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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Theil I. Von der Bestrafung der Verbrechen u. Vergehen im Allg.

A. Die Strafen in peinlichen Sachen (en matiere criminelle)
sind immer entehrend.

1) Die Todesstrafe.

Sie wird durch Enthauptung vollstreckt, und wenn sie wegen El-
ternmordes erkannt ist, durch Kleidung, Ausstellung des Verbrechers und
Abhauen der rechten Hand verschärft. p)

2) Lebenslängliche Zwangsarbeit (les travaux forces
a perpetuite
).
3) Die Deportation.

Der zu dieser Strafe Verurtheilte wird auf Lebenszeit nach einer
Französischen Kolonie gebracht, was die Anwendung der Strafe nach
Rheinischem Rechte verhindert hat, wie auch die Zwangsarbeit für das-
selbe ihre eigentliche Bedeutung verloren hat, da sie nicht, wie in Frank-
reich, in den bagnots abgebüßt werden kann. Die Deportation wie
die lebenslängliche Zwangsarbeit haben übrigens den bürgerlichen Tod
des Verurtheilten zur Folge.

4) Zwangsarbeit auf Zeit, von fünf bis zwanzig Jahren.
5) Zuchthausstrafe (la reclusion), von fünf bis zehn Jahren.
6) Der Pranger (le carcan).
7) Die Verbannung.
8) Der Verlust der bürgerlichen Ehre (la degradation
civique
).

Mit den entehrenden Strafen kann in den gesetzlich bestimmten
Fällen die Brandmarkung und die Vermögenskonfiskation verbunden
werden; erstere erfolgt immer bei der Verurtheilung zu lebenslänglicher
Zwangsarbeit. Auch werden die zu dieser Strafe, zur Zwangsarbeit
auf Zeit und zur Einsperrung Verurtheilten vor Erleidung der Strafe
am Pranger öffentlich ausgestellt. q) -- Stellung unter Polizei-Aufsicht,
Geldbuße und Konfiskation einzelner Gegenstände sind Strafen, die ge-
meinschaftlich für Verbrechen und Vergehen gelten.

B. Die Strafen der Vergehen (en matiere
correctionelle
) sind:

1) Gefängniß von sechs Tagen bis zu fünf Jahren.
2) Die Untersagung gewisser staatsbürgerlicher, bür-
gerlicher und Familienrechte auf Zeit
.
3) Die Geldbuße.

p) Das Gesetz vom 28. April 1832. hat in Frankreich das Abhauen der Hand
abgeschafft.
q) Das Strafsystem des Code penal ist, soweit es die eigentlich peinlichen
Strafen betrifft, in Frankreich durch das Gesetz vom 28. April 1832. nicht unerheb-
lich geändert worden. Die Strafen der Brandmarkung, des Prangers und der Ver-
mögenskonfiskation sind aufgehoben, und zwischen der Zwangsarbeit auf Zeit und dem
Zuchthause ist die Detention eingeschoben, die auch entehrend ist.
Theil I. Von der Beſtrafung der Verbrechen u. Vergehen im Allg.

A. Die Strafen in peinlichen Sachen (en matière criminelle)
ſind immer entehrend.

1) Die Todesſtrafe.

Sie wird durch Enthauptung vollſtreckt, und wenn ſie wegen El-
ternmordes erkannt iſt, durch Kleidung, Ausſtellung des Verbrechers und
Abhauen der rechten Hand verſchärft. p)

2) Lebenslängliche Zwangsarbeit (les travaux forcés
à perpétuité
).
3) Die Deportation.

Der zu dieſer Strafe Verurtheilte wird auf Lebenszeit nach einer
Franzöſiſchen Kolonie gebracht, was die Anwendung der Strafe nach
Rheiniſchem Rechte verhindert hat, wie auch die Zwangsarbeit für das-
ſelbe ihre eigentliche Bedeutung verloren hat, da ſie nicht, wie in Frank-
reich, in den bagnots abgebüßt werden kann. Die Deportation wie
die lebenslängliche Zwangsarbeit haben übrigens den bürgerlichen Tod
des Verurtheilten zur Folge.

4) Zwangsarbeit auf Zeit, von fünf bis zwanzig Jahren.
5) Zuchthausſtrafe (la reclusion), von fünf bis zehn Jahren.
6) Der Pranger (le carcan).
7) Die Verbannung.
8) Der Verluſt der bürgerlichen Ehre (la degradation
civique
).

Mit den entehrenden Strafen kann in den geſetzlich beſtimmten
Fällen die Brandmarkung und die Vermögenskonfiskation verbunden
werden; erſtere erfolgt immer bei der Verurtheilung zu lebenslänglicher
Zwangsarbeit. Auch werden die zu dieſer Strafe, zur Zwangsarbeit
auf Zeit und zur Einſperrung Verurtheilten vor Erleidung der Strafe
am Pranger öffentlich ausgeſtellt. q) — Stellung unter Polizei-Aufſicht,
Geldbuße und Konfiskation einzelner Gegenſtände ſind Strafen, die ge-
meinſchaftlich für Verbrechen und Vergehen gelten.

B. Die Strafen der Vergehen (en matière
correctionelle
) ſind:

1) Gefängniß von ſechs Tagen bis zu fünf Jahren.
2) Die Unterſagung gewiſſer ſtaatsbürgerlicher, bür-
gerlicher und Familienrechte auf Zeit
.
3) Die Geldbuße.

p) Das Geſetz vom 28. April 1832. hat in Frankreich das Abhauen der Hand
abgeſchafft.
q) Das Strafſyſtem des Code pénal iſt, ſoweit es die eigentlich peinlichen
Strafen betrifft, in Frankreich durch das Geſetz vom 28. April 1832. nicht unerheb-
lich geändert worden. Die Strafen der Brandmarkung, des Prangers und der Ver-
mögenskonfiskation ſind aufgehoben, und zwiſchen der Zwangsarbeit auf Zeit und dem
Zuchthauſe iſt die Detention eingeſchoben, die auch entehrend iſt.
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[84/0094] Theil I. Von der Beſtrafung der Verbrechen u. Vergehen im Allg. A. Die Strafen in peinlichen Sachen (en matière criminelle) ſind immer entehrend. 1) Die Todesſtrafe. Sie wird durch Enthauptung vollſtreckt, und wenn ſie wegen El- ternmordes erkannt iſt, durch Kleidung, Ausſtellung des Verbrechers und Abhauen der rechten Hand verſchärft. p) 2) Lebenslängliche Zwangsarbeit (les travaux forcés à perpétuité). 3) Die Deportation. Der zu dieſer Strafe Verurtheilte wird auf Lebenszeit nach einer Franzöſiſchen Kolonie gebracht, was die Anwendung der Strafe nach Rheiniſchem Rechte verhindert hat, wie auch die Zwangsarbeit für das- ſelbe ihre eigentliche Bedeutung verloren hat, da ſie nicht, wie in Frank- reich, in den bagnots abgebüßt werden kann. Die Deportation wie die lebenslängliche Zwangsarbeit haben übrigens den bürgerlichen Tod des Verurtheilten zur Folge. 4) Zwangsarbeit auf Zeit, von fünf bis zwanzig Jahren. 5) Zuchthausſtrafe (la reclusion), von fünf bis zehn Jahren. 6) Der Pranger (le carcan). 7) Die Verbannung. 8) Der Verluſt der bürgerlichen Ehre (la degradation civique). Mit den entehrenden Strafen kann in den geſetzlich beſtimmten Fällen die Brandmarkung und die Vermögenskonfiskation verbunden werden; erſtere erfolgt immer bei der Verurtheilung zu lebenslänglicher Zwangsarbeit. Auch werden die zu dieſer Strafe, zur Zwangsarbeit auf Zeit und zur Einſperrung Verurtheilten vor Erleidung der Strafe am Pranger öffentlich ausgeſtellt. q) — Stellung unter Polizei-Aufſicht, Geldbuße und Konfiskation einzelner Gegenſtände ſind Strafen, die ge- meinſchaftlich für Verbrechen und Vergehen gelten. B. Die Strafen der Vergehen (en matière correctionelle) ſind: 1) Gefängniß von ſechs Tagen bis zu fünf Jahren. 2) Die Unterſagung gewiſſer ſtaatsbürgerlicher, bür- gerlicher und Familienrechte auf Zeit. 3) Die Geldbuße. p) Das Geſetz vom 28. April 1832. hat in Frankreich das Abhauen der Hand abgeſchafft. q) Das Strafſyſtem des Code pénal iſt, ſoweit es die eigentlich peinlichen Strafen betrifft, in Frankreich durch das Geſetz vom 28. April 1832. nicht unerheb- lich geändert worden. Die Strafen der Brandmarkung, des Prangers und der Ver- mögenskonfiskation ſind aufgehoben, und zwiſchen der Zwangsarbeit auf Zeit und dem Zuchthauſe iſt die Detention eingeſchoben, die auch entehrend iſt.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/94>, abgerufen am 19.04.2024.