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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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Elephantenritt. XXII.
henden Sträuchern und grossblättrigen Rankengewächsen. Schlanke
Teca, Leguminosen, Artocarpeen und Ficus ragen vereinzelt aus
dem üppigem Gebüsch der Abhänge empor; im dichten Bambuswald
der Ebene treiben Heerden lärmender Meerkatzen ihr neckisches
Spiel. Mit anderen verglichen sind diese Waldungen arm an Arten
und Formen, dem americanischen Tropenwalde nicht ähnlich.

Luan Senna Pagdi, der "Governor" und ihre Untergebenen
hatten Staatsgewänder angelegt und tummelten sich den ganzen
Tag in unfruchtbarem Diensteifer; wie bei allen despotisch regierten
Asiaten konnte auch hier nur herrische Derbheit die Höflichkeit er-
zwingen; an die roheste Willkür gewöhnt kennen sie für artige
Behandlung kein anderes Motiv als Furcht und Schwäche. -- Erfolge
der knechtischen Rührigkeit merkte man kaum; den besten Theil
des Mittagsmahles bildeten ein Dutzend wilder Tauben, die wir selbst
von den Bäumen schossen.

Am 3. Februar gingen die Büffelkarren mit dem Gepäck schon
um drei Uhr Morgens nach dem Flusse ab; wir selbst bestiegen gegen
sieben die Elephanten, deren diesmal vierzehn zur Verfügung stan-
den. Sie trugen Sättel mit leichtem Holzgestell, dessen platten ge-
räumigen Sitz eine Gitterlehne umgiebt. Vorn sitzen die Reiter,
mit den Füssen auf dem Nacken des Thieres, vor ihnen auf dem Kopf
der Kornak, ein nackter Siamese, das eine Bein untergeschlagen,
das andere am Ohr des Elephanten herabhangend, das er als Auf-
munterung häufig damit krabbelt; als Peitsche dient eine spitzige
eiserne Hacke mit kurzem Holzstiel. Mit letzterem giebt es Schläge
auf den Schädel, wenn das Thier nicht weiter will; soll es stehen
bleiben, so wird in der Mitte, soll es rechts oder links gehen, auf
der betreffenden Seite der Stirn die eiserne Spitze fest eingesetzt,
und der Coloss folgt sofort. Zum Aufsteigen krümmt er einen
Vorderfuss als Steigbügel, doch ist es auch dann noch beschwerlich,
deshalb stehn überall kleine Gerüste zu diesem Zweck. Manche
Sättel haben ein Zeltdach zum Schutz gegen die Sonne.

Den Weg nach dem Flusse, über drei deutsche Meilen,
gingen die Elephanten in fünftehalb Stunden ohne zu rasten. Der
Ritt war ergötzlich. Jeder Elephant trug ausser dem Kornak nur
einen Reiter, die riesigen Thiere mochten die Last kaum fühlen.
Wie langsam fahrende Dampfwagen schoben sie in gewaltigen
Schritten unaufhaltsam vorwärts und traten an schwierigen Stellen
sehr vorsichtig; die Bewegung ist sanft und angenehm. Der Rüssel

Elephantenritt. XXII.
henden Sträuchern und grossblättrigen Rankengewächsen. Schlanke
Teca, Leguminosen, Artocarpeen und Ficus ragen vereinzelt aus
dem üppigem Gebüsch der Abhänge empor; im dichten Bambuswald
der Ebene treiben Heerden lärmender Meerkatzen ihr neckisches
Spiel. Mit anderen verglichen sind diese Waldungen arm an Arten
und Formen, dem americanischen Tropenwalde nicht ähnlich.

Luaṅ Senna Pagdi, der »Governor« und ihre Untergebenen
hatten Staatsgewänder angelegt und tummelten sich den ganzen
Tag in unfruchtbarem Diensteifer; wie bei allen despotisch regierten
Asiaten konnte auch hier nur herrische Derbheit die Höflichkeit er-
zwingen; an die roheste Willkür gewöhnt kennen sie für artige
Behandlung kein anderes Motiv als Furcht und Schwäche. — Erfolge
der knechtischen Rührigkeit merkte man kaum; den besten Theil
des Mittagsmahles bildeten ein Dutzend wilder Tauben, die wir selbst
von den Bäumen schossen.

Am 3. Februar gingen die Büffelkarren mit dem Gepäck schon
um drei Uhr Morgens nach dem Flusse ab; wir selbst bestiegen gegen
sieben die Elephanten, deren diesmal vierzehn zur Verfügung stan-
den. Sie trugen Sättel mit leichtem Holzgestell, dessen platten ge-
räumigen Sitz eine Gitterlehne umgiebt. Vorn sitzen die Reiter,
mit den Füssen auf dem Nacken des Thieres, vor ihnen auf dem Kopf
der Kornak, ein nackter Siamese, das eine Bein untergeschlagen,
das andere am Ohr des Elephanten herabhangend, das er als Auf-
munterung häufig damit krabbelt; als Peitsche dient eine spitzige
eiserne Hacke mit kurzem Holzstiel. Mit letzterem giebt es Schläge
auf den Schädel, wenn das Thier nicht weiter will; soll es stehen
bleiben, so wird in der Mitte, soll es rechts oder links gehen, auf
der betreffenden Seite der Stirn die eiserne Spitze fest eingesetzt,
und der Coloss folgt sofort. Zum Aufsteigen krümmt er einen
Vorderfuss als Steigbügel, doch ist es auch dann noch beschwerlich,
deshalb stehn überall kleine Gerüste zu diesem Zweck. Manche
Sättel haben ein Zeltdach zum Schutz gegen die Sonne.

Den Weg nach dem Flusse, über drei deutsche Meilen,
gingen die Elephanten in fünftehalb Stunden ohne zu rasten. Der
Ritt war ergötzlich. Jeder Elephant trug ausser dem Kornak nur
einen Reiter, die riesigen Thiere mochten die Last kaum fühlen.
Wie langsam fahrende Dampfwagen schoben sie in gewaltigen
Schritten unaufhaltsam vorwärts und traten an schwierigen Stellen
sehr vorsichtig; die Bewegung ist sanft und angenehm. Der Rüssel

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[310/0324] Elephantenritt. XXII. henden Sträuchern und grossblättrigen Rankengewächsen. Schlanke Teca, Leguminosen, Artocarpeen und Ficus ragen vereinzelt aus dem üppigem Gebüsch der Abhänge empor; im dichten Bambuswald der Ebene treiben Heerden lärmender Meerkatzen ihr neckisches Spiel. Mit anderen verglichen sind diese Waldungen arm an Arten und Formen, dem americanischen Tropenwalde nicht ähnlich. Luaṅ Senna Pagdi, der »Governor« und ihre Untergebenen hatten Staatsgewänder angelegt und tummelten sich den ganzen Tag in unfruchtbarem Diensteifer; wie bei allen despotisch regierten Asiaten konnte auch hier nur herrische Derbheit die Höflichkeit er- zwingen; an die roheste Willkür gewöhnt kennen sie für artige Behandlung kein anderes Motiv als Furcht und Schwäche. — Erfolge der knechtischen Rührigkeit merkte man kaum; den besten Theil des Mittagsmahles bildeten ein Dutzend wilder Tauben, die wir selbst von den Bäumen schossen. Am 3. Februar gingen die Büffelkarren mit dem Gepäck schon um drei Uhr Morgens nach dem Flusse ab; wir selbst bestiegen gegen sieben die Elephanten, deren diesmal vierzehn zur Verfügung stan- den. Sie trugen Sättel mit leichtem Holzgestell, dessen platten ge- räumigen Sitz eine Gitterlehne umgiebt. Vorn sitzen die Reiter, mit den Füssen auf dem Nacken des Thieres, vor ihnen auf dem Kopf der Kornak, ein nackter Siamese, das eine Bein untergeschlagen, das andere am Ohr des Elephanten herabhangend, das er als Auf- munterung häufig damit krabbelt; als Peitsche dient eine spitzige eiserne Hacke mit kurzem Holzstiel. Mit letzterem giebt es Schläge auf den Schädel, wenn das Thier nicht weiter will; soll es stehen bleiben, so wird in der Mitte, soll es rechts oder links gehen, auf der betreffenden Seite der Stirn die eiserne Spitze fest eingesetzt, und der Coloss folgt sofort. Zum Aufsteigen krümmt er einen Vorderfuss als Steigbügel, doch ist es auch dann noch beschwerlich, deshalb stehn überall kleine Gerüste zu diesem Zweck. Manche Sättel haben ein Zeltdach zum Schutz gegen die Sonne. Den Weg nach dem Flusse, über drei deutsche Meilen, gingen die Elephanten in fünftehalb Stunden ohne zu rasten. Der Ritt war ergötzlich. Jeder Elephant trug ausser dem Kornak nur einen Reiter, die riesigen Thiere mochten die Last kaum fühlen. Wie langsam fahrende Dampfwagen schoben sie in gewaltigen Schritten unaufhaltsam vorwärts und traten an schwierigen Stellen sehr vorsichtig; die Bewegung ist sanft und angenehm. Der Rüssel

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/324>, abgerufen am 25.04.2024.