Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742.

Bild:
<< vorherige Seite

Mauvillons Brief
bringen soll, und ob dergleichen Entdeckungen
der menschlichen Gesellschaft grossen Nutzen brin-
gen. Jst das ein grosses Lob vor einen Feld-
herrn, daß man in etlichen Wörtern, welche
wenig oder nichts von seinen Heldenthaten mel-
den, das Jahr ausfindet, in welchem er den
Generalstab geführt hat? Man muß kein gros-
ser Künstler seyn, eine solche herrliche Geburt
auf die Welt zu bringen; es braucht weiter nichts,
als ein wenig Geduld, Wörter auszuklauben,
und man wird mehr als genug herausbringen,
sofern man nur die Sprache versteht, in wel-
cher man reden will.

Allein
Besingen de Croix und Royen im Latein,
Sind sie schon, wie es scheint, zur Hochzeit nicht gebeten.
Jn eben diesem Gedichte:
Vom Vater, Sohn u. Geist, u. von des Glaubens Grund
Hat Faithfull Thät ein Buch in Versen fürgetragen,
Dieß macht nun Wagner zwar in deutschen Reimen kund,
Allein sie klingen meist, wie ein noch neuer Wagen.
Jn dem Gedichte von der Zeugung des Menschen I. Th.
Bl. 164.
Doch weil die Würmer gar zu klein,
So mußten grosse Gönner seyn.
Jn dem IIIten Th. Bl. 312.
Und Wolf mit dessen Wissenschaft
Fast alle Hohen Schulen pralen,
Ob ihm der Neid mit heilger List
Gleich lange widerstanden ist.
Da nun Hrn. D. Trillers Gedichte, wie er selbst und die
gelehrten Zeitungsschreiber einhellig rühmen, von der deut-
schen Nation begierig aufgekauft und gelesen werden, was
muß wohl ein Fremder von dem Geschmacke der deutschen
Nation urtheilen?

Mauvillons Brief
bringen ſoll, und ob dergleichen Entdeckungen
der menſchlichen Geſellſchaft groſſen Nutzen brin-
gen. Jſt das ein groſſes Lob vor einen Feld-
herrn, daß man in etlichen Woͤrtern, welche
wenig oder nichts von ſeinen Heldenthaten mel-
den, das Jahr ausfindet, in welchem er den
Generalſtab gefuͤhrt hat? Man muß kein groſ-
ſer Kuͤnſtler ſeyn, eine ſolche herrliche Geburt
auf die Welt zu bringen; es braucht weiter nichts,
als ein wenig Geduld, Woͤrter auszuklauben,
und man wird mehr als genug herausbringen,
ſofern man nur die Sprache verſteht, in wel-
cher man reden will.

Allein
Beſingen de Croix und Royen im Latein,
Sind ſie ſchon, wie es ſcheint, zur Hochzeit nicht gebeten.
Jn eben dieſem Gedichte:
Vom Vater, Sohn u. Geiſt, u. von des Glaubens Grund
Hat Faithfull Thaͤt ein Buch in Verſen fuͤrgetragen,
Dieß macht nun Wagner zwar in deutſchen Reimen kund,
Allein ſie klingen meiſt, wie ein noch neuer Wagen.
Jn dem Gedichte von der Zeugung des Menſchen I. Th.
Bl. 164.
Doch weil die Wuͤrmer gar zu klein,
So mußten groſſe Goͤnner ſeyn.
Jn dem IIIten Th. Bl. 312.
Und Wolf mit deſſen Wiſſenſchaft
Faſt alle Hohen Schulen pralen,
Ob ihm der Neid mit heilger Liſt
Gleich lange widerſtanden iſt.
Da nun Hrn. D. Trillers Gedichte, wie er ſelbſt und die
gelehrten Zeitungsſchreiber einhellig ruͤhmen, von der deut-
ſchen Nation begierig aufgekauft und geleſen werden, was
muß wohl ein Fremder von dem Geſchmacke der deutſchen
Nation urtheilen?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0040" n="40"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Mauvillons Brief</hi></fw><lb/>
bringen &#x017F;oll, und ob dergleichen Entdeckungen<lb/>
der men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft gro&#x017F;&#x017F;en Nutzen brin-<lb/>
gen. J&#x017F;t das ein gro&#x017F;&#x017F;es Lob vor einen Feld-<lb/>
herrn, daß man in etlichen Wo&#x0364;rtern, welche<lb/>
wenig oder nichts von &#x017F;einen Heldenthaten mel-<lb/>
den, das Jahr ausfindet, in welchem er den<lb/>
General&#x017F;tab gefu&#x0364;hrt hat? Man muß kein gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er Ku&#x0364;n&#x017F;tler &#x017F;eyn, eine &#x017F;olche herrliche Geburt<lb/>
auf die Welt zu bringen; es braucht weiter nichts,<lb/>
als ein wenig Geduld, Wo&#x0364;rter auszuklauben,<lb/>
und man wird mehr als genug herausbringen,<lb/>
&#x017F;ofern man nur die Sprache ver&#x017F;teht, in wel-<lb/>
cher man reden will.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Allein</fw><lb/>
          <p>
            <note xml:id="a018d" prev="#a018c" place="foot"><lg type="poem"><l><hi rendition="#fr">Be&#x017F;ingen de Croix und Royen im Latein,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Sind &#x017F;ie &#x017F;chon, wie es &#x017F;cheint, zur Hochzeit nicht gebeten.</hi></l><lb/><l>Jn eben die&#x017F;em Gedichte:</l><lb/><l><hi rendition="#fr">Vom Vater, Sohn u. Gei&#x017F;t, u. von des Glaubens Grund</hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Hat Faithfull Tha&#x0364;t ein Buch in Ver&#x017F;en fu&#x0364;rgetragen,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Dieß macht nun Wagner zwar in deut&#x017F;chen Reimen kund,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Allein &#x017F;ie klingen mei&#x017F;t, wie ein noch neuer Wagen.</hi></l></lg><lb/>
Jn dem Gedichte von der Zeugung des Men&#x017F;chen <hi rendition="#aq">I.</hi> Th.<lb/>
Bl. 164.<lb/><lg type="poem"><l><hi rendition="#fr">Doch weil die Wu&#x0364;rmer gar zu klein,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">So mußten gro&#x017F;&#x017F;e Go&#x0364;nner &#x017F;eyn.</hi></l></lg><lb/>
Jn dem <hi rendition="#aq">III</hi>ten Th. Bl. 312.<lb/><lg type="poem"><l><hi rendition="#fr">Und</hi> Wolf <hi rendition="#fr">mit de&#x017F;&#x017F;en Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft</hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Fa&#x017F;t alle Hohen Schulen pralen,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Ob ihm der Neid mit heilger Li&#x017F;t</hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Gleich</hi> lange <hi rendition="#fr">wider&#x017F;tanden i&#x017F;t.</hi></l></lg><lb/>
Da nun Hrn. D. <hi rendition="#fr">Trillers</hi> Gedichte, wie er &#x017F;elb&#x017F;t und die<lb/>
gelehrten Zeitungs&#x017F;chreiber einhellig ru&#x0364;hmen, von der deut-<lb/>
&#x017F;chen Nation begierig aufgekauft und gele&#x017F;en werden, was<lb/>
muß wohl ein Fremder von dem Ge&#x017F;chmacke der deut&#x017F;chen<lb/>
Nation urtheilen?</note>
          </p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0040] Mauvillons Brief bringen ſoll, und ob dergleichen Entdeckungen der menſchlichen Geſellſchaft groſſen Nutzen brin- gen. Jſt das ein groſſes Lob vor einen Feld- herrn, daß man in etlichen Woͤrtern, welche wenig oder nichts von ſeinen Heldenthaten mel- den, das Jahr ausfindet, in welchem er den Generalſtab gefuͤhrt hat? Man muß kein groſ- ſer Kuͤnſtler ſeyn, eine ſolche herrliche Geburt auf die Welt zu bringen; es braucht weiter nichts, als ein wenig Geduld, Woͤrter auszuklauben, und man wird mehr als genug herausbringen, ſofern man nur die Sprache verſteht, in wel- cher man reden will. Allein Beſingen de Croix und Royen im Latein, Sind ſie ſchon, wie es ſcheint, zur Hochzeit nicht gebeten. Jn eben dieſem Gedichte: Vom Vater, Sohn u. Geiſt, u. von des Glaubens Grund Hat Faithfull Thaͤt ein Buch in Verſen fuͤrgetragen, Dieß macht nun Wagner zwar in deutſchen Reimen kund, Allein ſie klingen meiſt, wie ein noch neuer Wagen. Jn dem Gedichte von der Zeugung des Menſchen I. Th. Bl. 164. Doch weil die Wuͤrmer gar zu klein, So mußten groſſe Goͤnner ſeyn. Jn dem IIIten Th. Bl. 312. Und Wolf mit deſſen Wiſſenſchaft Faſt alle Hohen Schulen pralen, Ob ihm der Neid mit heilger Liſt Gleich lange widerſtanden iſt. Da nun Hrn. D. Trillers Gedichte, wie er ſelbſt und die gelehrten Zeitungsſchreiber einhellig ruͤhmen, von der deut- ſchen Nation begierig aufgekauft und geleſen werden, was muß wohl ein Fremder von dem Geſchmacke der deutſchen Nation urtheilen?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung05_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung05_1742/40
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung05_1742/40>, abgerufen am 19.04.2024.