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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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XVII. Die Chinesenstadt.
1860 gedauert hatte, und stimmte zur Verkommenheit alles Uebrigen.
Wurden jene Canalschleusen zwischen Pe-kin und Tun-tsau wirk-
lich zur Abwehr der Alliirten vermauert, so förderte das vielleicht,
verursachte aber gewiss nicht den Verfall der Leitung.

In der östlichen, nördlichen und westlichen Mauer der Tar-
tarenstadt
liegen je zwei befestigte Thore; durch die Südmauer
führen deren drei in die chinesische "Aeussere" Stadt, Kuei-tsen.
Ein dem Mittelthor der Südfront entsprechendes grosses Doppel-
gebäude in der Nordmauer dient sonderbar genug nur zu Auf-
bewahrung einer grossen Glocke und einer riesigen Trommel. --
Die chinesische Stadt bildet ein Rechteck, dessen nordsüdliche
Ausdehnung über die Hälfte kleiner ist, als die westöstliche; in
letzterer Richtung ist sie gegen 3000 Fuss breiter als die Tartaren-
stadt
. Ihre Mauern laufen streckenweise in leicht gekrümmten
Linien und haben auf der Ost- und der West-Seite je ein, auf der
Südseite drei Thore. Ausserdem liegen in den über die Südfront
der Tartarenstadt auf jeder Seite hinausspringenden Mauerstücken
Thore, welche von deren mächtigen Eckthürmen beherrscht werden.
Die Ringmauer der Tartarenstadt hat je nach den Unebenheiten
des Bodens eine Höhe von 45 bis 60 Fuss; sie besteht aus zwei
gegeneinander geneigten Wänden, zwischen welchen Erde und un-
gelöschter Kalk übereinander geschichtet sind. Ihre Dicke ist ver-
schieden: beim Thore Hatamen misst die Südmauer an ihrer Basis
über 80 Fuss, der Mauergang zwischen dem äusseren Zinnenkranz
und der inneren Brustwehr, 48 Fuss; diese Esplanade ist auf der
Nordmauer 50 bis 60 Fuss, auf der Ostmauer 42, auf der West-
mauer 30 Fuss breit. Nach aussen springen in regelmässigen Inter-
vallen Bastionen vor, die auf der Nordseite die Breite der Espla-
nade stellenweise um 45 Fuss, also auf 105 Fuss, vermehren. --
Der Umfang der Tartarenstadt beträgt etwa 3 1/3 deutsche Meilen;
die Mauern, welche die Chinesenstadt nach aussen begrenzen, sind
fast zwei Meilen lang; so umschliessen über fünf deutsche Meilen
Ringmauer die Doppelstadt.

Der Mauergang der Tartarenstadt ist leicht nach dem In-
neren der Stadt geneigt und mit Backstein gepflastert; bei den Eck-
thürmen und den Thoren führen bequeme Rampen hinauf. Die Eck-
thürme sind mächtige Bauten mit einer breiten Facade in jeder
Mauerfront, und gleichen sonst den äusseren Thorgebäuden. Die
Thore sind nämlich doppelt: das innere Gebäude fusst auf der

XVII. Die Chinesenstadt.
1860 gedauert hatte, und stimmte zur Verkommenheit alles Uebrigen.
Wurden jene Canalschleusen zwischen Pe-kiṅ und Tuṅ-tšau wirk-
lich zur Abwehr der Alliirten vermauert, so förderte das vielleicht,
verursachte aber gewiss nicht den Verfall der Leitung.

In der östlichen, nördlichen und westlichen Mauer der Tar-
tarenstadt
liegen je zwei befestigte Thore; durch die Südmauer
führen deren drei in die chinesische »Aeussere« Stadt, Kuei-tšen.
Ein dem Mittelthor der Südfront entsprechendes grosses Doppel-
gebäude in der Nordmauer dient sonderbar genug nur zu Auf-
bewahrung einer grossen Glocke und einer riesigen Trommel. —
Die chinesische Stadt bildet ein Rechteck, dessen nordsüdliche
Ausdehnung über die Hälfte kleiner ist, als die westöstliche; in
letzterer Richtung ist sie gegen 3000 Fuss breiter als die Tartaren-
stadt
. Ihre Mauern laufen streckenweise in leicht gekrümmten
Linien und haben auf der Ost- und der West-Seite je ein, auf der
Südseite drei Thore. Ausserdem liegen in den über die Südfront
der Tartarenstadt auf jeder Seite hinausspringenden Mauerstücken
Thore, welche von deren mächtigen Eckthürmen beherrscht werden.
Die Ringmauer der Tartarenstadt hat je nach den Unebenheiten
des Bodens eine Höhe von 45 bis 60 Fuss; sie besteht aus zwei
gegeneinander geneigten Wänden, zwischen welchen Erde und un-
gelöschter Kalk übereinander geschichtet sind. Ihre Dicke ist ver-
schieden: beim Thore Hatamen misst die Südmauer an ihrer Basis
über 80 Fuss, der Mauergang zwischen dem äusseren Zinnenkranz
und der inneren Brustwehr, 48 Fuss; diese Esplanade ist auf der
Nordmauer 50 bis 60 Fuss, auf der Ostmauer 42, auf der West-
mauer 30 Fuss breit. Nach aussen springen in regelmässigen Inter-
vallen Bastionen vor, die auf der Nordseite die Breite der Espla-
nade stellenweise um 45 Fuss, also auf 105 Fuss, vermehren. —
Der Umfang der Tartarenstadt beträgt etwa 3⅓ deutsche Meilen;
die Mauern, welche die Chinesenstadt nach aussen begrenzen, sind
fast zwei Meilen lang; so umschliessen über fünf deutsche Meilen
Ringmauer die Doppelstadt.

Der Mauergang der Tartarenstadt ist leicht nach dem In-
neren der Stadt geneigt und mit Backstein gepflastert; bei den Eck-
thürmen und den Thoren führen bequeme Rampen hinauf. Die Eck-
thürme sind mächtige Bauten mit einer breiten Façade in jeder
Mauerfront, und gleichen sonst den äusseren Thorgebäuden. Die
Thore sind nämlich doppelt: das innere Gebäude fusst auf der

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[107/0121] XVII. Die Chinesenstadt. 1860 gedauert hatte, und stimmte zur Verkommenheit alles Uebrigen. Wurden jene Canalschleusen zwischen Pe-kiṅ und Tuṅ-tšau wirk- lich zur Abwehr der Alliirten vermauert, so förderte das vielleicht, verursachte aber gewiss nicht den Verfall der Leitung. In der östlichen, nördlichen und westlichen Mauer der Tar- tarenstadt liegen je zwei befestigte Thore; durch die Südmauer führen deren drei in die chinesische »Aeussere« Stadt, Kuei-tšen. Ein dem Mittelthor der Südfront entsprechendes grosses Doppel- gebäude in der Nordmauer dient sonderbar genug nur zu Auf- bewahrung einer grossen Glocke und einer riesigen Trommel. — Die chinesische Stadt bildet ein Rechteck, dessen nordsüdliche Ausdehnung über die Hälfte kleiner ist, als die westöstliche; in letzterer Richtung ist sie gegen 3000 Fuss breiter als die Tartaren- stadt. Ihre Mauern laufen streckenweise in leicht gekrümmten Linien und haben auf der Ost- und der West-Seite je ein, auf der Südseite drei Thore. Ausserdem liegen in den über die Südfront der Tartarenstadt auf jeder Seite hinausspringenden Mauerstücken Thore, welche von deren mächtigen Eckthürmen beherrscht werden. Die Ringmauer der Tartarenstadt hat je nach den Unebenheiten des Bodens eine Höhe von 45 bis 60 Fuss; sie besteht aus zwei gegeneinander geneigten Wänden, zwischen welchen Erde und un- gelöschter Kalk übereinander geschichtet sind. Ihre Dicke ist ver- schieden: beim Thore Hatamen misst die Südmauer an ihrer Basis über 80 Fuss, der Mauergang zwischen dem äusseren Zinnenkranz und der inneren Brustwehr, 48 Fuss; diese Esplanade ist auf der Nordmauer 50 bis 60 Fuss, auf der Ostmauer 42, auf der West- mauer 30 Fuss breit. Nach aussen springen in regelmässigen Inter- vallen Bastionen vor, die auf der Nordseite die Breite der Espla- nade stellenweise um 45 Fuss, also auf 105 Fuss, vermehren. — Der Umfang der Tartarenstadt beträgt etwa 3⅓ deutsche Meilen; die Mauern, welche die Chinesenstadt nach aussen begrenzen, sind fast zwei Meilen lang; so umschliessen über fünf deutsche Meilen Ringmauer die Doppelstadt. Der Mauergang der Tartarenstadt ist leicht nach dem In- neren der Stadt geneigt und mit Backstein gepflastert; bei den Eck- thürmen und den Thoren führen bequeme Rampen hinauf. Die Eck- thürme sind mächtige Bauten mit einer breiten Façade in jeder Mauerfront, und gleichen sonst den äusseren Thorgebäuden. Die Thore sind nämlich doppelt: das innere Gebäude fusst auf der

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/121>, abgerufen am 29.03.2024.