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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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XXI. Phaulkons Sturz.
Allen Grossen verwehrte Phaulkon den Zutritt zum Kranken, und
hoffte wohl mit Hülfe der französischen Truppen den Thron für
sich zu gewinnen. -- Unterdessen hatte einer der Vornehmsten,
Phra-phet-raxa, längst die Unzufriedenen um sich geschaart und
heimlich seine Anstalten getroffen; die Malayen, die Priester-
schaft und der Adel hassten die Fremden und deren allmächtigen
Beschützer tödtlich. Im günstigen Moment riefen die Grossen
Phra-phet-raxa zum Regenten aus und bemächtigten sich des
Palastes in Lophaburi. Phaulkon wurde gefangen und im Juni 1688
hingerichtet, sein Vermögen eingezogen.59) Phra-phet-raxa regierte
im Namen des gefangenen Königs, der bald darauf starb, liess den
Prinzen Mompit, der anfangs in die Verschwörung verwickelt ge-
wesen sein muss, ermorden, und sicherte sich in wenig Wochen den
unbestrittenen Besitz des Thrones.

Nun galt es die Franzosen aus ihren Castellen zu treiben.
Phra-phet-raxa hatte umsonst versucht, durch erzwungene Briefe
des Phaulkon den Marschall Des Farrges mit seinen Truppen nach
Lophaburi zu locken. Nach der Hinrichtung des Griechen bewog
der Bischof von Metellopolis durch Drohungen geschreckt den
französischen Marschall, allein nach Lophaburi zu kommen. Phra-
Phet-raxa
verlangte peremtorisch die Auslieferung der Castelle; Des
Farges
schrieb gezwungen eine Aufforderung zu Uebergabe der Feste
von Mergui und versprach die Auslieferung von Bankok, wenn er da-
hin reisen dürfte, musste aber seine Söhne als Geisseln zurück-
lassen. Sechs französische Officiere, die beim Ausbruch der Ver-
schwörung aus Lophaburi flohen, waren nach langer Verfolgung
ergriffen, schimpflich misshandelt und eingekerkert worden. Die
Theilnahme des Volkes an diesen Grausamkeiten beweist, dass
alle Classen die Franzosen bitter hassten.

General Bruant leistete in Mergui jener Aufforderung nicht
Folge, vertheidigte sein Castell eine Weile gegen die feindlichen
Angriffe, schlug sich dann mit einigem Verlust nach dem Hafen
durch, bemächtigte sich eines englischen und eines siamesischen
Schiffes, die im Hafen lagen, und entkam mit dem grössten Theil
seiner Leute nach Pondichery. -- Des Farrges konnte in Bankok
nur das eine Castell halten; das andere besetzten die Siamesen.

59) Pallegoix sah in Lophaburi seinen Palast und seine Kirche, auf deren Altar
ein Budda stand, während auf dem Baldachin darüber noch die Worte Jesus homi-
num salvator zu lesen waren.
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XXI. Phaulkons Sturz.
Allen Grossen verwehrte Phaulkon den Zutritt zum Kranken, und
hoffte wohl mit Hülfe der französischen Truppen den Thron für
sich zu gewinnen. — Unterdessen hatte einer der Vornehmsten,
Phra-phet-raxa, längst die Unzufriedenen um sich geschaart und
heimlich seine Anstalten getroffen; die Malayen, die Priester-
schaft und der Adel hassten die Fremden und deren allmächtigen
Beschützer tödtlich. Im günstigen Moment riefen die Grossen
Phra-phet-raxa zum Regenten aus und bemächtigten sich des
Palastes in Lophaburi. Phaulkon wurde gefangen und im Juni 1688
hingerichtet, sein Vermögen eingezogen.59) Phra-phet-raxa regierte
im Namen des gefangenen Königs, der bald darauf starb, liess den
Prinzen Mompit, der anfangs in die Verschwörung verwickelt ge-
wesen sein muss, ermorden, und sicherte sich in wenig Wochen den
unbestrittenen Besitz des Thrones.

Nun galt es die Franzosen aus ihren Castellen zu treiben.
Phra-phet-raxa hatte umsonst versucht, durch erzwungene Briefe
des Phaulkon den Marschall Des Farrges mit seinen Truppen nach
Lophaburi zu locken. Nach der Hinrichtung des Griechen bewog
der Bischof von Metellopolis durch Drohungen geschreckt den
französischen Marschall, allein nach Lophaburi zu kommen. Phra-
Phet-raxa
verlangte peremtorisch die Auslieferung der Castelle; Des
Farges
schrieb gezwungen eine Aufforderung zu Uebergabe der Feste
von Mergui und versprach die Auslieferung von Baṅkok, wenn er da-
hin reisen dürfte, musste aber seine Söhne als Geisseln zurück-
lassen. Sechs französische Officiere, die beim Ausbruch der Ver-
schwörung aus Lophaburi flohen, waren nach langer Verfolgung
ergriffen, schimpflich misshandelt und eingekerkert worden. Die
Theilnahme des Volkes an diesen Grausamkeiten beweist, dass
alle Classen die Franzosen bitter hassten.

General Bruant leistete in Mergui jener Aufforderung nicht
Folge, vertheidigte sein Castell eine Weile gegen die feindlichen
Angriffe, schlug sich dann mit einigem Verlust nach dem Hafen
durch, bemächtigte sich eines englischen und eines siamesischen
Schiffes, die im Hafen lagen, und entkam mit dem grössten Theil
seiner Leute nach Pondichéry. — Des Farrges konnte in Baṅkok
nur das eine Castell halten; das andere besetzten die Siamesen.

59) Pallégoix sah in Lophaburi seinen Palast und seine Kirche, auf deren Altar
ein Budda stand, während auf dem Baldachin darüber noch die Worte Jesus homi-
num salvator zu lesen waren.
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[243/0257] XXI. Phaulkons Sturz. Allen Grossen verwehrte Phaulkon den Zutritt zum Kranken, und hoffte wohl mit Hülfe der französischen Truppen den Thron für sich zu gewinnen. — Unterdessen hatte einer der Vornehmsten, Phra-phet-raxa, längst die Unzufriedenen um sich geschaart und heimlich seine Anstalten getroffen; die Malayen, die Priester- schaft und der Adel hassten die Fremden und deren allmächtigen Beschützer tödtlich. Im günstigen Moment riefen die Grossen Phra-phet-raxa zum Regenten aus und bemächtigten sich des Palastes in Lophaburi. Phaulkon wurde gefangen und im Juni 1688 hingerichtet, sein Vermögen eingezogen. 59) Phra-phet-raxa regierte im Namen des gefangenen Königs, der bald darauf starb, liess den Prinzen Mompit, der anfangs in die Verschwörung verwickelt ge- wesen sein muss, ermorden, und sicherte sich in wenig Wochen den unbestrittenen Besitz des Thrones. Nun galt es die Franzosen aus ihren Castellen zu treiben. Phra-phet-raxa hatte umsonst versucht, durch erzwungene Briefe des Phaulkon den Marschall Des Farrges mit seinen Truppen nach Lophaburi zu locken. Nach der Hinrichtung des Griechen bewog der Bischof von Metellopolis durch Drohungen geschreckt den französischen Marschall, allein nach Lophaburi zu kommen. Phra- Phet-raxa verlangte peremtorisch die Auslieferung der Castelle; Des Farges schrieb gezwungen eine Aufforderung zu Uebergabe der Feste von Mergui und versprach die Auslieferung von Baṅkok, wenn er da- hin reisen dürfte, musste aber seine Söhne als Geisseln zurück- lassen. Sechs französische Officiere, die beim Ausbruch der Ver- schwörung aus Lophaburi flohen, waren nach langer Verfolgung ergriffen, schimpflich misshandelt und eingekerkert worden. Die Theilnahme des Volkes an diesen Grausamkeiten beweist, dass alle Classen die Franzosen bitter hassten. General Bruant leistete in Mergui jener Aufforderung nicht Folge, vertheidigte sein Castell eine Weile gegen die feindlichen Angriffe, schlug sich dann mit einigem Verlust nach dem Hafen durch, bemächtigte sich eines englischen und eines siamesischen Schiffes, die im Hafen lagen, und entkam mit dem grössten Theil seiner Leute nach Pondichéry. — Des Farrges konnte in Baṅkok nur das eine Castell halten; das andere besetzten die Siamesen. 59) Pallégoix sah in Lophaburi seinen Palast und seine Kirche, auf deren Altar ein Budda stand, während auf dem Baldachin darüber noch die Worte Jesus homi- num salvator zu lesen waren. 16*

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/257>, abgerufen am 29.03.2024.