Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Einleitende Bestimmungen.
ist zu bemerken, daß diese Freiheitsstrafe nicht wie die Zuchthausstrafe
des Gesetzbuchs nothwendig eine entehrende war.

Viel bedeutender ist die Abweichung zwischen der Bestimmung des
Strafgesetzbuchs und des Rheinischen Rechts in Beziehung auf das
Strafmaaß bei den Uebertretungen. In der Kommission der zweiten
Kammer wurde auch eine Ermäßigung desselben beantragt, indem man
die Höhe der Geldbuße wohl gelten lassen, bei Freiheitsstrafen die Kom-
petenz des Einzelrichters aber auf vier Wochen und nach einem andern
Antrage auf vierzehn Tage beschränkt haben wollte. Die Kommission
lehnte aber diese Anträge ab, aus Gründen, welche unten, §. 334, an-
gegeben werden sollen. g) .

Die nähere Ausführung über den Einfluß der in §. 1. aufgestellten
Begriffsbestimmung auf die Kompetenzverhältnisse, namentlich auch mit
Rücksicht auf die Vorschriften der Verfassungsurkunde, Art. 94. und des
Gesetzes über die Presse vom 12. Mai 1851. §. 27. wird unten in dem
Kommentar über das Einführungsgesetz ihren Platz finden. Nur das
sei schon hier hervorgehoben, daß die Kommission der zweiten Kammer
im Einverständniß mit dem Vertreter des Justizministers folgende Sätze
als maaßgebend für die Beurtheilung des §. 1 in ihrem Berichte auf-
gestellt hat.

a. Daß diejenigen Handlungen, welche entweder mit den Stra-
fen der Verbrechen oder der Vergehen belegt werden können, der Form
des Verfahrens, welche für die Verfolgung der Verbrechen vorgeschrieben
ist, und diejenigen Handlungen, welche entweder mit den Strafen der
Vergehen oder der Uebertretungen belegt werden können, der Form
des Verfahrens, welche für die Verfolgung der Vergehen angeordnet ist, un-
terworfen werden sollen.
b. Daß bei denjenigen Handlungen, welche nach Beschaffenheit
der Umstände entweder mit Zuchthausstrafe, also zugleich mit dem
Verluste der bürgerlichen Ehre, oder mit einer nicht entehrenden Frei-
heitsstrafe belegt werden können, von den Geschworenen nicht nur darüber,
ob der Angeschuldigte schuldig sei oder nicht, sondern auch darüber ent-
schieden werden müsse, ob auf die entehrende oder die nicht entehrende
Strafe zu erkennen sei. h)

II. Die Begriffsbestimmung, welche §. 1. über Verbrechen, Ver-
gehen und Uebertretungen aufstellt, beruht nur auf der Anwendung der
Todesstrafe, der Freiheitsstrafen und der Geldbuße; die sonst noch im

g) Ebendaselbst zu §. 334-37. (§.305-7. des Entwurfs).
h) Ebendaselbst zu §. 1; s. Verhandlungen der ersten und zweiten
Kammer über das Strafgesetzbuch
(Berlin, 1851.). S. 55.

Einleitende Beſtimmungen.
iſt zu bemerken, daß dieſe Freiheitsſtrafe nicht wie die Zuchthausſtrafe
des Geſetzbuchs nothwendig eine entehrende war.

Viel bedeutender iſt die Abweichung zwiſchen der Beſtimmung des
Strafgeſetzbuchs und des Rheiniſchen Rechts in Beziehung auf das
Strafmaaß bei den Uebertretungen. In der Kommiſſion der zweiten
Kammer wurde auch eine Ermäßigung deſſelben beantragt, indem man
die Höhe der Geldbuße wohl gelten laſſen, bei Freiheitsſtrafen die Kom-
petenz des Einzelrichters aber auf vier Wochen und nach einem andern
Antrage auf vierzehn Tage beſchränkt haben wollte. Die Kommiſſion
lehnte aber dieſe Anträge ab, aus Gründen, welche unten, §. 334, an-
gegeben werden ſollen. g) .

Die nähere Ausführung über den Einfluß der in §. 1. aufgeſtellten
Begriffsbeſtimmung auf die Kompetenzverhältniſſe, namentlich auch mit
Rückſicht auf die Vorſchriften der Verfaſſungsurkunde, Art. 94. und des
Geſetzes über die Preſſe vom 12. Mai 1851. §. 27. wird unten in dem
Kommentar über das Einführungsgeſetz ihren Platz finden. Nur das
ſei ſchon hier hervorgehoben, daß die Kommiſſion der zweiten Kammer
im Einverſtändniß mit dem Vertreter des Juſtizminiſters folgende Sätze
als maaßgebend für die Beurtheilung des §. 1 in ihrem Berichte auf-
geſtellt hat.

a. Daß diejenigen Handlungen, welche entweder mit den Stra-
fen der Verbrechen oder der Vergehen belegt werden können, der Form
des Verfahrens, welche für die Verfolgung der Verbrechen vorgeſchrieben
iſt, und diejenigen Handlungen, welche entweder mit den Strafen der
Vergehen oder der Uebertretungen belegt werden können, der Form
des Verfahrens, welche für die Verfolgung der Vergehen angeordnet iſt, un-
terworfen werden ſollen.
b. Daß bei denjenigen Handlungen, welche nach Beſchaffenheit
der Umſtände entweder mit Zuchthausſtrafe, alſo zugleich mit dem
Verluſte der bürgerlichen Ehre, oder mit einer nicht entehrenden Frei-
heitsſtrafe belegt werden können, von den Geſchworenen nicht nur darüber,
ob der Angeſchuldigte ſchuldig ſei oder nicht, ſondern auch darüber ent-
ſchieden werden müſſe, ob auf die entehrende oder die nicht entehrende
Strafe zu erkennen ſei. h)

II. Die Begriffsbeſtimmung, welche §. 1. über Verbrechen, Ver-
gehen und Uebertretungen aufſtellt, beruht nur auf der Anwendung der
Todesſtrafe, der Freiheitsſtrafen und der Geldbuße; die ſonſt noch im

g) Ebendaſelbſt zu §. 334-37. (§.305-7. des Entwurfs).
h) Ebendaſelbſt zu §. 1; ſ. Verhandlungen der erſten und zweiten
Kammer über das Strafgeſetzbuch
(Berlin, 1851.). S. 55.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0074" n="64"/><fw place="top" type="header">Einleitende Be&#x017F;timmungen.</fw><lb/>
i&#x017F;t         zu bemerken, daß die&#x017F;e Freiheits&#x017F;trafe nicht wie die         Zuchthaus&#x017F;trafe<lb/>
des Ge&#x017F;etzbuchs nothwendig eine entehrende         war.</p><lb/>
              <p>Viel bedeutender i&#x017F;t die Abweichung zwi&#x017F;chen der         Be&#x017F;timmung des<lb/>
Strafge&#x017F;etzbuchs und des Rheini&#x017F;chen         Rechts in Beziehung auf das<lb/>
Strafmaaß bei den <hi rendition="#g">Uebertretungen</hi>. In         der Kommi&#x017F;&#x017F;ion der zweiten<lb/>
Kammer wurde auch eine Ermäßigung         de&#x017F;&#x017F;elben beantragt, indem man<lb/>
die Höhe der Geldbuße wohl gelten         la&#x017F;&#x017F;en, bei Freiheits&#x017F;trafen die Kom-<lb/>
petenz des         Einzelrichters aber auf vier Wochen und nach einem andern<lb/>
Antrage auf vierzehn Tage         be&#x017F;chränkt haben wollte. Die Kommi&#x017F;&#x017F;ion<lb/>
lehnte aber         die&#x017F;e Anträge ab, aus Gründen, welche unten, §. 334, an-<lb/>
gegeben werden         &#x017F;ollen. <note place="foot" n="g)"> Ebenda&#x017F;elb&#x017F;t zu §.          334-37. (§.305-7. des Entwurfs).</note> .</p><lb/>
              <p>Die nähere Ausführung über den Einfluß der in §. 1.         aufge&#x017F;tellten<lb/>
Begriffsbe&#x017F;timmung auf die         Kompetenzverhältni&#x017F;&#x017F;e, namentlich auch mit<lb/>
Rück&#x017F;icht         auf die Vor&#x017F;chriften der Verfa&#x017F;&#x017F;ungsurkunde, Art. 94. und         des<lb/>
Ge&#x017F;etzes über die Pre&#x017F;&#x017F;e vom 12. Mai 1851. §. 27.         wird unten in dem<lb/>
Kommentar über das Einführungsge&#x017F;etz ihren Platz finden.         Nur das<lb/>
&#x017F;ei &#x017F;chon hier hervorgehoben, daß die         Kommi&#x017F;&#x017F;ion der zweiten Kammer<lb/>
im Einver&#x017F;tändniß mit dem         Vertreter des Ju&#x017F;tizmini&#x017F;ters folgende Sätze<lb/>
als maaßgebend für         die Beurtheilung des §. 1 in ihrem Berichte auf-<lb/>
ge&#x017F;tellt hat.</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Daß diejenigen Handlungen, welche <hi rendition="#g">entweder</hi> mit den Stra-<lb/>
fen der Verbrechen <hi rendition="#g">oder</hi> der          Vergehen belegt werden können, <hi rendition="#g">der</hi> Form<lb/>
des Verfahrens, welche          für die Verfolgung der Verbrechen vorge&#x017F;chrieben<lb/>
i&#x017F;t, und          diejenigen Handlungen, welche <hi rendition="#g">entweder</hi> mit den Strafen          der<lb/>
Vergehen <hi rendition="#g">oder</hi> der Uebertretungen belegt werden können, <hi rendition="#g">der</hi> Form<lb/>
des Verfahrens, welche für die Verfolgung der Vergehen          angeordnet i&#x017F;t, un-<lb/>
terworfen werden &#x017F;ollen.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">b.</hi> Daß bei denjenigen Handlungen, welche nach          Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
der Um&#x017F;tände <hi rendition="#g">entweder</hi> mit          Zuchthaus&#x017F;trafe, al&#x017F;o zugleich mit dem<lb/>
Verlu&#x017F;te der          bürgerlichen Ehre, <hi rendition="#g">oder</hi> mit einer nicht entehrenden          Frei-<lb/>
heits&#x017F;trafe belegt werden können, von den Ge&#x017F;chworenen          nicht nur darüber,<lb/>
ob der Ange&#x017F;chuldigte &#x017F;chuldig &#x017F;ei          oder nicht, &#x017F;ondern auch darüber ent-<lb/>
&#x017F;chieden werden          mü&#x017F;&#x017F;e, ob auf die entehrende oder die nicht entehrende<lb/>
Strafe zu          erkennen &#x017F;ei. <note place="foot" n="h)">Ebenda&#x017F;elb&#x017F;t zu §.           1; &#x017F;. <hi rendition="#g">Verhandlungen der er&#x017F;ten und zweiten<lb/>
Kammer über das Strafge&#x017F;etzbuch</hi> (Berlin, 1851.). S. 55.</note>         </item>
              </list><lb/>
              <p>II. Die Begriffsbe&#x017F;timmung, welche §. 1. über Verbrechen, Ver-<lb/>
gehen und         Uebertretungen auf&#x017F;tellt, beruht nur auf der Anwendung         der<lb/>
Todes&#x017F;trafe, der Freiheits&#x017F;trafen und der Geldbuße; die         &#x017F;on&#x017F;t noch im<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0074] Einleitende Beſtimmungen. iſt zu bemerken, daß dieſe Freiheitsſtrafe nicht wie die Zuchthausſtrafe des Geſetzbuchs nothwendig eine entehrende war. Viel bedeutender iſt die Abweichung zwiſchen der Beſtimmung des Strafgeſetzbuchs und des Rheiniſchen Rechts in Beziehung auf das Strafmaaß bei den Uebertretungen. In der Kommiſſion der zweiten Kammer wurde auch eine Ermäßigung deſſelben beantragt, indem man die Höhe der Geldbuße wohl gelten laſſen, bei Freiheitsſtrafen die Kom- petenz des Einzelrichters aber auf vier Wochen und nach einem andern Antrage auf vierzehn Tage beſchränkt haben wollte. Die Kommiſſion lehnte aber dieſe Anträge ab, aus Gründen, welche unten, §. 334, an- gegeben werden ſollen. g) . Die nähere Ausführung über den Einfluß der in §. 1. aufgeſtellten Begriffsbeſtimmung auf die Kompetenzverhältniſſe, namentlich auch mit Rückſicht auf die Vorſchriften der Verfaſſungsurkunde, Art. 94. und des Geſetzes über die Preſſe vom 12. Mai 1851. §. 27. wird unten in dem Kommentar über das Einführungsgeſetz ihren Platz finden. Nur das ſei ſchon hier hervorgehoben, daß die Kommiſſion der zweiten Kammer im Einverſtändniß mit dem Vertreter des Juſtizminiſters folgende Sätze als maaßgebend für die Beurtheilung des §. 1 in ihrem Berichte auf- geſtellt hat. a. Daß diejenigen Handlungen, welche entweder mit den Stra- fen der Verbrechen oder der Vergehen belegt werden können, der Form des Verfahrens, welche für die Verfolgung der Verbrechen vorgeſchrieben iſt, und diejenigen Handlungen, welche entweder mit den Strafen der Vergehen oder der Uebertretungen belegt werden können, der Form des Verfahrens, welche für die Verfolgung der Vergehen angeordnet iſt, un- terworfen werden ſollen. b. Daß bei denjenigen Handlungen, welche nach Beſchaffenheit der Umſtände entweder mit Zuchthausſtrafe, alſo zugleich mit dem Verluſte der bürgerlichen Ehre, oder mit einer nicht entehrenden Frei- heitsſtrafe belegt werden können, von den Geſchworenen nicht nur darüber, ob der Angeſchuldigte ſchuldig ſei oder nicht, ſondern auch darüber ent- ſchieden werden müſſe, ob auf die entehrende oder die nicht entehrende Strafe zu erkennen ſei. h) II. Die Begriffsbeſtimmung, welche §. 1. über Verbrechen, Ver- gehen und Uebertretungen aufſtellt, beruht nur auf der Anwendung der Todesſtrafe, der Freiheitsſtrafen und der Geldbuße; die ſonſt noch im g) Ebendaſelbſt zu §. 334-37. (§.305-7. des Entwurfs). h) Ebendaſelbſt zu §. 1; ſ. Verhandlungen der erſten und zweiten Kammer über das Strafgeſetzbuch (Berlin, 1851.). S. 55.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/74
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/74>, abgerufen am 19.04.2024.