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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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Neuer Vertragsentwurf. XVI.
von Bourboulon dem Gesandten, dass er seinen ganzen Einfluss für
Gewährung der preussischen Forderungen aufgeboten habe und den
Erfolg als gesichert ansehe; nur einzelne in anderen Verträgen nicht
enthaltene Bestimmungen machten noch Schwierigkeit, und die Un-
behülflichkeit der chinesischen Sprache, in der sich viele Dinge
dem europäischen Bedürfniss gemäss nicht ausdrücken liessen.

In seinem den neuen Vertragsentwurf begleitenden Schrei-
ben vom 24. Juli bestand nun Graf Eulenburg auf Gewährung der-
jenigen Artikel, welche das Recht deutscher Unterthanen, mit Pässen
im Innern des Landes zu reisen, den Schutz der Christen, das Ein-
laufen und die Proviantirung von Kriegsschiffen in allen chine-
sischen Häfen stipulirten, liess dagegen diejenigen fallen, welche
die Küstenschiffahrt und die eventuelle Fortsetzung des deutschen
Handels während eines Krieges zwischen China und anderen Staaten
betrafen. Letztere ergab sich von selbst aus den Verträgen. Ueber
die den chinesischen Küstenhandel betreffenden neuen Bestimmun-
gen unterhandelte damals auch der englische Gesandte mit den Be-
hörden in Pe-kin; Graf Eulenburg hatte ihm darüber geschrieben,
aber keine genügende Auskunft erhalten. Da nun mittelst der
Clausel der meistbegünstigten Nation alle neu zu gewährenden
Rechte der Krone Preussen von selbst zufallen mussten, so bestand
Graf Eulenburg nicht auf jenem Artikel, der, für andere Nationen
von gleicher Wichtigkeit, durch die Gesandten in Pe-kin viel
leichter durchgesetzt werden konnte.14) Er berührte am Schluss
seines Schreibens noch die gesonderte Consularvertretung der
Hansestädte, welche die Commissare in den Text des Vertrages
aufzunehmen wünschten, der Gesandte aber nach seinen Instructionen
in einem Separat-Artikel stipuliren zu müssen glaubte. -- Seine Note
an den Prinzen von Kun behandelte vorzüglich die eventuelle Ver-
längerung des fünfjährigen Aufschubes: er sei überzeugt, dass die
preussische Regierung solche bereitwillig zugestehen werde, wenn
triftige Gründe vorlägen; die Entscheidung darüber, welche von
Zeit und Umständen abhinge, müsse derselben aber vorbehalten

14) Es handelte sich um Ermässigung der Zölle für den Küstenhandel. Ein
fremdes Schiff, das chinesische Waare aus einem chinesischen Hafen nach dem
anderen führte, zahlte dafür die vollen Ausfuhrzölle in dem Ausfuhr-Hafen und die
vollen Einfuhrzölle in dem Hafen, nach welchem es die Waaren einführte. Nach
den vom preussischen Gesandten entworfenen neuen Bestimmungen sollten die Ein-
fuhrzölle fortfallen, nachdem die Ausfuhrzölle entrichtet waren.

Neuer Vertragsentwurf. XVI.
von Bourboulon dem Gesandten, dass er seinen ganzen Einfluss für
Gewährung der preussischen Forderungen aufgeboten habe und den
Erfolg als gesichert ansehe; nur einzelne in anderen Verträgen nicht
enthaltene Bestimmungen machten noch Schwierigkeit, und die Un-
behülflichkeit der chinesischen Sprache, in der sich viele Dinge
dem europäischen Bedürfniss gemäss nicht ausdrücken liessen.

In seinem den neuen Vertragsentwurf begleitenden Schrei-
ben vom 24. Juli bestand nun Graf Eulenburg auf Gewährung der-
jenigen Artikel, welche das Recht deutscher Unterthanen, mit Pässen
im Innern des Landes zu reisen, den Schutz der Christen, das Ein-
laufen und die Proviantirung von Kriegsschiffen in allen chine-
sischen Häfen stipulirten, liess dagegen diejenigen fallen, welche
die Küstenschiffahrt und die eventuelle Fortsetzung des deutschen
Handels während eines Krieges zwischen China und anderen Staaten
betrafen. Letztere ergab sich von selbst aus den Verträgen. Ueber
die den chinesischen Küstenhandel betreffenden neuen Bestimmun-
gen unterhandelte damals auch der englische Gesandte mit den Be-
hörden in Pe-kiṅ; Graf Eulenburg hatte ihm darüber geschrieben,
aber keine genügende Auskunft erhalten. Da nun mittelst der
Clausel der meistbegünstigten Nation alle neu zu gewährenden
Rechte der Krone Preussen von selbst zufallen mussten, so bestand
Graf Eulenburg nicht auf jenem Artikel, der, für andere Nationen
von gleicher Wichtigkeit, durch die Gesandten in Pe-kiṅ viel
leichter durchgesetzt werden konnte.14) Er berührte am Schluss
seines Schreibens noch die gesonderte Consularvertretung der
Hansestädte, welche die Commissare in den Text des Vertrages
aufzunehmen wünschten, der Gesandte aber nach seinen Instructionen
in einem Separat-Artikel stipuliren zu müssen glaubte. — Seine Note
an den Prinzen von Kuṅ behandelte vorzüglich die eventuelle Ver-
längerung des fünfjährigen Aufschubes: er sei überzeugt, dass die
preussische Regierung solche bereitwillig zugestehen werde, wenn
triftige Gründe vorlägen; die Entscheidung darüber, welche von
Zeit und Umständen abhinge, müsse derselben aber vorbehalten

14) Es handelte sich um Ermässigung der Zölle für den Küstenhandel. Ein
fremdes Schiff, das chinesische Waare aus einem chinesischen Hafen nach dem
anderen führte, zahlte dafür die vollen Ausfuhrzölle in dem Ausfuhr-Hafen und die
vollen Einfuhrzölle in dem Hafen, nach welchem es die Waaren einführte. Nach
den vom preussischen Gesandten entworfenen neuen Bestimmungen sollten die Ein-
fuhrzölle fortfallen, nachdem die Ausfuhrzölle entrichtet waren.
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[86/0100] Neuer Vertragsentwurf. XVI. von Bourboulon dem Gesandten, dass er seinen ganzen Einfluss für Gewährung der preussischen Forderungen aufgeboten habe und den Erfolg als gesichert ansehe; nur einzelne in anderen Verträgen nicht enthaltene Bestimmungen machten noch Schwierigkeit, und die Un- behülflichkeit der chinesischen Sprache, in der sich viele Dinge dem europäischen Bedürfniss gemäss nicht ausdrücken liessen. In seinem den neuen Vertragsentwurf begleitenden Schrei- ben vom 24. Juli bestand nun Graf Eulenburg auf Gewährung der- jenigen Artikel, welche das Recht deutscher Unterthanen, mit Pässen im Innern des Landes zu reisen, den Schutz der Christen, das Ein- laufen und die Proviantirung von Kriegsschiffen in allen chine- sischen Häfen stipulirten, liess dagegen diejenigen fallen, welche die Küstenschiffahrt und die eventuelle Fortsetzung des deutschen Handels während eines Krieges zwischen China und anderen Staaten betrafen. Letztere ergab sich von selbst aus den Verträgen. Ueber die den chinesischen Küstenhandel betreffenden neuen Bestimmun- gen unterhandelte damals auch der englische Gesandte mit den Be- hörden in Pe-kiṅ; Graf Eulenburg hatte ihm darüber geschrieben, aber keine genügende Auskunft erhalten. Da nun mittelst der Clausel der meistbegünstigten Nation alle neu zu gewährenden Rechte der Krone Preussen von selbst zufallen mussten, so bestand Graf Eulenburg nicht auf jenem Artikel, der, für andere Nationen von gleicher Wichtigkeit, durch die Gesandten in Pe-kiṅ viel leichter durchgesetzt werden konnte. 14) Er berührte am Schluss seines Schreibens noch die gesonderte Consularvertretung der Hansestädte, welche die Commissare in den Text des Vertrages aufzunehmen wünschten, der Gesandte aber nach seinen Instructionen in einem Separat-Artikel stipuliren zu müssen glaubte. — Seine Note an den Prinzen von Kuṅ behandelte vorzüglich die eventuelle Ver- längerung des fünfjährigen Aufschubes: er sei überzeugt, dass die preussische Regierung solche bereitwillig zugestehen werde, wenn triftige Gründe vorlägen; die Entscheidung darüber, welche von Zeit und Umständen abhinge, müsse derselben aber vorbehalten 14) Es handelte sich um Ermässigung der Zölle für den Küstenhandel. Ein fremdes Schiff, das chinesische Waare aus einem chinesischen Hafen nach dem anderen führte, zahlte dafür die vollen Ausfuhrzölle in dem Ausfuhr-Hafen und die vollen Einfuhrzölle in dem Hafen, nach welchem es die Waaren einführte. Nach den vom preussischen Gesandten entworfenen neuen Bestimmungen sollten die Ein- fuhrzölle fortfallen, nachdem die Ausfuhrzölle entrichtet waren.

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/100>, abgerufen am 29.03.2024.