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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Andere Fische der hohen See.
schönsten bei Sonnenschein, aber sie fliegen auch bei Nacht; der
vorhin erwähnte war eines Abends durch eine Stückpforte in der
Batterie, etwa 8 Fuss über Wasser, hereingeflogen und blieb zehn
Minuten lang am Leben; auf dem Schooner Frauenlob, dessen Bord
weit niedriger über Wasser ist als der unserer Fregatte, kamen sie
Nachts oft in grosser Menge auf das Verdeck geflogen. Während
der Windstille wurden keine mehr gesehen.1)

Ein anderer ächt pelagischer Fisch, welcher während der
Windstille in der Nähe des Aequators (1° 48' Südbreite, 30° westl.
von Greenwich) mit Physalien gefangen wurde, ist ein Scomberoid,
Nomeus Mauritii Cuv., von oben stahlblau wie Exocoetus voli-
tans, aber an der weissen Unterseite mit vollen schwarzen Flecken
geziert; bald darauf, unter 2° 13' Nordbreite, wurde im schwim-
menden Netz ein anderer Scomberoid, Psenes, gefangen, ausgezeich-
net durch Buntheit und Metallglanz: Kopf und Rücken gelbgrün, er-
sterer mit goldenen, letzterer mit schwarzen Punkten; Seiten gold-
grün; Bauch glänzend gelblichweiss mit einem Goldpunkt auf jeder
Schuppe; Wurzel der Brust- und Schwanzflosse scharlachroth.
Auch der Lootsenfisch, der Haie und Schiffe begleitet, ist stahlblau
gebändert. Lebhafte sogenannte warme Farben, namentlich ein vio-
lettes Blau, dem der hohen See selbst entsprechend, scheint häufig
bei pelagischen Thieren zu sein, so finden wir es ausser bei den
genannten Fischen auch bei den kosmopolitischen Boniten (Pelamys
sarda) und ihren Verwandten, und selbst bei einem Hai, Squalus
glaucus L., unter den Schnecken bei Ianthina und Glaucus, unter
den Quallen bei Physalia, Velella und Porpita.

Ein Haifisch mittlerer Grösse (Galeus canis) wurde auf offener
See, unter 1° 29' Nordbreite, 29° westlich von Greenwich, gefan-
gen; sein Magen war ganz leer, er sprang aus dem Wasser nach
dem mit einem Stück Salzfleisch besetzten Angelhaken, riss sich
dabei die Schnauze wund, aber wiederholte sogleich seinen Sprung
und blieb diesmal fest am Haken; nach gewöhnlicher Sitte ward,
sobald er an Deck gezogen, der gewaltig um sich schlagende
Schwanz abgehauen und das ganze Thier in wenig Minuten von
den Matrosen zerfleischt, da Jeder seinen Muth an ihm kühlen und
ein Stückchen frisches Fleisch von ihm profitiren wollte. An seinem
Bauch hingen vier Saugfische (Echeneis), deren Kopfschild je 17
bis 18 Blätter zählte; träge Fische, welche auf diese Weise doch
grosse Reisen machen. Im Magen derselben fand ich kleine Crusta-

Andere Fische der hohen See.
schönsten bei Sonnenschein, aber sie fliegen auch bei Nacht; der
vorhin erwähnte war eines Abends durch eine Stückpforte in der
Batterie, etwa 8 Fuss über Wasser, hereingeflogen und blieb zehn
Minuten lang am Leben; auf dem Schooner Frauenlob, dessen Bord
weit niedriger über Wasser ist als der unserer Fregatte, kamen sie
Nachts oft in grosser Menge auf das Verdeck geflogen. Während
der Windstille wurden keine mehr gesehen.1)

Ein anderer ächt pelagischer Fisch, welcher während der
Windstille in der Nähe des Aequators (1° 48′ Südbreite, 30° westl.
von Greenwich) mit Physalien gefangen wurde, ist ein Scomberoid,
Nomeus Mauritii Cuv., von oben stahlblau wie Exocoetus voli-
tans, aber an der weissen Unterseite mit vollen schwarzen Flecken
geziert; bald darauf, unter 2° 13′ Nordbreite, wurde im schwim-
menden Netz ein anderer Scomberoid, Psenes, gefangen, ausgezeich-
net durch Buntheit und Metallglanz: Kopf und Rücken gelbgrün, er-
sterer mit goldenen, letzterer mit schwarzen Punkten; Seiten gold-
grün; Bauch glänzend gelblichweiss mit einem Goldpunkt auf jeder
Schuppe; Wurzel der Brust- und Schwanzflosse scharlachroth.
Auch der Lootsenfisch, der Haie und Schiffe begleitet, ist stahlblau
gebändert. Lebhafte sogenannte warme Farben, namentlich ein vio-
lettes Blau, dem der hohen See selbst entsprechend, scheint häufig
bei pelagischen Thieren zu sein, so finden wir es ausser bei den
genannten Fischen auch bei den kosmopolitischen Boniten (Pelamys
sarda) und ihren Verwandten, und selbst bei einem Hai, Squalus
glaucus L., unter den Schnecken bei Ianthina und Glaucus, unter
den Quallen bei Physalia, Velella und Porpita.

Ein Haifisch mittlerer Grösse (Galeus canis) wurde auf offener
See, unter 1° 29′ Nordbreite, 29° westlich von Greenwich, gefan-
gen; sein Magen war ganz leer, er sprang aus dem Wasser nach
dem mit einem Stück Salzfleisch besetzten Angelhaken, riss sich
dabei die Schnauze wund, aber wiederholte sogleich seinen Sprung
und blieb diesmal fest am Haken; nach gewöhnlicher Sitte ward,
sobald er an Deck gezogen, der gewaltig um sich schlagende
Schwanz abgehauen und das ganze Thier in wenig Minuten von
den Matrosen zerfleischt, da Jeder seinen Muth an ihm kühlen und
ein Stückchen frisches Fleisch von ihm profitiren wollte. An seinem
Bauch hingen vier Saugfische (Echeneis), deren Kopfschild je 17
bis 18 Blätter zählte; träge Fische, welche auf diese Weise doch
grosse Reisen machen. Im Magen derselben fand ich kleine Crusta-

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[29/0047] Andere Fische der hohen See. schönsten bei Sonnenschein, aber sie fliegen auch bei Nacht; der vorhin erwähnte war eines Abends durch eine Stückpforte in der Batterie, etwa 8 Fuss über Wasser, hereingeflogen und blieb zehn Minuten lang am Leben; auf dem Schooner Frauenlob, dessen Bord weit niedriger über Wasser ist als der unserer Fregatte, kamen sie Nachts oft in grosser Menge auf das Verdeck geflogen. Während der Windstille wurden keine mehr gesehen.1) Ein anderer ächt pelagischer Fisch, welcher während der Windstille in der Nähe des Aequators (1° 48′ Südbreite, 30° westl. von Greenwich) mit Physalien gefangen wurde, ist ein Scomberoid, Nomeus Mauritii Cuv., von oben stahlblau wie Exocoetus voli- tans, aber an der weissen Unterseite mit vollen schwarzen Flecken geziert; bald darauf, unter 2° 13′ Nordbreite, wurde im schwim- menden Netz ein anderer Scomberoid, Psenes, gefangen, ausgezeich- net durch Buntheit und Metallglanz: Kopf und Rücken gelbgrün, er- sterer mit goldenen, letzterer mit schwarzen Punkten; Seiten gold- grün; Bauch glänzend gelblichweiss mit einem Goldpunkt auf jeder Schuppe; Wurzel der Brust- und Schwanzflosse scharlachroth. Auch der Lootsenfisch, der Haie und Schiffe begleitet, ist stahlblau gebändert. Lebhafte sogenannte warme Farben, namentlich ein vio- lettes Blau, dem der hohen See selbst entsprechend, scheint häufig bei pelagischen Thieren zu sein, so finden wir es ausser bei den genannten Fischen auch bei den kosmopolitischen Boniten (Pelamys sarda) und ihren Verwandten, und selbst bei einem Hai, Squalus glaucus L., unter den Schnecken bei Ianthina und Glaucus, unter den Quallen bei Physalia, Velella und Porpita. Ein Haifisch mittlerer Grösse (Galeus canis) wurde auf offener See, unter 1° 29′ Nordbreite, 29° westlich von Greenwich, gefan- gen; sein Magen war ganz leer, er sprang aus dem Wasser nach dem mit einem Stück Salzfleisch besetzten Angelhaken, riss sich dabei die Schnauze wund, aber wiederholte sogleich seinen Sprung und blieb diesmal fest am Haken; nach gewöhnlicher Sitte ward, sobald er an Deck gezogen, der gewaltig um sich schlagende Schwanz abgehauen und das ganze Thier in wenig Minuten von den Matrosen zerfleischt, da Jeder seinen Muth an ihm kühlen und ein Stückchen frisches Fleisch von ihm profitiren wollte. An seinem Bauch hingen vier Saugfische (Echeneis), deren Kopfschild je 17 bis 18 Blätter zählte; träge Fische, welche auf diese Weise doch grosse Reisen machen. Im Magen derselben fand ich kleine Crusta-

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/47>, abgerufen am 24.04.2024.