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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§. 14. Gefängniß. §. 15. Berechnung der Freiheitsstrafen.
nach der Persönlichkeit der Angeschuldigten, eine Schärfung der Strafe
durch Schmälerung der Kost, Anweisung einer harten Lagerstätte oder
einsames Gefängniß zuließ, und dafür eine verhältnißmäßige Verkürzung
der Dauer der Strafe gestattete oder, nach dem Beschluß des vereinig-
ten ständischen Ausschusses, vorschrieb. f) Obgleich die Hinzufügung
einer solchen Verschärfung durch den Richter ausgesprochen werden sollte,
ist doch die Weglassung dieser Bestimmung, durch welche die allgemeine
Natur der Gefängnißstrafe wesentlich verändert werden konnte, nur zu
billigen. Wenigstens müßte eine solche Anordnung mit einer allgemei-
nen Reform des Gefängnißwesens in Verbindung gebracht, und auch
nur bei bestimmten Arten der Vergehen zugelassen werden.

III. Die längste Dauer der Gefängnißstrafe ist fünf Jahre, -- in-
sofern nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt. Eine solche Verlänge-
rung der Strafzeit kann nach dem Gesetzbuch eintreten: bei der nicht
wesentlichen Theilnahme, im Fall mildernder Umstände (§. 35.), bei dem
jugendlichen Alter (§. 43.), bei der realen Konkurrenz (§. 57.) und bei
dem Rückfall (§. 58.). In den ersten Fällen kann die Dauer der Strafe
auf zehn, funfzehn und zwanzig Jahre, im vierten Fall um die Hälfte
des höchsten gesetzlichen Strafmaaßes, also auf sieben Jahre und sechs
Monate erhöht werden.

Das gesetzliche Strafmaaß wechselt sehr nach der Beschaffenheit der
einzelnen Vergehen; das am höchsten gegriffene Minimum der Strafe
ist zwei Jahre (§. 292.), das niedrigste Maximum, welches sich findet,
acht Wochen (§. 146.); zuweilen findet sich auch schlechthin Gefängniß,
also von Einem Tage bis zu fünf Jahren, angedroht, z. B. §. 311.

§. 15.

Bei den nach Tagen, Wochen oder Monaten bestimmten Freiheitsstrafen
wird der Tag zu vierundzwanzig Stunden, die Woche zu sieben Tagen, der
Monat zu dreißig Tagen gerechnet.

Die Dauer einer Freiheitsstrafe soll mindestens Einen Tag betragen.



Die letzte Vorschrift gilt nur für die Einschließung und das Ge-
fängniß, da auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren erkannt werden
kann; sie bezieht sich aber auch nur, wie sich von selbst versteht, auf
diejenigen Fälle, in denen dem Richter überlassen ist, die Dauer der
Strafe nach dem niedrigsten Maaße, welches das Gesetz überhaupt zu-
läßt, zu bestimmen, -- also wenn kein Minimum vorgeschrieben ist.
Denn nur einmal (§. 227.) ist ein solches ausdrücklich auf Einen Tag

f) Entwurf von 1847. §. 13. -- Verhandlungen d. vereinigten ständ.
Ausschusses
. II. S. 246.
8 *

§. 14. Gefängniß. §. 15. Berechnung der Freiheitsſtrafen.
nach der Perſönlichkeit der Angeſchuldigten, eine Schärfung der Strafe
durch Schmälerung der Koſt, Anweiſung einer harten Lagerſtätte oder
einſames Gefängniß zuließ, und dafür eine verhältnißmäßige Verkürzung
der Dauer der Strafe geſtattete oder, nach dem Beſchluß des vereinig-
ten ſtändiſchen Ausſchuſſes, vorſchrieb. f) Obgleich die Hinzufügung
einer ſolchen Verſchärfung durch den Richter ausgeſprochen werden ſollte,
iſt doch die Weglaſſung dieſer Beſtimmung, durch welche die allgemeine
Natur der Gefängnißſtrafe weſentlich verändert werden konnte, nur zu
billigen. Wenigſtens müßte eine ſolche Anordnung mit einer allgemei-
nen Reform des Gefängnißweſens in Verbindung gebracht, und auch
nur bei beſtimmten Arten der Vergehen zugelaſſen werden.

III. Die längſte Dauer der Gefängnißſtrafe iſt fünf Jahre, — in-
ſofern nicht das Geſetz ein Anderes beſtimmt. Eine ſolche Verlänge-
rung der Strafzeit kann nach dem Geſetzbuch eintreten: bei der nicht
weſentlichen Theilnahme, im Fall mildernder Umſtände (§. 35.), bei dem
jugendlichen Alter (§. 43.), bei der realen Konkurrenz (§. 57.) und bei
dem Rückfall (§. 58.). In den erſten Fällen kann die Dauer der Strafe
auf zehn, funfzehn und zwanzig Jahre, im vierten Fall um die Hälfte
des höchſten geſetzlichen Strafmaaßes, alſo auf ſieben Jahre und ſechs
Monate erhöht werden.

Das geſetzliche Strafmaaß wechſelt ſehr nach der Beſchaffenheit der
einzelnen Vergehen; das am höchſten gegriffene Minimum der Strafe
iſt zwei Jahre (§. 292.), das niedrigſte Maximum, welches ſich findet,
acht Wochen (§. 146.); zuweilen findet ſich auch ſchlechthin Gefängniß,
alſo von Einem Tage bis zu fünf Jahren, angedroht, z. B. §. 311.

§. 15.

Bei den nach Tagen, Wochen oder Monaten beſtimmten Freiheitsſtrafen
wird der Tag zu vierundzwanzig Stunden, die Woche zu ſieben Tagen, der
Monat zu dreißig Tagen gerechnet.

Die Dauer einer Freiheitsſtrafe ſoll mindeſtens Einen Tag betragen.



Die letzte Vorſchrift gilt nur für die Einſchließung und das Ge-
fängniß, da auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren erkannt werden
kann; ſie bezieht ſich aber auch nur, wie ſich von ſelbſt verſteht, auf
diejenigen Fälle, in denen dem Richter überlaſſen iſt, die Dauer der
Strafe nach dem niedrigſten Maaße, welches das Geſetz überhaupt zu-
läßt, zu beſtimmen, — alſo wenn kein Minimum vorgeſchrieben iſt.
Denn nur einmal (§. 227.) iſt ein ſolches ausdrücklich auf Einen Tag

f) Entwurf von 1847. §. 13. — Verhandlungen d. vereinigten ſtänd.
Ausſchuſſes
. II. S. 246.
8 *
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[115/0125] §. 14. Gefängniß. §. 15. Berechnung der Freiheitsſtrafen. nach der Perſönlichkeit der Angeſchuldigten, eine Schärfung der Strafe durch Schmälerung der Koſt, Anweiſung einer harten Lagerſtätte oder einſames Gefängniß zuließ, und dafür eine verhältnißmäßige Verkürzung der Dauer der Strafe geſtattete oder, nach dem Beſchluß des vereinig- ten ſtändiſchen Ausſchuſſes, vorſchrieb. f) Obgleich die Hinzufügung einer ſolchen Verſchärfung durch den Richter ausgeſprochen werden ſollte, iſt doch die Weglaſſung dieſer Beſtimmung, durch welche die allgemeine Natur der Gefängnißſtrafe weſentlich verändert werden konnte, nur zu billigen. Wenigſtens müßte eine ſolche Anordnung mit einer allgemei- nen Reform des Gefängnißweſens in Verbindung gebracht, und auch nur bei beſtimmten Arten der Vergehen zugelaſſen werden. III. Die längſte Dauer der Gefängnißſtrafe iſt fünf Jahre, — in- ſofern nicht das Geſetz ein Anderes beſtimmt. Eine ſolche Verlänge- rung der Strafzeit kann nach dem Geſetzbuch eintreten: bei der nicht weſentlichen Theilnahme, im Fall mildernder Umſtände (§. 35.), bei dem jugendlichen Alter (§. 43.), bei der realen Konkurrenz (§. 57.) und bei dem Rückfall (§. 58.). In den erſten Fällen kann die Dauer der Strafe auf zehn, funfzehn und zwanzig Jahre, im vierten Fall um die Hälfte des höchſten geſetzlichen Strafmaaßes, alſo auf ſieben Jahre und ſechs Monate erhöht werden. Das geſetzliche Strafmaaß wechſelt ſehr nach der Beſchaffenheit der einzelnen Vergehen; das am höchſten gegriffene Minimum der Strafe iſt zwei Jahre (§. 292.), das niedrigſte Maximum, welches ſich findet, acht Wochen (§. 146.); zuweilen findet ſich auch ſchlechthin Gefängniß, alſo von Einem Tage bis zu fünf Jahren, angedroht, z. B. §. 311. §. 15. Bei den nach Tagen, Wochen oder Monaten beſtimmten Freiheitsſtrafen wird der Tag zu vierundzwanzig Stunden, die Woche zu ſieben Tagen, der Monat zu dreißig Tagen gerechnet. Die Dauer einer Freiheitsſtrafe ſoll mindeſtens Einen Tag betragen. Die letzte Vorſchrift gilt nur für die Einſchließung und das Ge- fängniß, da auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren erkannt werden kann; ſie bezieht ſich aber auch nur, wie ſich von ſelbſt verſteht, auf diejenigen Fälle, in denen dem Richter überlaſſen iſt, die Dauer der Strafe nach dem niedrigſten Maaße, welches das Geſetz überhaupt zu- läßt, zu beſtimmen, — alſo wenn kein Minimum vorgeſchrieben iſt. Denn nur einmal (§. 227.) iſt ein ſolches ausdrücklich auf Einen Tag f) Entwurf von 1847. §. 13. — Verhandlungen d. vereinigten ſtänd. Ausſchuſſes. II. S. 246. 8 *

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/125>, abgerufen am 28.03.2024.