Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite

bey Ankunft Martin Opitzens.
Sondern gebrauch Weil, List, Betrug,
Falsche Flucht, Angriff, und Aufzug,
Damit die Vestung zu entdecken.

Wann dann mit zitterender Stimm,
Wann dann mit gleißnerischem Grimm
Sie dich wird arg, frech und böß nennen;
Hör doch nicht auf mit vollem Lust
Jhre Stirn, Mund, Hals, Wangen, Brust,
Mit tausent Küssen anzurennen.
Sie mag lang sagen, es ist gnug,
Es ist gnug, seyd ein wenig klug,
Und dir mit beyden Händen wehren,
Damit sie doch nicht unten lig,
Häng du gleichwohl stets nach dem Sieg,
Durch welchen sich die Lieb muß mehren.
Also in diesem heissen Streit
Begierig nach der süssen Beut
Kanst du den Sturm wiedrum erneuen,
Und laß von ihrer Brust und Schoß
Weiß, rund, steiff, glatt, und mangelloß,
Dein geile Hände nichts abscheuen.
Wann du so nah nun bey dem Platz,
Solt du Kuß auf Kuß, Schmatz auf Schmatz,
Schmuck auf Schmuck, Lieb auf Lieb loß schiessen,
Alsdann solt du dein Blut, den Lohn
Der Lieb nemlich die Myrten-Kron
Zu'rlangen, hertzhafftig vergiessen.
Mehr dann Stern in der klaren Nacht,
Mehr dann Blumen, des Frühlings Pracht,
Mehr denn Bienen auf Hybla fliegen,
Sollen gantz tieffgründende Küß,
Sollen süß empfindende Biß
Jhr vergebliche Forcht betriegen.
Aechtzen mit geilschimpfender Schmach
Und Lächlen mit schertzender Sprach,
Und Possen sollen da nicht fehlen:
Seuff-
[Crit. Samml. IX. St.] B

bey Ankunft Martin Opitzens.
Sondern gebrauch Weil, Liſt, Betrug,
Falſche Flucht, Angriff, und Aufzug,
Damit die Veſtung zu entdecken.

Wann dann mit zitterender Stimm,
Wann dann mit gleißneriſchem Grimm
Sie dich wird arg, frech und boͤß nennen;
Hoͤr doch nicht auf mit vollem Luſt
Jhre Stirn, Mund, Hals, Wangen, Bruſt,
Mit tauſent Kuͤſſen anzurennen.
Sie mag lang ſagen, es iſt gnug,
Es iſt gnug, ſeyd ein wenig klug,
Und dir mit beyden Haͤnden wehren,
Damit ſie doch nicht unten lig,
Haͤng du gleichwohl ſtets nach dem Sieg,
Durch welchen ſich die Lieb muß mehren.
Alſo in dieſem heiſſen Streit
Begierig nach der ſuͤſſen Beut
Kanſt du den Sturm wiedrum erneuen,
Und laß von ihrer Bruſt und Schoß
Weiß, rund, ſteiff, glatt, und mangelloß,
Dein geile Haͤnde nichts abſcheuen.
Wann du ſo nah nun bey dem Platz,
Solt du Kuß auf Kuß, Schmatz auf Schmatz,
Schmuck auf Schmuck, Lieb auf Lieb loß ſchieſſen,
Alsdann ſolt du dein Blut, den Lohn
Der Lieb nemlich die Myrten-Kron
Zu’rlangen, hertzhafftig vergieſſen.
Mehr dann Stern in der klaren Nacht,
Mehr dann Blumen, des Fruͤhlings Pracht,
Mehr denn Bienen auf Hybla fliegen,
Sollen gantz tieffgruͤndende Kuͤß,
Sollen ſuͤß empfindende Biß
Jhr vergebliche Forcht betriegen.
Aechtzen mit geilſchimpfender Schmach
Und Laͤchlen mit ſchertzender Sprach,
Und Poſſen ſollen da nicht fehlen:
Seuff-
[Crit. Sam̃l. IX. St.] B
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="12">
            <pb facs="#f0017" n="17"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">bey Ankunft Martin Opitzens.</hi> </fw><lb/>
            <l>Sondern gebrauch Weil, Li&#x017F;t, Betrug,</l><lb/>
            <l>Fal&#x017F;che Flucht, Angriff, und Aufzug,</l><lb/>
            <l>Damit die Ve&#x017F;tung zu entdecken.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="13">
            <l>Wann dann mit zitterender Stimm,</l><lb/>
            <l>Wann dann mit gleißneri&#x017F;chem Grimm</l><lb/>
            <l>Sie dich wird arg, frech und bo&#x0364;ß nennen;</l><lb/>
            <l>Ho&#x0364;r doch nicht auf mit vollem Lu&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Jhre Stirn, Mund, Hals, Wangen, Bru&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Mit tau&#x017F;ent Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en anzurennen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="14">
            <l>Sie mag lang &#x017F;agen, es i&#x017F;t gnug,</l><lb/>
            <l>Es i&#x017F;t gnug, &#x017F;eyd ein wenig klug,</l><lb/>
            <l>Und dir mit beyden Ha&#x0364;nden wehren,</l><lb/>
            <l>Damit &#x017F;ie doch nicht unten lig,</l><lb/>
            <l>Ha&#x0364;ng du gleichwohl &#x017F;tets nach dem Sieg,</l><lb/>
            <l>Durch welchen &#x017F;ich die Lieb muß mehren.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="15">
            <l>Al&#x017F;o in die&#x017F;em hei&#x017F;&#x017F;en Streit</l><lb/>
            <l>Begierig nach der &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Beut</l><lb/>
            <l>Kan&#x017F;t du den Sturm wiedrum erneuen,</l><lb/>
            <l>Und laß von ihrer Bru&#x017F;t und Schoß</l><lb/>
            <l>Weiß, rund, &#x017F;teiff, glatt, und mangelloß,</l><lb/>
            <l>Dein geile Ha&#x0364;nde nichts ab&#x017F;cheuen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="16">
            <l>Wann du &#x017F;o nah nun bey dem Platz,</l><lb/>
            <l>Solt du Kuß auf Kuß, Schmatz auf Schmatz,</l><lb/>
            <l>Schmuck auf Schmuck, Lieb auf Lieb loß &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Alsdann &#x017F;olt du dein Blut, den Lohn</l><lb/>
            <l>Der Lieb nemlich die Myrten-Kron</l><lb/>
            <l>Zu&#x2019;rlangen, hertzhafftig vergie&#x017F;&#x017F;en.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="17">
            <l>Mehr dann Stern in der klaren Nacht,</l><lb/>
            <l>Mehr dann Blumen, des Fru&#x0364;hlings Pracht,</l><lb/>
            <l>Mehr denn Bienen auf Hybla fliegen,</l><lb/>
            <l>Sollen gantz tieffgru&#x0364;ndende Ku&#x0364;ß,</l><lb/>
            <l>Sollen &#x017F;u&#x0364;ß empfindende Biß</l><lb/>
            <l>Jhr vergebliche Forcht betriegen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="18">
            <l>Aechtzen mit geil&#x017F;chimpfender Schmach</l><lb/>
            <l>Und La&#x0364;chlen mit &#x017F;chertzender Sprach,</l><lb/>
            <l>Und Po&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollen da nicht fehlen:</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">[Crit. Sam&#x0303;l. <hi rendition="#aq">IX.</hi> St.] B</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Seuff-</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0017] bey Ankunft Martin Opitzens. Sondern gebrauch Weil, Liſt, Betrug, Falſche Flucht, Angriff, und Aufzug, Damit die Veſtung zu entdecken. Wann dann mit zitterender Stimm, Wann dann mit gleißneriſchem Grimm Sie dich wird arg, frech und boͤß nennen; Hoͤr doch nicht auf mit vollem Luſt Jhre Stirn, Mund, Hals, Wangen, Bruſt, Mit tauſent Kuͤſſen anzurennen. Sie mag lang ſagen, es iſt gnug, Es iſt gnug, ſeyd ein wenig klug, Und dir mit beyden Haͤnden wehren, Damit ſie doch nicht unten lig, Haͤng du gleichwohl ſtets nach dem Sieg, Durch welchen ſich die Lieb muß mehren. Alſo in dieſem heiſſen Streit Begierig nach der ſuͤſſen Beut Kanſt du den Sturm wiedrum erneuen, Und laß von ihrer Bruſt und Schoß Weiß, rund, ſteiff, glatt, und mangelloß, Dein geile Haͤnde nichts abſcheuen. Wann du ſo nah nun bey dem Platz, Solt du Kuß auf Kuß, Schmatz auf Schmatz, Schmuck auf Schmuck, Lieb auf Lieb loß ſchieſſen, Alsdann ſolt du dein Blut, den Lohn Der Lieb nemlich die Myrten-Kron Zu’rlangen, hertzhafftig vergieſſen. Mehr dann Stern in der klaren Nacht, Mehr dann Blumen, des Fruͤhlings Pracht, Mehr denn Bienen auf Hybla fliegen, Sollen gantz tieffgruͤndende Kuͤß, Sollen ſuͤß empfindende Biß Jhr vergebliche Forcht betriegen. Aechtzen mit geilſchimpfender Schmach Und Laͤchlen mit ſchertzender Sprach, Und Poſſen ſollen da nicht fehlen: Seuff- [Crit. Sam̃l. IX. St.] B

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung09_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung09_1743/17
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung09_1743/17>, abgerufen am 20.04.2024.