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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 10. 11. Die Zuchthausstrafe.

III. Die Wirkungen der Zuchthausstrafe bestehen in der Beschaf-
fenheit des Ortes, wo der Verurtheilte aufbewahrt wird, in dem Zwang
zu bestimmten Arbeiten, in der Beschränkung der Rechtsfähigkeit in Be-
ziehung auf das Vermögen und in dem Verlust der bürgerlichen Ehre.
Ueber den letzteren Punkt ist bei dem folgenden §. zu handeln; hier
sind nur in Beziehung auf die Vermögensverhältnisse einige Bemerkun-
gen zu machen.

Der Entwurf von 1843. enthielt die aus dem Entwurf von 1827.
aufgenommene, vom Staatsrathe ohne Abstimmung gebilligte e) Be-
stimmung:

§. 12. "Während der Strafzeit sind die zur Zuchthausstrafe
Verurtheilten unfähig zur Verwaltung ihres Vermögens und
zur Verfügung darüber unter Lebenden; auch darf ihnen kein
Theil ihres Vermögens oder ihrer Einkünfte zur freien Verfü-
gung verabfolgt werden."

Gegen diese dem Rheinischen Recht nachgebildete f) Vorschrift waren
verschiedene Monita erhoben worden, indem namentlich die westphäli-
schen Stände den ersten Satz gestrichen haben wollten, besonders weil
er ohne Nothwendigkeit eine kostspielige Kuratel oft nur für kurze Zeit
bedinge. g) Die Staatsraths-Kommission trat diesem Bedenken bei, h)
und der Paragraph ward daher aus dem Entwurf von 1847. entfernt,
ist aber jetzt nach dem Vorschlage der Staatsregierung in das Gesetzbuch
aufgenommen worden, und zwar unter Hinzufügung der Bestimmung
über die Bestellung einer Vormundschaft. Die Gründe, welche für eine
solche Beschränkung der Rechtsfähigkeit in den früheren Verhandlungen,
mit Bezugnahme auf §. 53. und 568. der Kriminalordnung angeführt
worden sind, lassen sich darauf zurückführen, daß im Interesse der Fa-
milie und des Verurtheilten selbst eine Vermögenskuratel nothwendig
sein könne, und daß dem Letzteren, um die strenge Vollziehung der Strafe

e) Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 21. Dec. 1839. zur
Frage Nr. 6.
f) Code penal Art. 29. Quiconque aura ete condamne a la peine
des travaux forces a temps ou de la reclusion, sera, de plus, pendant la
duree de sa peine, en etat d'interdiction legale; il lui sera, nomine un cura-
teur pour gerer et administrer ses biens, dans les formes prescrites pour
la nomination des tuteurs aux interdits. Art. 30. Les biens du condamne
lui seront remis apres qu'il aura subi sa peine, et le curateur lui rendra
compte de son administration. Art. 31. Pendant la duree de la peine, il
ne pourra lui etre remis aucune somme, aucune provision, aucune portion
de ses revenus.
g) Revision von 1845. I. S. 41-43.
h) Verhandlungen der Staatsraths-Kommission von 1846.
S. 17. 18.
§§. 10. 11. Die Zuchthausſtrafe.

III. Die Wirkungen der Zuchthausſtrafe beſtehen in der Beſchaf-
fenheit des Ortes, wo der Verurtheilte aufbewahrt wird, in dem Zwang
zu beſtimmten Arbeiten, in der Beſchränkung der Rechtsfähigkeit in Be-
ziehung auf das Vermögen und in dem Verluſt der bürgerlichen Ehre.
Ueber den letzteren Punkt iſt bei dem folgenden §. zu handeln; hier
ſind nur in Beziehung auf die Vermögensverhältniſſe einige Bemerkun-
gen zu machen.

Der Entwurf von 1843. enthielt die aus dem Entwurf von 1827.
aufgenommene, vom Staatsrathe ohne Abſtimmung gebilligte e) Be-
ſtimmung:

§. 12. „Während der Strafzeit ſind die zur Zuchthausſtrafe
Verurtheilten unfähig zur Verwaltung ihres Vermögens und
zur Verfügung darüber unter Lebenden; auch darf ihnen kein
Theil ihres Vermögens oder ihrer Einkünfte zur freien Verfü-
gung verabfolgt werden.“

Gegen dieſe dem Rheiniſchen Recht nachgebildete f) Vorſchrift waren
verſchiedene Monita erhoben worden, indem namentlich die weſtphäli-
ſchen Stände den erſten Satz geſtrichen haben wollten, beſonders weil
er ohne Nothwendigkeit eine koſtſpielige Kuratel oft nur für kurze Zeit
bedinge. g) Die Staatsraths-Kommiſſion trat dieſem Bedenken bei, h)
und der Paragraph ward daher aus dem Entwurf von 1847. entfernt,
iſt aber jetzt nach dem Vorſchlage der Staatsregierung in das Geſetzbuch
aufgenommen worden, und zwar unter Hinzufügung der Beſtimmung
über die Beſtellung einer Vormundſchaft. Die Gründe, welche für eine
ſolche Beſchränkung der Rechtsfähigkeit in den früheren Verhandlungen,
mit Bezugnahme auf §. 53. und 568. der Kriminalordnung angeführt
worden ſind, laſſen ſich darauf zurückführen, daß im Intereſſe der Fa-
milie und des Verurtheilten ſelbſt eine Vermögenskuratel nothwendig
ſein könne, und daß dem Letzteren, um die ſtrenge Vollziehung der Strafe

e) Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 21. Dec. 1839. zur
Frage Nr. 6.
f) Code pénal Art. 29. Quiconque aura été condamné à la peine
des travaux forcés à temps ou de la reclusion, sera, de plus, pendant la
durée de sa peine, en état d'interdiction legale; il lui sera, nominé un cura-
teur pour gerer et administrer sès biens, dans les formes prescrites pour
la nomination des tuteurs aux interdits. Art. 30. Les biens du condamné
lui seront remis après qu'il aura subi sa peine, et le curateur lui rendra
compte de son administration. Art. 31. Pendant la durée de la peine, il
ne pourra lui être remis aucune somme, aucune provision, aucune portion
de ses revenus.
g) Reviſion von 1845. I. S. 41-43.
h) Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von 1846.
S. 17. 18.
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[101/0111] §§. 10. 11. Die Zuchthausſtrafe. III. Die Wirkungen der Zuchthausſtrafe beſtehen in der Beſchaf- fenheit des Ortes, wo der Verurtheilte aufbewahrt wird, in dem Zwang zu beſtimmten Arbeiten, in der Beſchränkung der Rechtsfähigkeit in Be- ziehung auf das Vermögen und in dem Verluſt der bürgerlichen Ehre. Ueber den letzteren Punkt iſt bei dem folgenden §. zu handeln; hier ſind nur in Beziehung auf die Vermögensverhältniſſe einige Bemerkun- gen zu machen. Der Entwurf von 1843. enthielt die aus dem Entwurf von 1827. aufgenommene, vom Staatsrathe ohne Abſtimmung gebilligte e) Be- ſtimmung: §. 12. „Während der Strafzeit ſind die zur Zuchthausſtrafe Verurtheilten unfähig zur Verwaltung ihres Vermögens und zur Verfügung darüber unter Lebenden; auch darf ihnen kein Theil ihres Vermögens oder ihrer Einkünfte zur freien Verfü- gung verabfolgt werden.“ Gegen dieſe dem Rheiniſchen Recht nachgebildete f) Vorſchrift waren verſchiedene Monita erhoben worden, indem namentlich die weſtphäli- ſchen Stände den erſten Satz geſtrichen haben wollten, beſonders weil er ohne Nothwendigkeit eine koſtſpielige Kuratel oft nur für kurze Zeit bedinge. g) Die Staatsraths-Kommiſſion trat dieſem Bedenken bei, h) und der Paragraph ward daher aus dem Entwurf von 1847. entfernt, iſt aber jetzt nach dem Vorſchlage der Staatsregierung in das Geſetzbuch aufgenommen worden, und zwar unter Hinzufügung der Beſtimmung über die Beſtellung einer Vormundſchaft. Die Gründe, welche für eine ſolche Beſchränkung der Rechtsfähigkeit in den früheren Verhandlungen, mit Bezugnahme auf §. 53. und 568. der Kriminalordnung angeführt worden ſind, laſſen ſich darauf zurückführen, daß im Intereſſe der Fa- milie und des Verurtheilten ſelbſt eine Vermögenskuratel nothwendig ſein könne, und daß dem Letzteren, um die ſtrenge Vollziehung der Strafe e) Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 21. Dec. 1839. zur Frage Nr. 6. f) Code pénal Art. 29. Quiconque aura été condamné à la peine des travaux forcés à temps ou de la reclusion, sera, de plus, pendant la durée de sa peine, en état d'interdiction legale; il lui sera, nominé un cura- teur pour gerer et administrer sès biens, dans les formes prescrites pour la nomination des tuteurs aux interdits. Art. 30. Les biens du condamné lui seront remis après qu'il aura subi sa peine, et le curateur lui rendra compte de son administration. Art. 31. Pendant la durée de la peine, il ne pourra lui être remis aucune somme, aucune provision, aucune portion de ses revenus. g) Reviſion von 1845. I. S. 41-43. h) Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von 1846. S. 17. 18.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/111>, abgerufen am 29.03.2024.