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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.

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Von der verblümten Schreibart.

Noch eine Stelle in der Beschreibung des Reiches
der Freude,
welche des Philologi Geschmack be-
eckelt, lautet also: Ein ewiger Frühling be-
herrschet sie, und die sanften Zephire wehen
einen kühlen Wind auf unsre Blumen, die un-
gepflegt hier wie Rubinen brennen, dort ih-
re Blätter mit Arlas und Damast schmücken.

Jn des Hrn. Lieentiat Brockes Abschilderung ei-
nes Gartens finden wir diese geschickte Stelle.

Die dunckel-rothe Glut der Aramanthen,
Der bunte Mahn, worauf, wie Diamanten,
Der Tropfen Menge lag,
Samt der Peonien Blut-rothem Funckeln;
Convolvulen, Violen und Ranunckeln,
Die theils, wie Himmel-Blau und Silber, theils vergüldet,
Und theils in rothen Flammen glüh'n. etc.

Sonst dünckt mich, daß Rubens seine Ausdrü-
kung dem Hrn. von Besser abgeborget, der in
Florens Frühlings-Fest von der ungezehlten Blu-
men-Menge also schreibet:

Hier sieht man euch als wie Smaragden grünen,
Hier brennet ihr als wie Rubinen,
Dort werdet ihr dem Türckis gleich geacht.
Der bunte Schmeltz, den man auf euch erblicket,
Der Atlas und Damast, der eure Blätter schmücket,
Jst reicher, als was sonst Natur und Kunst erdacht.

Auch der folgende Ausdruck dünckt unsern Kunst-
richter zu kühn, wann Rubens sagt: Der Win-
ter selbst hat uns seinen Schnee und sein glä-
sernes Eis geschencket/ das er vor unser Ge-
sicht auf diese hohe Berge in dem Norden ge-

tragen,
Von der verbluͤmten Schreibart.

Noch eine Stelle in der Beſchreibung des Reiches
der Freude,
welche des Philologi Geſchmack be-
eckelt, lautet alſo: Ein ewiger Fruͤhling be-
herrſchet ſie, und die ſanften Zephire wehen
einen kuͤhlen Wind auf unſre Blumen, die un-
gepflegt hier wie Rubinen brennen, dort ih-
re Blaͤtter mit Arlas und Damaſt ſchmuͤcken.

Jn des Hrn. Lieentiat Brockes Abſchilderung ei-
nes Gartens finden wir dieſe geſchickte Stelle.

Die dunckel-rothe Glut der Aramanthen,
Der bunte Mahn, worauf, wie Diamanten,
Der Tropfen Menge lag,
Samt der Peonien Blut-rothem Funckeln;
Convolvulen, Violen und Ranunckeln,
Die theils, wie Himmel-Blau und Silber, theils verguͤldet,
Und theils in rothen Flammen gluͤh’n. ꝛc.

Sonſt duͤnckt mich, daß Rubens ſeine Ausdruͤ-
kung dem Hrn. von Beſſer abgeborget, der in
Florens Fruͤhlings-Feſt von der ungezehlten Blu-
men-Menge alſo ſchreibet:

Hier ſieht man euch als wie Smaragden gruͤnen,
Hier brennet ihr als wie Rubinen,
Dort werdet ihr dem Tuͤrckis gleich geacht.
Der bunte Schmeltz, den man auf euch erblicket,
Der Atlas und Damaſt, der eure Blaͤtter ſchmuͤcket,
Jſt reicher, als was ſonſt Natur und Kunſt erdacht.

Auch der folgende Ausdruck duͤnckt unſern Kunſt-
richter zu kuͤhn, wann Rubens ſagt: Der Win-
ter ſelbſt hat uns ſeinen Schnee und ſein glaͤ-
ſernes Eis geſchencket/ das er vor unſer Ge-
ſicht auf dieſe hohe Berge in dem Norden ge-

tragen,
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[26/0028] Von der verbluͤmten Schreibart. Noch eine Stelle in der Beſchreibung des Reiches der Freude, welche des Philologi Geſchmack be- eckelt, lautet alſo: Ein ewiger Fruͤhling be- herrſchet ſie, und die ſanften Zephire wehen einen kuͤhlen Wind auf unſre Blumen, die un- gepflegt hier wie Rubinen brennen, dort ih- re Blaͤtter mit Arlas und Damaſt ſchmuͤcken. Jn des Hrn. Lieentiat Brockes Abſchilderung ei- nes Gartens finden wir dieſe geſchickte Stelle. Die dunckel-rothe Glut der Aramanthen, Der bunte Mahn, worauf, wie Diamanten, Der Tropfen Menge lag, Samt der Peonien Blut-rothem Funckeln; Convolvulen, Violen und Ranunckeln, Die theils, wie Himmel-Blau und Silber, theils verguͤldet, Und theils in rothen Flammen gluͤh’n. ꝛc. Sonſt duͤnckt mich, daß Rubens ſeine Ausdruͤ- kung dem Hrn. von Beſſer abgeborget, der in Florens Fruͤhlings-Feſt von der ungezehlten Blu- men-Menge alſo ſchreibet: Hier ſieht man euch als wie Smaragden gruͤnen, Hier brennet ihr als wie Rubinen, Dort werdet ihr dem Tuͤrckis gleich geacht. Der bunte Schmeltz, den man auf euch erblicket, Der Atlas und Damaſt, der eure Blaͤtter ſchmuͤcket, Jſt reicher, als was ſonſt Natur und Kunſt erdacht. Auch der folgende Ausdruck duͤnckt unſern Kunſt- richter zu kuͤhn, wann Rubens ſagt: Der Win- ter ſelbſt hat uns ſeinen Schnee und ſein glaͤ- ſernes Eis geſchencket/ das er vor unſer Ge- ſicht auf dieſe hohe Berge in dem Norden ge- tragen,

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/28>, abgerufen am 29.03.2024.