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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 3. 4. Anwendung der Strafgesetze.
in den Entwurf von 1843. über, nur daß man sie, um zu vermeiden,
daß nicht "das auswärtige Strafgesetz statt des Preußischen zum eigent-
lichen dispositiven erhoben würde," in die Form eines gesetzlichen Mil-
derungsgrundes brachte. d) Da nun das Strafgesetzbuch nur solche von
Ausländern im Auslande begangene Handlungen bestrafen läßt, bei
denen jener Milderungsgrund überhaupt nicht zugelassen wurde, so recht-
fertigt sich schon aus diesem Grunde die Weglassung desselben. Aber
auch nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen und dem Vorgange anderer
Gesetzgebungen würde eine solche Beschränkung der unbedingten Geltung
der Landesgesetze nicht anzunehmen sein. e)

Die Fälle nun, in denen in Preußen ein im Auslande began-
genes Verbrechen oder Vergehen verfolgt und bestraft werden kann, sind
folgende:

1. Wenn ein Ausländer gegen Preußen eine Handlung began-
gen hat, welche in diesem Strafgesetzbuch entweder

a. als eine hochverrätherische, oder
b. als eine Majestätsbeleidigung bezeichnet ist, oder
c. ein Münzverbrechen darstellt.

Die umschreibende Fassung der unter a und b aufgeführten Fälle
ist deswegen gewählt worden, weil das Gesetz wohl die Handlung eines
Ausländers, welche, von einem Inländer begangen, Hochverrath oder
Majestätsbeleidigung sein würde, unter Strafe stellen kann, es aber doch
eine sehr ungenaue Ausdrucksweise sein würde, deswegen eine solche
Handlung des Ausländers Hochverrath oder Majestätsbeleidigung zu
nennen. -- Es fallen also unter diese Bestimmung die

§§. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 72. 73. 74. 75. 121. 122. 124.
Dagegen gehört §. 78. nicht hierher, weil daselbst nur sehr uneigentlich
von einer hochverrätherischen Handlung gesprochen wird, und die ganze
Bestimmung eine singuläre ist, welche auf den Ausländer ausdrücklich
nur für den Fall bezogen wird, wenn er die Handlung während seines
Aufenthalts in Preußen vornimmt, während die Handlung, welche in
§. 4. Nr. 1. vorgesehen ist, gerade gegen Preußen gerichtet sein muß.

Im Entwurf von 1847. §. 3. waren übrigens die hier bezeich-
neten Handlungen nicht spezialisirt, sondern es hieß allgemein: ein
Verbrechen gegen den Preußischen Staat. Der vereinigte ständische
Ausschuß stellte aber den Antrag, eine Spezialisirung eintreten zu lassen,

d) Entwurf von 1843. §. 117. -- Vgl. Berathungsprotokolle der
Staatsrathskommission
. I. S. 7. 138.
e) S. Code d'instr. crim. art. 5. 6. -- Sächsisches Criminal-
gesetzb.
Art. 3. -- Württemb. Strafgesetzb. Art. 4. -- Braunschweig.
Criminalgesetzb.
§. 2. -- Hess. Strafgesetzb. Art. 5.

§§. 3. 4. Anwendung der Strafgeſetze.
in den Entwurf von 1843. über, nur daß man ſie, um zu vermeiden,
daß nicht „das auswärtige Strafgeſetz ſtatt des Preußiſchen zum eigent-
lichen dispoſitiven erhoben würde,“ in die Form eines geſetzlichen Mil-
derungsgrundes brachte. d) Da nun das Strafgeſetzbuch nur ſolche von
Ausländern im Auslande begangene Handlungen beſtrafen läßt, bei
denen jener Milderungsgrund überhaupt nicht zugelaſſen wurde, ſo recht-
fertigt ſich ſchon aus dieſem Grunde die Weglaſſung deſſelben. Aber
auch nach allgemeinen Rechtsgrundſätzen und dem Vorgange anderer
Geſetzgebungen würde eine ſolche Beſchränkung der unbedingten Geltung
der Landesgeſetze nicht anzunehmen ſein. e)

Die Fälle nun, in denen in Preußen ein im Auslande began-
genes Verbrechen oder Vergehen verfolgt und beſtraft werden kann, ſind
folgende:

1. Wenn ein Ausländer gegen Preußen eine Handlung began-
gen hat, welche in dieſem Strafgeſetzbuch entweder

a. als eine hochverrätheriſche, oder
b. als eine Majeſtätsbeleidigung bezeichnet iſt, oder
c. ein Münzverbrechen darſtellt.

Die umſchreibende Faſſung der unter a und b aufgeführten Fälle
iſt deswegen gewählt worden, weil das Geſetz wohl die Handlung eines
Ausländers, welche, von einem Inländer begangen, Hochverrath oder
Majeſtätsbeleidigung ſein würde, unter Strafe ſtellen kann, es aber doch
eine ſehr ungenaue Ausdrucksweiſe ſein würde, deswegen eine ſolche
Handlung des Ausländers Hochverrath oder Majeſtätsbeleidigung zu
nennen. — Es fallen alſo unter dieſe Beſtimmung die

§§. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 72. 73. 74. 75. 121. 122. 124.
Dagegen gehört §. 78. nicht hierher, weil daſelbſt nur ſehr uneigentlich
von einer hochverrätheriſchen Handlung geſprochen wird, und die ganze
Beſtimmung eine ſinguläre iſt, welche auf den Ausländer ausdrücklich
nur für den Fall bezogen wird, wenn er die Handlung während ſeines
Aufenthalts in Preußen vornimmt, während die Handlung, welche in
§. 4. Nr. 1. vorgeſehen iſt, gerade gegen Preußen gerichtet ſein muß.

Im Entwurf von 1847. §. 3. waren übrigens die hier bezeich-
neten Handlungen nicht ſpezialiſirt, ſondern es hieß allgemein: ein
Verbrechen gegen den Preußiſchen Staat. Der vereinigte ſtändiſche
Ausſchuß ſtellte aber den Antrag, eine Spezialiſirung eintreten zu laſſen,

d) Entwurf von 1843. §. 117. — Vgl. Berathungsprotokolle der
Staatsrathskommiſſion
. I. S. 7. 138.
e) S. Code d'instr. crim. art. 5. 6. — Sächſiſches Criminal-
geſetzb.
Art. 3. — Württemb. Strafgeſetzb. Art. 4. — Braunſchweig.
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[75/0085] §§. 3. 4. Anwendung der Strafgeſetze. in den Entwurf von 1843. über, nur daß man ſie, um zu vermeiden, daß nicht „das auswärtige Strafgeſetz ſtatt des Preußiſchen zum eigent- lichen dispoſitiven erhoben würde,“ in die Form eines geſetzlichen Mil- derungsgrundes brachte. d) Da nun das Strafgeſetzbuch nur ſolche von Ausländern im Auslande begangene Handlungen beſtrafen läßt, bei denen jener Milderungsgrund überhaupt nicht zugelaſſen wurde, ſo recht- fertigt ſich ſchon aus dieſem Grunde die Weglaſſung deſſelben. Aber auch nach allgemeinen Rechtsgrundſätzen und dem Vorgange anderer Geſetzgebungen würde eine ſolche Beſchränkung der unbedingten Geltung der Landesgeſetze nicht anzunehmen ſein. e) Die Fälle nun, in denen in Preußen ein im Auslande began- genes Verbrechen oder Vergehen verfolgt und beſtraft werden kann, ſind folgende: 1. Wenn ein Ausländer gegen Preußen eine Handlung began- gen hat, welche in dieſem Strafgeſetzbuch entweder a. als eine hochverrätheriſche, oder b. als eine Majeſtätsbeleidigung bezeichnet iſt, oder c. ein Münzverbrechen darſtellt. Die umſchreibende Faſſung der unter a und b aufgeführten Fälle iſt deswegen gewählt worden, weil das Geſetz wohl die Handlung eines Ausländers, welche, von einem Inländer begangen, Hochverrath oder Majeſtätsbeleidigung ſein würde, unter Strafe ſtellen kann, es aber doch eine ſehr ungenaue Ausdrucksweiſe ſein würde, deswegen eine ſolche Handlung des Ausländers Hochverrath oder Majeſtätsbeleidigung zu nennen. — Es fallen alſo unter dieſe Beſtimmung die §§. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 72. 73. 74. 75. 121. 122. 124. Dagegen gehört §. 78. nicht hierher, weil daſelbſt nur ſehr uneigentlich von einer hochverrätheriſchen Handlung geſprochen wird, und die ganze Beſtimmung eine ſinguläre iſt, welche auf den Ausländer ausdrücklich nur für den Fall bezogen wird, wenn er die Handlung während ſeines Aufenthalts in Preußen vornimmt, während die Handlung, welche in §. 4. Nr. 1. vorgeſehen iſt, gerade gegen Preußen gerichtet ſein muß. Im Entwurf von 1847. §. 3. waren übrigens die hier bezeich- neten Handlungen nicht ſpezialiſirt, ſondern es hieß allgemein: ein Verbrechen gegen den Preußiſchen Staat. Der vereinigte ſtändiſche Ausſchuß ſtellte aber den Antrag, eine Spezialiſirung eintreten zu laſſen, d) Entwurf von 1843. §. 117. — Vgl. Berathungsprotokolle der Staatsrathskommiſſion. I. S. 7. 138. e) S. Code d'instr. crim. art. 5. 6. — Sächſiſches Criminal- geſetzb. Art. 3. — Württemb. Strafgeſetzb. Art. 4. — Braunſchweig. Criminalgeſetzb. §. 2. — Heſſ. Strafgeſetzb. Art. 5.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/85>, abgerufen am 29.03.2024.