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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. I. Bestrafung d. Verbr. u. Vergehen im Allg. Tit. I. Von d. Strafen.
heruntergesetzt; sonst kommt, wenn es überhaupt aufgestellt ist, als ge-
ringste Dauer Eine Woche vor; s. §. 102. 108. 116. 117. 118. 119.
156. 214. 254. 264. 271.

§. 16.

Wenn bei Freiheitsstrafen eine Umwandlung der gesetzlich vorgeschriebenen
Strafart erfolgen muß, so ist einjährige Einschließung einer achtmonatlichen
Gefängnißstrafe und einjährige Gefängnißstrafe einer achtmonatlichen Zucht-
hausstrafe gleich zu achten.



Eine Bestimmung über das Verhältniß der verschiedenen Freiheits-
strafen zu einander erschien besonders nothwendig, nachdem in der Kom-
mission der zweiten Kammer der Grundsatz angenommen war, daß bei
einer realen Konkurrenz auf sämmtliche Strafen der begangenen Ver-
brechen und Vergehen zu erkennen ist, daß aber, wenn verschiedene Frei-
heitsstrafen zur Anwendung kommen müßten, unter Verkürzung ihrer
Gesammtdauer auf die schwerste dieser Strafarten erkannt werden soll;
s. unten §. 56. 57. Die Abmessung bei der Strafverwandlung in die-
sem Fall und in dem des §. 17. dem Richter ganz zu überlassen, schien
bedenklich, und so ward nach dem Vorgange des Entwurfs von 1843.
§. 46., dem auch das Militairstrafgesetzbuch gefolgt ist, das Verhältniß
der Freiheitsstrafen in der oben angegebenen Weise festgestellt. g) Viel-
leicht kann es scheinen, daß man dabei die größere Härte der Zucht-
hausstrafe, dem Gefängniß gegenüber, nicht genügend angeschlagen hat,
wie denn auch der Entwurf von 1843. nicht das Gefängniß, sondern
die Strafarbeit in jenes Verhältniß von drei zu zwei der Zuchthaus-
strafe gegenüber gesetzt hat. Namentlich mit Rücksicht auf den Verlust
der bürgerlichen Ehre, welche mit der letzteren Strafe verbunden ist,
scheint dieß Bedenken seinen guten Grund zu haben. Allein dagegen
ist doch zu erwägen, daß eine solche Verwandlung einer milderen Frei-
heitsstrafe in die härtere nur dann stattfindet, wenn auf diese letztere
schon wegen einer anderen Handlung zu erkennen ist; daß also die Wirkung
der Zuchthausstrafe, welche für immer eintritt, unwiderruflich fest steht,
und die Verlängerung der Dauer vermittelst der Hinzurechnung einer
andern Strafe auf den Verlust der bürgerlichen Ehre ohne Einwirkung
ist. Nur die größere Härte der Zuchthausstrafe an sich und die län-
gere Beschränkung der Dispositionsfähigkeit über das Vermögen kommt

g) Es ist hier übrigens nur der Absatz 1. des §. 46. gemeint; der Absatz 2.,
welcher bestimmt, daß mehrere Gefängnißstrafen, welche das damalige höchste gesetz-
liche Maaß von Einem Jahre überschreiten, in Strafarbeit verwandelt werden sollen,
ist nicht wieder aufgenommen worden; s. unten §. 57.

Th. I. Beſtrafung d. Verbr. u. Vergehen im Allg. Tit. I. Von d. Strafen.
heruntergeſetzt; ſonſt kommt, wenn es überhaupt aufgeſtellt iſt, als ge-
ringſte Dauer Eine Woche vor; ſ. §. 102. 108. 116. 117. 118. 119.
156. 214. 254. 264. 271.

§. 16.

Wenn bei Freiheitsſtrafen eine Umwandlung der geſetzlich vorgeſchriebenen
Strafart erfolgen muß, ſo iſt einjährige Einſchließung einer achtmonatlichen
Gefängnißſtrafe und einjährige Gefängnißſtrafe einer achtmonatlichen Zucht-
hausſtrafe gleich zu achten.



Eine Beſtimmung über das Verhältniß der verſchiedenen Freiheits-
ſtrafen zu einander erſchien beſonders nothwendig, nachdem in der Kom-
miſſion der zweiten Kammer der Grundſatz angenommen war, daß bei
einer realen Konkurrenz auf ſämmtliche Strafen der begangenen Ver-
brechen und Vergehen zu erkennen iſt, daß aber, wenn verſchiedene Frei-
heitsſtrafen zur Anwendung kommen müßten, unter Verkürzung ihrer
Geſammtdauer auf die ſchwerſte dieſer Strafarten erkannt werden ſoll;
ſ. unten §. 56. 57. Die Abmeſſung bei der Strafverwandlung in die-
ſem Fall und in dem des §. 17. dem Richter ganz zu überlaſſen, ſchien
bedenklich, und ſo ward nach dem Vorgange des Entwurfs von 1843.
§. 46., dem auch das Militairſtrafgeſetzbuch gefolgt iſt, das Verhältniß
der Freiheitsſtrafen in der oben angegebenen Weiſe feſtgeſtellt. g) Viel-
leicht kann es ſcheinen, daß man dabei die größere Härte der Zucht-
hausſtrafe, dem Gefängniß gegenüber, nicht genügend angeſchlagen hat,
wie denn auch der Entwurf von 1843. nicht das Gefängniß, ſondern
die Strafarbeit in jenes Verhältniß von drei zu zwei der Zuchthaus-
ſtrafe gegenüber geſetzt hat. Namentlich mit Rückſicht auf den Verluſt
der bürgerlichen Ehre, welche mit der letzteren Strafe verbunden iſt,
ſcheint dieß Bedenken ſeinen guten Grund zu haben. Allein dagegen
iſt doch zu erwägen, daß eine ſolche Verwandlung einer milderen Frei-
heitsſtrafe in die härtere nur dann ſtattfindet, wenn auf dieſe letztere
ſchon wegen einer anderen Handlung zu erkennen iſt; daß alſo die Wirkung
der Zuchthausſtrafe, welche für immer eintritt, unwiderruflich feſt ſteht,
und die Verlängerung der Dauer vermittelſt der Hinzurechnung einer
andern Strafe auf den Verluſt der bürgerlichen Ehre ohne Einwirkung
iſt. Nur die größere Härte der Zuchthausſtrafe an ſich und die län-
gere Beſchränkung der Dispoſitionsfähigkeit über das Vermögen kommt

g) Es iſt hier übrigens nur der Abſatz 1. des §. 46. gemeint; der Abſatz 2.,
welcher beſtimmt, daß mehrere Gefängnißſtrafen, welche das damalige höchſte geſetz-
liche Maaß von Einem Jahre überſchreiten, in Strafarbeit verwandelt werden ſollen,
iſt nicht wieder aufgenommen worden; ſ. unten §. 57.
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[116/0126] Th. I. Beſtrafung d. Verbr. u. Vergehen im Allg. Tit. I. Von d. Strafen. heruntergeſetzt; ſonſt kommt, wenn es überhaupt aufgeſtellt iſt, als ge- ringſte Dauer Eine Woche vor; ſ. §. 102. 108. 116. 117. 118. 119. 156. 214. 254. 264. 271. §. 16. Wenn bei Freiheitsſtrafen eine Umwandlung der geſetzlich vorgeſchriebenen Strafart erfolgen muß, ſo iſt einjährige Einſchließung einer achtmonatlichen Gefängnißſtrafe und einjährige Gefängnißſtrafe einer achtmonatlichen Zucht- hausſtrafe gleich zu achten. Eine Beſtimmung über das Verhältniß der verſchiedenen Freiheits- ſtrafen zu einander erſchien beſonders nothwendig, nachdem in der Kom- miſſion der zweiten Kammer der Grundſatz angenommen war, daß bei einer realen Konkurrenz auf ſämmtliche Strafen der begangenen Ver- brechen und Vergehen zu erkennen iſt, daß aber, wenn verſchiedene Frei- heitsſtrafen zur Anwendung kommen müßten, unter Verkürzung ihrer Geſammtdauer auf die ſchwerſte dieſer Strafarten erkannt werden ſoll; ſ. unten §. 56. 57. Die Abmeſſung bei der Strafverwandlung in die- ſem Fall und in dem des §. 17. dem Richter ganz zu überlaſſen, ſchien bedenklich, und ſo ward nach dem Vorgange des Entwurfs von 1843. §. 46., dem auch das Militairſtrafgeſetzbuch gefolgt iſt, das Verhältniß der Freiheitsſtrafen in der oben angegebenen Weiſe feſtgeſtellt. g) Viel- leicht kann es ſcheinen, daß man dabei die größere Härte der Zucht- hausſtrafe, dem Gefängniß gegenüber, nicht genügend angeſchlagen hat, wie denn auch der Entwurf von 1843. nicht das Gefängniß, ſondern die Strafarbeit in jenes Verhältniß von drei zu zwei der Zuchthaus- ſtrafe gegenüber geſetzt hat. Namentlich mit Rückſicht auf den Verluſt der bürgerlichen Ehre, welche mit der letzteren Strafe verbunden iſt, ſcheint dieß Bedenken ſeinen guten Grund zu haben. Allein dagegen iſt doch zu erwägen, daß eine ſolche Verwandlung einer milderen Frei- heitsſtrafe in die härtere nur dann ſtattfindet, wenn auf dieſe letztere ſchon wegen einer anderen Handlung zu erkennen iſt; daß alſo die Wirkung der Zuchthausſtrafe, welche für immer eintritt, unwiderruflich feſt ſteht, und die Verlängerung der Dauer vermittelſt der Hinzurechnung einer andern Strafe auf den Verluſt der bürgerlichen Ehre ohne Einwirkung iſt. Nur die größere Härte der Zuchthausſtrafe an ſich und die län- gere Beſchränkung der Dispoſitionsfähigkeit über das Vermögen kommt g) Es iſt hier übrigens nur der Abſatz 1. des §. 46. gemeint; der Abſatz 2., welcher beſtimmt, daß mehrere Gefängnißſtrafen, welche das damalige höchſte geſetz- liche Maaß von Einem Jahre überſchreiten, in Strafarbeit verwandelt werden ſollen, iſt nicht wieder aufgenommen worden; ſ. unten §. 57.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/126>, abgerufen am 29.03.2024.