die er durch &#x017F;eine<lb/>
u&#x0364;bernatu&#x0364;rliche Ge&#x017F;chicklichkeit verdienet, mit<lb/>
meiner Zungen Unmu&#x0364;ndigkeit nicht verkleinere.<lb/>
So ko&#x0364;nnen der Am&#x017F;terdamer Achilles und<lb/>
Polyxena, The&#x017F;eus und Ariadne, Granida<lb/>
Gerhard von Vel&#x017F;en, Roderich und Alfon-<lb/>
&#x017F;us, Griane, Spani&#x017F;cher Brabander, Lu-<lb/>
cella, &#x017F;tummer Ritter, Jthys, Polyxena,<lb/>
J&#x017F;abella, und andere fa&#x017F;t dem Seneca, und<lb/>
Terentio dem ho&#x0364;flich&#x017F;ten unter allen Lateini-<lb/>
&#x017F;chen Scribenten, an die Seite ge&#x017F;etzt wer-<lb/>
den. Wir Deut&#x017F;chen allein undanckbar ge-<lb/>
gen un&#x017F;erm Lande, undanckbar gegen un&#x017F;erer<lb/>
alten Sprache, haben ihr noch zur Zeit die<lb/>
Ehre nicht angethan, daß die angenehme Poe-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 4</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0023] bey Ankunft Martin Opitzens. mern Trotz gebotten. Jn Franckreich hat der beruͤhmte Ronſardt durch ſeine Poeſie die Ge- muͤther wie faſt verzaubert, und iſt von ſei- nem Koͤnig mit reichen Einkommen begabet worden. Barthaſius hat durch ſein ſchoͤnes und ſchweres Werck ſolch Lob eingelegt, als waͤre er der vornehmſte Griechiſche oder La- teiniſche Poet geweſen. Des Edlen Herrn Sidney Areadia macht die Engellaͤnder faſt ſtoltz mit ihrer Sprach. Wie hoch der Nie- derlaͤndiſche Apollo, Daniel Heinſius, geſtiegen ſey, kan ich mit meinen niedrigen Sinnen nicht ergruͤnden, und will hier in Erwaͤhnung ſeiner meine Feder zuruck halten, daß ich ſein werthes Lob und Ehre, die er durch ſeine uͤbernatuͤrliche Geſchicklichkeit verdienet, mit meiner Zungen Unmuͤndigkeit nicht verkleinere. So koͤnnen der Amſterdamer Achilles und Polyxena, Theſeus und Ariadne, Granida Gerhard von Velſen, Roderich und Alfon- ſus, Griane, Spaniſcher Brabander, Lu- cella, ſtummer Ritter, Jthys, Polyxena, Jſabella, und andere faſt dem Seneca, und Terentio dem hoͤflichſten unter allen Lateini- ſchen Scribenten, an die Seite geſetzt wer- den. Wir Deutſchen allein undanckbar ge- gen unſerm Lande, undanckbar gegen unſerer alten Sprache, haben ihr noch zur Zeit die Ehre nicht angethan, daß die angenehme Poe- ſie B 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung09_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung09_1743/23
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung09_1743/23>, abgerufen am 29.03.2024.