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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Zweiter Band. Berlin, 1867.

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Gattung Vaginulus.
Vaginulus Fer.

Veronicella Blainville 1817, ganz unrichtig beschrieben, Vaginulus Ferussac hist.
nat. des mollusques 1821 und der meisten späteren Systematiker, von Latreille
Deshayes und Anderen zu Vaginula umkorrigirt, ebenso bei Humbert in den
Memoires de la societe de physique et d'histoire naturelle de Geneve XVII. 1.
1863 p. 120. Veronicella wiederhergestellt von Gray, Adams gen. moll. und
Keferstein, in v. Siebold's und Köllcker's Zeitschrift für wissenschaftliche
Zoologie XV. 1863 S. 118.

Nacktschnecke von platt-länglicher, vorn und hinten ab-
gerundeter Gestalt. Der Mantel erstreckt sich über die ganze Länge
des Thieres, dessen Körper daher von oben ganz gleichmässig
erscheint; unten wird der schmale Fuss (Sohle) nach vorn und
hinten ein wenig, auf beiden Seiten weit vom Mantel überragt.
Kopf im Zustand der Ruhe unter dem Mantel verborgen, obere
Fühler länger, mit Augenknöpfen an der Spitze, untere kürzer, am
Ende zweilappig. Gemeinschaftliche Athem- und Analöffnung ganz
hinten in der Mittellinie an der Unterseite des Mantels, hinter und
über dem Fussende. (Diese Lage unterscheidet die vorliegende
Gattung von allen anderen Landschnecken.) Der Kiefer ist aus
mehreren seitlich übergreifenden Stücken gebildet (s. die Abbildung
bei Keferstein), einigermaassen also ähnlich dem von Orthalicus.

Die beiden genannten Arbeiten von Humbert und Keferstein
geben die besten eingehenden Untersuchungen über diese Gattung,
welche zuerst ihrem äusseren Charakter nach von Ferussac richtig
dargestellt und definirt wurde; ich gebe daher auch seinem Namen
den Vorzug vor dem Blainville'schen, der auf einer nicht nur höchst
unvollständigen, sondern auch positiv falschen Beschreibung (Er-
wähnung eines Schalenrudiments und spiralen Nuclens) beruht, so
dass die Identität beider trotz Blainville's eigener Versicherung noch
zweifelhaft erscheinen muss und wenn Blainville auch in der That ein
Thier der vorliegenden Gattung vor sich hatte, dieselbe doch aus
seiner Beschreibung und Abbildung nicht wieder zu erkennen war.

Die Arten dieser Gattung leben, wie unsere Nacktschnecken,
am Fusse der Bäume, unter Moos und Steinen, und kriechen nur
bei feuchtem Wetter herum. Ich sah sie nie den Hals so weit
verlängern, wie in Ferussac's Abbildung planche 8b., fig. 1. von
V. Taunaysii, sondern höchstens wie bei fig. 2. Es sind ächte
Landschnecken, die nichts mit dem Meere zu thun haben, während
ich die Onchidien, welche so oft damit zusammengestellt wurden,

Gattung Vaginulus.
Vaginulus Fer.

Veronicella Blainville 1817, ganz unrichtig beschrieben, Vaginulus Ferussac hist.
nat. des mollusques 1821 und der meisten späteren Systematiker, von Latreille
Deshayes und Anderen zu Vaginula umkorrigirt, ebenso bei Humbert in den
Mémoires de la société de physique et d’histoire naturelle de Génève XVII. 1.
1863 p. 120. Veronicella wiederhergestellt von Gray, Adams gen. moll. und
Keferstein, in v. Siebold’s und Köllcker’s Zeitschrift für wissenschaftliche
Zoologie XV. 1863 S. 118.

Nacktschnecke von platt-länglicher, vorn und hinten ab-
gerundeter Gestalt. Der Mantel erstreckt sich über die ganze Länge
des Thieres, dessen Körper daher von oben ganz gleichmässig
erscheint; unten wird der schmale Fuss (Sohle) nach vorn und
hinten ein wenig, auf beiden Seiten weit vom Mantel überragt.
Kopf im Zustand der Ruhe unter dem Mantel verborgen, obere
Fühler länger, mit Augenknöpfen an der Spitze, untere kürzer, am
Ende zweilappig. Gemeinschaftliche Athem- und Analöffnung ganz
hinten in der Mittellinie an der Unterseite des Mantels, hinter und
über dem Fussende. (Diese Lage unterscheidet die vorliegende
Gattung von allen anderen Landschnecken.) Der Kiefer ist aus
mehreren seitlich übergreifenden Stücken gebildet (s. die Abbildung
bei Keferstein), einigermaassen also ähnlich dem von Orthalicus.

Die beiden genannten Arbeiten von Humbert und Keferstein
geben die besten eingehenden Untersuchungen über diese Gattung,
welche zuerst ihrem äusseren Charakter nach von Ferussac richtig
dargestellt und definirt wurde; ich gebe daher auch seinem Namen
den Vorzug vor dem Blainville’schen, der auf einer nicht nur höchst
unvollständigen, sondern auch positiv falschen Beschreibung (Er-
wähnung eines Schalenrudiments und spiralen Nuclens) beruht, so
dass die Identität beider trotz Blainville’s eigener Versicherung noch
zweifelhaft erscheinen muss und wenn Blainville auch in der That ein
Thier der vorliegenden Gattung vor sich hatte, dieselbe doch aus
seiner Beschreibung und Abbildung nicht wieder zu erkennen war.

Die Arten dieser Gattung leben, wie unsere Nacktschnecken,
am Fusse der Bäume, unter Moos und Steinen, und kriechen nur
bei feuchtem Wetter herum. Ich sah sie nie den Hals so weit
verlängern, wie in Ferussac’s Abbildung planche 8b., fig. 1. von
V. Taunaysii, sondern höchstens wie bei fig. 2. Es sind ächte
Landschnecken, die nichts mit dem Meere zu thun haben, während
ich die Onchidien, welche so oft damit zusammengestellt wurden,

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[175/0195] Gattung Vaginulus. Vaginulus Fer. Veronicella Blainville 1817, ganz unrichtig beschrieben, Vaginulus Ferussac hist. nat. des mollusques 1821 und der meisten späteren Systematiker, von Latreille Deshayes und Anderen zu Vaginula umkorrigirt, ebenso bei Humbert in den Mémoires de la société de physique et d’histoire naturelle de Génève XVII. 1. 1863 p. 120. Veronicella wiederhergestellt von Gray, Adams gen. moll. und Keferstein, in v. Siebold’s und Köllcker’s Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie XV. 1863 S. 118. Nacktschnecke von platt-länglicher, vorn und hinten ab- gerundeter Gestalt. Der Mantel erstreckt sich über die ganze Länge des Thieres, dessen Körper daher von oben ganz gleichmässig erscheint; unten wird der schmale Fuss (Sohle) nach vorn und hinten ein wenig, auf beiden Seiten weit vom Mantel überragt. Kopf im Zustand der Ruhe unter dem Mantel verborgen, obere Fühler länger, mit Augenknöpfen an der Spitze, untere kürzer, am Ende zweilappig. Gemeinschaftliche Athem- und Analöffnung ganz hinten in der Mittellinie an der Unterseite des Mantels, hinter und über dem Fussende. (Diese Lage unterscheidet die vorliegende Gattung von allen anderen Landschnecken.) Der Kiefer ist aus mehreren seitlich übergreifenden Stücken gebildet (s. die Abbildung bei Keferstein), einigermaassen also ähnlich dem von Orthalicus. Die beiden genannten Arbeiten von Humbert und Keferstein geben die besten eingehenden Untersuchungen über diese Gattung, welche zuerst ihrem äusseren Charakter nach von Ferussac richtig dargestellt und definirt wurde; ich gebe daher auch seinem Namen den Vorzug vor dem Blainville’schen, der auf einer nicht nur höchst unvollständigen, sondern auch positiv falschen Beschreibung (Er- wähnung eines Schalenrudiments und spiralen Nuclens) beruht, so dass die Identität beider trotz Blainville’s eigener Versicherung noch zweifelhaft erscheinen muss und wenn Blainville auch in der That ein Thier der vorliegenden Gattung vor sich hatte, dieselbe doch aus seiner Beschreibung und Abbildung nicht wieder zu erkennen war. Die Arten dieser Gattung leben, wie unsere Nacktschnecken, am Fusse der Bäume, unter Moos und Steinen, und kriechen nur bei feuchtem Wetter herum. Ich sah sie nie den Hals so weit verlängern, wie in Ferussac’s Abbildung planche 8b., fig. 1. von V. Taunaysii, sondern höchstens wie bei fig. 2. Es sind ächte Landschnecken, die nichts mit dem Meere zu thun haben, während ich die Onchidien, welche so oft damit zusammengestellt wurden,

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Zweiter Band. Berlin, 1867, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie02_1867/195>, abgerufen am 24.04.2024.