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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Seewanze. Kleine Thierchen.
sie derselben zur Nahrung dienen? jedenfalls könnte sie dieselben
nur aussaugen, nicht verschlucken.2)

Die Windstille nächst der Linie, von den letzten Tagen Aprils
bis 3. Mai (unter 29/30° westlicher Länge von Greenwich), ver-
schaffte noch eine andere Siphonophere, die niedliche Porpita, deren
Oberseite während des Lebens in concentrischen Kreisen gefärbt
ist, zu innerst rosenroth, dann blau, am Rande gelbbraun, die Un-
terseite einfarbig weiss; ferner verschiedene Pteropoden, wie Hya-
laea longirostris und Cleodora (Creseis) elava; endlich nicht ganz
selten die sonderbare Seewanze, Halobates Burmeister, das einzige
Insekt des offenen Meeres, verwandt mit unsern Wassertretern,
Hydrometra, und wie diese zu nicht unbedeutenden Sprüngen fähig,
aber mit fast rudimentärem Abdomen, so dass das Ganze wie eine
schwarze Kugel mit langen Beinen aussieht. Endlich fanden sich
im Gasnetze noch öfters ovale oder runde blaupunktirte Gallert-
klümpchen, bis 5 Millimeter gross, welche bei mikroskopischer
Untersuchung als Polycystinen, Collosphaera J. Müll., sich er-
gaben; die blauen Punkte sind selbst Kugeln, die kleine Krystalle
und in ihrer Mitte eine hellere stark lichtbrechende Stelle enthalten;
umgeben ist jede einzelne noch von einer besondern farblosen
Hülle, in welcher noch viel kleinere schwefelgelbe Körnchen ein-
gelagert sind.

Wiederholt wurde auch Seewasser geschöpft, und darin nach
kleinen Thierchen gefahndet, in fördernder und anregender Gemein-
schaft mit dem Botaniker Herrn Wichura und Herrn Jakob, dessen
scharfem Auge die durchsichtigen Geschöpfe weniger entgingen und
der sich schon des herrlichen allnächtlich uns erfreuenden Meer-
leuchtens wegen dafür interessirte. Es fanden sich in dem auf
Gerathewohl geschöpften Wasser farblose Sagitten von 5 Millimeter
Länge, kleine Salpen bis 3 Millimeter lang, verschiedene Cyclopi-
den, worunter eine blassrothe Pontella und die himmelblaue Ano-
malocera, deren einer Fühler viel länger und stärker ist, knieförmig
gebogen und an der Biegung knotenartig angeschwollen, während
der andere (rechte) kürzer und gleichmässig dünn ist; in der Mitte
des Rückenschildes waren mehrere gelbe Flecke zu bemerken, welche
bei den in Spiritus gebrachten Exemplaren bald krebsroth wurden.
Dieses Rothwerden in Spiritus so gut wie beim Kochen kommt bei
sehr vielen höheren Crustaceen, namentlich bei den frisch durch-
scheinenden fast wasserhellen kleineren Langschwänzen (Cariden),

Seewanze. Kleine Thierchen.
sie derselben zur Nahrung dienen? jedenfalls könnte sie dieselben
nur aussaugen, nicht verschlucken.2)

Die Windstille nächst der Linie, von den letzten Tagen Aprils
bis 3. Mai (unter 29/30° westlicher Länge von Greenwich), ver-
schaffte noch eine andere Siphonophere, die niedliche Porpita, deren
Oberseite während des Lebens in concentrischen Kreisen gefärbt
ist, zu innerst rosenroth, dann blau, am Rande gelbbraun, die Un-
terseite einfarbig weiss; ferner verschiedene Pteropoden, wie Hya-
laea longirostris und Cleodora (Creseis) elava; endlich nicht ganz
selten die sonderbare Seewanze, Halobates Burmeister, das einzige
Insekt des offenen Meeres, verwandt mit unsern Wassertretern,
Hydrometra, und wie diese zu nicht unbedeutenden Sprüngen fähig,
aber mit fast rudimentärem Abdomen, so dass das Ganze wie eine
schwarze Kugel mit langen Beinen aussieht. Endlich fanden sich
im Gasnetze noch öfters ovale oder runde blaupunktirte Gallert-
klümpchen, bis 5 Millimeter gross, welche bei mikroskopischer
Untersuchung als Polycystinen, Collosphaera J. Müll., sich er-
gaben; die blauen Punkte sind selbst Kugeln, die kleine Krystalle
und in ihrer Mitte eine hellere stark lichtbrechende Stelle enthalten;
umgeben ist jede einzelne noch von einer besondern farblosen
Hülle, in welcher noch viel kleinere schwefelgelbe Körnchen ein-
gelagert sind.

Wiederholt wurde auch Seewasser geschöpft, und darin nach
kleinen Thierchen gefahndet, in fördernder und anregender Gemein-
schaft mit dem Botaniker Herrn Wichura und Herrn Jakob, dessen
scharfem Auge die durchsichtigen Geschöpfe weniger entgingen und
der sich schon des herrlichen allnächtlich uns erfreuenden Meer-
leuchtens wegen dafür interessirte. Es fanden sich in dem auf
Gerathewohl geschöpften Wasser farblose Sagitten von 5 Millimeter
Länge, kleine Salpen bis 3 Millimeter lang, verschiedene Cyclopi-
den, worunter eine blassrothe Pontella und die himmelblaue Ano-
malocera, deren einer Fühler viel länger und stärker ist, knieförmig
gebogen und an der Biegung knotenartig angeschwollen, während
der andere (rechte) kürzer und gleichmässig dünn ist; in der Mitte
des Rückenschildes waren mehrere gelbe Flecke zu bemerken, welche
bei den in Spiritus gebrachten Exemplaren bald krebsroth wurden.
Dieses Rothwerden in Spiritus so gut wie beim Kochen kommt bei
sehr vielen höheren Crustaceen, namentlich bei den frisch durch-
scheinenden fast wasserhellen kleineren Langschwänzen (Cariden),

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[32/0050] Seewanze. Kleine Thierchen. sie derselben zur Nahrung dienen? jedenfalls könnte sie dieselben nur aussaugen, nicht verschlucken.2) Die Windstille nächst der Linie, von den letzten Tagen Aprils bis 3. Mai (unter 29/30° westlicher Länge von Greenwich), ver- schaffte noch eine andere Siphonophere, die niedliche Porpita, deren Oberseite während des Lebens in concentrischen Kreisen gefärbt ist, zu innerst rosenroth, dann blau, am Rande gelbbraun, die Un- terseite einfarbig weiss; ferner verschiedene Pteropoden, wie Hya- laea longirostris und Cleodora (Creseis) elava; endlich nicht ganz selten die sonderbare Seewanze, Halobates Burmeister, das einzige Insekt des offenen Meeres, verwandt mit unsern Wassertretern, Hydrometra, und wie diese zu nicht unbedeutenden Sprüngen fähig, aber mit fast rudimentärem Abdomen, so dass das Ganze wie eine schwarze Kugel mit langen Beinen aussieht. Endlich fanden sich im Gasnetze noch öfters ovale oder runde blaupunktirte Gallert- klümpchen, bis 5 Millimeter gross, welche bei mikroskopischer Untersuchung als Polycystinen, Collosphaera J. Müll., sich er- gaben; die blauen Punkte sind selbst Kugeln, die kleine Krystalle und in ihrer Mitte eine hellere stark lichtbrechende Stelle enthalten; umgeben ist jede einzelne noch von einer besondern farblosen Hülle, in welcher noch viel kleinere schwefelgelbe Körnchen ein- gelagert sind. Wiederholt wurde auch Seewasser geschöpft, und darin nach kleinen Thierchen gefahndet, in fördernder und anregender Gemein- schaft mit dem Botaniker Herrn Wichura und Herrn Jakob, dessen scharfem Auge die durchsichtigen Geschöpfe weniger entgingen und der sich schon des herrlichen allnächtlich uns erfreuenden Meer- leuchtens wegen dafür interessirte. Es fanden sich in dem auf Gerathewohl geschöpften Wasser farblose Sagitten von 5 Millimeter Länge, kleine Salpen bis 3 Millimeter lang, verschiedene Cyclopi- den, worunter eine blassrothe Pontella und die himmelblaue Ano- malocera, deren einer Fühler viel länger und stärker ist, knieförmig gebogen und an der Biegung knotenartig angeschwollen, während der andere (rechte) kürzer und gleichmässig dünn ist; in der Mitte des Rückenschildes waren mehrere gelbe Flecke zu bemerken, welche bei den in Spiritus gebrachten Exemplaren bald krebsroth wurden. Dieses Rothwerden in Spiritus so gut wie beim Kochen kommt bei sehr vielen höheren Crustaceen, namentlich bei den frisch durch- scheinenden fast wasserhellen kleineren Langschwänzen (Cariden),

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/50>, abgerufen am 28.03.2024.