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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742.

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Mauvillons Brief
andere Beschaffenheit, sie machen nur eine Na-
tion aus, so groß ihr Reich gleich seyn mag;
und die französische Academie ist von dem Lan-
desherrn dazu bevollmächtiget, daß sie dem
Gebrauche der Sprache Schrancken setze. Man
muß ihren Aussprüchen Folge leisten, oder in der
sranzösischen Sprache unerfahren heissen.

Die Mühe, welche alle Nationen haben, das
Deutsche zu lernen, (k) ist ein starcker Beweis
seiner Barbarie. Jch kenne Franzosen, welche

mehr
"Wenn ich sage Object, nicht aber mit etlichen Neulingen
"Vorwurff, so rede ich hier um ein nahmhaftes deutli-
"cher, als sie; denn es muß einer erst wissen, was
"Object ist, bevor er wissen kan, was ich durch Vorwurff
"verstehe: Sonst dörfte er wohl, wie jener, den Satz:
"Der Verdienst Christi ist der Vorwurff des Glaubens,
"übersetzen: Exprobratio fidei est meritum Christi. Der-
"gleichen giebt es unzählig viel, wodurch die deutsche
"Sprache bisher nicht verschönert, sondern wohl verdun-
"kelt, und halb arabisch gemachet worden ist. Wer
"des Herrn von Stuben erg, Harsdörfers etc. Ueber-
"setzungen liest, der ist öfters genöthiget über die lateini-
"sche, italienische etc. Originale zu gehen, damit er die
"Uebersetzung daraus verstehen lerne. Genug hiervon."

Damit die es Urtheil nicht verkehrt und mißgedeutet werde,
so bitte ich nochmahls, sich zu erinnern, daß dasselbe schon
A. 1708. ausgesprochen worden, und vor dieselben Zeiten
sich trefflich wohl schicket.
(k) Jn dem II. Stücke der Critischen Beyträge, wo
Fr. A. Aepins Abhandlung von dem Vorzuge der platt-
deutschen Mundart in einem Auszuge vorgeleget wird,
heißt es Bl. 320. unter anderm: "Diesem setzet er noch
"als eine Vortrefflichkeit bey, daß ein Obersachse, wenn
"er

Mauvillons Brief
andere Beſchaffenheit, ſie machen nur eine Na-
tion aus, ſo groß ihr Reich gleich ſeyn mag;
und die franzoͤſiſche Academie iſt von dem Lan-
desherrn dazu bevollmaͤchtiget, daß ſie dem
Gebrauche der Sprache Schrancken ſetze. Man
muß ihren Ausſpruͤchen Folge leiſten, oder in der
ſranzoͤſiſchen Sprache unerfahren heiſſen.

Die Muͤhe, welche alle Nationen haben, das
Deutſche zu lernen, (k) iſt ein ſtarcker Beweis
ſeiner Barbarie. Jch kenne Franzoſen, welche

mehr
„Wenn ich ſage Object, nicht aber mit etlichen Neulingen
Vorwurff, ſo rede ich hier um ein nahmhaftes deutli-
„cher, als ſie; denn es muß einer erſt wiſſen, was
Object iſt, bevor er wiſſen kan, was ich durch Vorwurff
„verſtehe: Sonſt doͤrfte er wohl, wie jener, den Satz:
Der Verdienſt Chriſti iſt der Vorwurff des Glaubens,
„uͤberſetzen: Exprobratio fidei eſt meritum Chriſti. Der-
„gleichen giebt es unzaͤhlig viel, wodurch die deutſche
„Sprache bisher nicht verſchoͤnert, ſondern wohl verdun-
„kelt, und halb arabiſch gemachet worden iſt. Wer
„des Herrn von Stuben erg, Harsdoͤrfers ꝛc. Ueber-
„ſetzungen lieſt, der iſt oͤfters genoͤthiget uͤber die lateini-
„ſche, italieniſche ꝛc. Originale zu gehen, damit er die
„Ueberſetzung daraus verſtehen lerne. Genug hiervon.„

Damit die es Urtheil nicht verkehrt und mißgedeutet werde,
ſo bitte ich nochmahls, ſich zu erinnern, daß daſſelbe ſchon
A. 1708. ausgeſprochen worden, und vor dieſelben Zeiten
ſich trefflich wohl ſchicket.
(k) Jn dem II. Stuͤcke der Critiſchen Beytraͤge, wo
Fr. A. Aepins Abhandlung von dem Vorzuge der platt-
deutſchen Mundart in einem Auszuge vorgeleget wird,
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„als eine Vortrefflichkeit bey, daß ein Oberſachſe, wenn
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[14/0014] Mauvillons Brief andere Beſchaffenheit, ſie machen nur eine Na- tion aus, ſo groß ihr Reich gleich ſeyn mag; und die franzoͤſiſche Academie iſt von dem Lan- desherrn dazu bevollmaͤchtiget, daß ſie dem Gebrauche der Sprache Schrancken ſetze. Man muß ihren Ausſpruͤchen Folge leiſten, oder in der ſranzoͤſiſchen Sprache unerfahren heiſſen. Die Muͤhe, welche alle Nationen haben, das Deutſche zu lernen, (k) iſt ein ſtarcker Beweis ſeiner Barbarie. Jch kenne Franzoſen, welche mehr (k) Jn dem II. Stuͤcke der Critiſchen Beytraͤge, wo Fr. A. Aepins Abhandlung von dem Vorzuge der platt- deutſchen Mundart in einem Auszuge vorgeleget wird, heißt es Bl. 320. unter anderm: „Dieſem ſetzet er noch „als eine Vortrefflichkeit bey, daß ein Oberſachſe, wenn „er „Wenn ich ſage Object, nicht aber mit etlichen Neulingen „Vorwurff, ſo rede ich hier um ein nahmhaftes deutli- „cher, als ſie; denn es muß einer erſt wiſſen, was „Object iſt, bevor er wiſſen kan, was ich durch Vorwurff „verſtehe: Sonſt doͤrfte er wohl, wie jener, den Satz: „Der Verdienſt Chriſti iſt der Vorwurff des Glaubens, „uͤberſetzen: Exprobratio fidei eſt meritum Chriſti. Der- „gleichen giebt es unzaͤhlig viel, wodurch die deutſche „Sprache bisher nicht verſchoͤnert, ſondern wohl verdun- „kelt, und halb arabiſch gemachet worden iſt. Wer „des Herrn von Stuben erg, Harsdoͤrfers ꝛc. Ueber- „ſetzungen lieſt, der iſt oͤfters genoͤthiget uͤber die lateini- „ſche, italieniſche ꝛc. Originale zu gehen, damit er die „Ueberſetzung daraus verſtehen lerne. Genug hiervon.„ Damit die es Urtheil nicht verkehrt und mißgedeutet werde, ſo bitte ich nochmahls, ſich zu erinnern, daß daſſelbe ſchon A. 1708. ausgeſprochen worden, und vor dieſelben Zeiten ſich trefflich wohl ſchicket.

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung05_1742/14>, abgerufen am 29.03.2024.